Interview mit Thomas Keil, CEO, Media-Saturn Schweiz

Der stationäre Handel wird für uns immer Priorität haben.

Uhr | Updated

Media-Saturn macht nach eigenen Angaben etwa ein Drittel seines Umsatzes mit IT und IT-Peripherie. Trotz dieser IT-Affinität von Sortiment und Kunden, tut sich der Elektronik-Handelskonzern noch schwer mit dem Verkauf via Internet oder dem «Multichannel-Geschäft», wie Media-Saturn sein Online-Business nennt. Weiterhin setzt Media-Saturn auf aggressive Expansion im stationären Handel. Total will der Elektronik-Discounter rund 40 Standorte in der Schweiz, heute sind es 27. Im Interview erklärt Media-Saturn-CEO Thomas Keil, wo er mit dem Unternehmen in der Schweiz steht und wo er hin will.

Media-Saturn-CEO Thomas Keil
Media-Saturn-CEO Thomas Keil

Herr Keil, Sie sind seit April 2011 als CEO von Media-Saturn in der Schweiz im Amt. Was waren Ihre vordringlichsten Aufgaben in Ihrem ersten Jahr als CEO?

Thomas Keil: Ich bin ja schon in meinem 23. Jahr im Media-Saturn-Konzern tätig und kam vor dreieinhalb Jahren als COO zu Media-Saturn in die Schweiz. Eine meiner wichtigsten Aufgaben war von Anfang an, den Startschuss für den Roll-out von Saturn in der Schweiz zu geben, die Marke hierzulande zu etablieren und deren Expansion und die der Media-Märkte zügig voranzutreiben. Für diese Aufgaben mussten wir auch die notwendigen Strukturen in unserer Organisation schaffen.

Was meinen Sie damit genau?

Wir sind jetzt zu viert in der Geschäftsleitung. Michael Rupp, der als COO das Media-Markt-Geschäft leitet, und ich, der ich für Saturn verantwortlich bin. Zudem sind Zeljiko Turina als Chief Financial Officer und Bernhard Hochspach als Chief Purchasing Officer weiterhin an Bord.

Wie läuft das Schweizer Geschäft von Media-Saturn?

Wir erleben eine sehr spannende Zeit in der Schweiz. Es gibt die Währungsunsicherheit, die mit einem nicht unwesentlichen Kaufkraftabfluss ins Ausland verbunden ist. Die Verbraucher kaufen im grenznahen Ausland Lebensmittel ein, und sind der Annahme, dass auch Elektronik dort billiger sei. Fakt ist aber, dass in der Schweiz Unterhaltungselektronik im Vergleich zu Europa mit am günstigsten ist.

Wie sind Sie mit der Expansion der Saturn-Märkte in der Schweiz zufrieden?

Wir sind grundsätzlich auf Kurs und sind zufrieden mit der Expansion. Uns fehlen natürlich einige Standorte. Aktuell gelingt es uns nicht, alle Wunschstandorte in Zentrumslagen zu realisieren. Im Wesentlichen liegt das an den nicht zur Verfügung stehenden Ladeflächen, die wir in den Toplagen in den Schweizer Innenstädten belegen wollen. Unsere Strategie erlaubt es aber durchaus, auch mit Saturn in die Agglomerationen zu ziehen, wie etwa hier im Shoppi Tivoli in Spreitenbach. So können wir mit der Saturn-Expansion im geplanten Tempo weiterfahren. Natürlich suchen wir weiter nach City-Lagen. Einen Standort an einer Top-City-Lage haben wir gerade gefunden. Ende 2013 werden wir dort einen Saturn-Markt eröffnen.

Wo denn?

Das kann ich Ihnen leider noch nicht sagen.

Was ist eigentlich mit der Westschweiz? Eröffnen Sie da keine Saturn-Märkte?

Wir haben uns beim Markteintritt von Saturn in der Schweiz dafür entschieden, in der deutschen Schweiz zu starten. Wir werden unsere Expansion aber auch in der Westschweiz fortsetzen. Dort ist es unsere Strategie, dass wir, wenn wir loslegen, gleich mehrere Standorte auf einmal aufmachen werden.

Wie viele Märkte wollen Sie in der Schweiz total, Media-Markt und Saturn zusammengerechnet?

Wenn wir beide Vertriebsschienen zusammennehmen, werden wir schon auf die vierzig Standorte kommen.

Das heisst etwa 12 bis 15 Saturn-Märkte und etwa 25 bis 28 Media-Märkte?

Ja.

Wenn Saturn seine Läden in der Agglomeration aufstellt, wo sich auch die Media-Märkte befinden, stehen diese viel mehr in Konkurrenz zueinander als in anderen Ländern. Die Media-Markt-Geschäftsführer sind darüber bestimmt nur mässig erfreut?

Klar, niemand ist begeistert, wenn er einen Mitbewerber bekommt. Aber wir finden, es ist besser, wenn der Wettbewerber aus dem eigenen Konzern kommt als von aussen. Unsere Erfahrung hat zudem gezeigt, dass an Standorten, wo Saturn- und Media-Märkte nahe beieinander liegen, beide Geschäfte mittel- und langfristig mehr Umsatz realisieren. Hinzu kommt, dass wir die Nachfrage mit unseren Werbeanstrengungen jeweils gezielt pro Handelsmarke steuern.

Braucht es in der Schweiz überhaupt noch mehr Verkaufsfläche für Consumer Electronics?

Ja, wir denken schon, denn bei einem Marktanteil von 20 Prozent bleibt ja noch ein grosses Potenzial.

Aber der Kuchen wird ja nicht grösser. Wenn Sie Marktanteile gewinnen, verlieren die anderen CE-Händler ...

Nicht zwangsläufig. Es gibt ja nicht nur die Mitbewerber innerhalb unserer Branche. Wir betrachten das gesamte frei verfügbare Einkommen der Konsumenten. Sie können es für ihre Freizeit ausgeben, für Sportartikel, für Ferien oder für Produkte aus unserem Sortiment wie Fernseher, Notebooks oder ein anderes innovatives Elektronik-Produkt. Würden wir beim Markteintritt das gesamte Consumer-Electronics-Potenzial abschöpfen, könnte kein anderer CE-Einzelhändler mehr bestehen. Durch unsere Werbemassnahmen und Aktivitäten im Markt fördern wir das Bewusstsein für Consumer-Electronics-Produkte ganz allgemein. Das hilft der ganzen Branche. Auch unseren Mitbewerbern. Und wir verschieben somit das frei verfügbare Einkommen in unsere Branche.

Also lieber einen Fernseher kaufen statt Ferien buchen?

Ja, genau.

Lassen Sie uns über Ihr Onlinegeschäft sprechen. Noch immer habe ich die Online¬strategie von Media-Saturn nicht ganz verstanden: Seit Dezember kann ein Teilsortiment von Media-Markt nun auch in der Schweiz online eingekauft werden. Warum nur ein Teilsortiment?

Wir sind ja noch in einer Testphase. Grundsätzlich wird der stationäre Handel für uns immer Priorität haben. Deshalb haben wir uns auch mit diesem Thema so schwer getan. Wir haben uns ja bisher mit unseren Ladengeschäften immer auf regionale Besonderheiten abgestimmt. Sei es bei der Sortimentierung, sei es bei der Preisgestaltung. Online wird ein Teil unseres Sortiments zentral gesteuert. In Zukunft werden wir ein erweitertes Sortiment online anbieten. Das Onlinesortiment bietet dem Kunden im Markt noch mehr Auswahl und wir sprechen in diesem Zusammenhang vom "verlängerten Regal".

Was ist mit Saturn?

Auch mit Saturn werden wir in Kürze in der Schweiz ans Netz gehen.

Wie sieht es denn in Deutschland mit Ihrem Onlinegeschäft aus?

Auch dort sind wir noch in einer frühen Phase. Seit Herbst ist Saturn dort am Netz. Unsere Kunden nutzen sowohl das Online- als auch das Offlineangebot, und wir stellen fest, dass der grösste Teil der Kunden online bestellt und die Ware im Markt abholt.

Warum ist das so?

Der Onlinekanal bietet nicht das gleiche Einkauferlebnis. Die Kunden möchten nach wie vor in die Märkte kommen, wollen die Produkte anfassen, vergleichen, ausprobieren, sich beraten lassen. Wir sind überzeugt, dass unsere Kunden weiterhin den Kontakt zu unseren Mitarbeitern und zur grossen Auswahl im Markt suchen. Es hat ja seinen Grund, dass sich offenbar auch Onlinehändler mit dem Gedanken tragen, Ladengeschäfte zu eröffnen. Das ist einfach der entgegengesetzte Weg unserer Multichannel-Strategie. Wir gehen Online, die E-Tailer bauen Abholshops.

Mitbewerber von Ihnen, wie etwa Digitec, machen das ja schon lange ...

Das kann man nicht vergleichen. Sie haben Abholshops mit einer relativ geringen Auswahl an Produkten gebaut. Wir haben grosse Shops mit Vollsortiment, in denen wir 40 000 bis 60 000 Produkte zeigen. Zudem haben wir auch sehr gute Fachberater. Das belegen unsere Mystery-Shoppings, die wir regelmäs¬sig durchführen.

Ihre Onlinestrategie scheint trotzdem etwas halbherzig zu sein ...

Finden Sie? In unserem Unternehmen gibt es einen Spruch: Man muss das Richtige zum richtigen Zeitpunkt tun. Und wir glauben, dass wir mit unserer Onlinestrategie das Richtige tun. Vielleicht sind wir ein halbes oder ein ganzes Jahr zu spät dran. Aber wir sind auf dem richtigen Weg.

In Ihrer Werbung fokussieren sich Media-Märkte und Saturn auf die Preisführerschaft. Moderne, vernetzbare CE-Produkte benötigen aber vor allem Beratungskompetenz und Installations-Know-how. Wie gehen Sie mit diesem Zielkonflikt um?

Es gibt keinen Zielkonflikt. Wir haben gute Verkaufsberater und verfügen auch über ein umfassendes Serviceangebot. Wir haben auch in der Vergangenheit immer Dienstleitungen angeboten. Allerdings haben wir das in unserem Marketing nie gross in den Vordergrund gestellt. Wir wollten keine Erwartungshaltungen aufbauen, die wir eventuell nicht hätten erfüllen können. Heute haben wir mit unserem «Power Service» eine eigene Servicedienstleistung, die wir in den letzten zwei Jahren aufgebaut haben und weiterhin ausbauen werden. In der Schweiz beschäftigen wir bereits 20 Mitarbeiter nur in diesem Bereich.

Aber darüber sprechen Sie in Ihrem Marketing kaum. Warum nicht?

Wir sind jetzt dabei, das marketingtechnisch umzusetzen.

Wie wichtig ist an den Verkaufspunkten von Saturn und Media-Markt eigentlich die Sparte IT und IT-Peripherie?

Sehr wichtig. Wir machen etwa ein Drittel unseres Umsatzes damit. Es ist aber auch ein sehr schnelles Geschäft. Der Lebenszyklus eines Notebooks ist auf wenige Monate beschränkt.

Wie schätzen Sie die Entwicklung des Consumer-Electronics-Marktes mittelfristig ein?

Die technologische Entwicklung wird weiterhin unser Geschäft treiben. Wir sehen Unterhaltungselektronik auch in Zukunft als wichtigstes Standbein in unserem Business. Die Verschmelzung von IT und Consumer Electronics wird aber weiter voranschreiten und es in Zukunft schwieriger machen, die Produktgattungen exakt voneinander zu trennen. Unser Geschäft wird sich zweifellos verändern. Es ist uns auch bewusst, dass wir heute Sortimente haben, die es in vier, fünf Jahren so nicht mehr geben wird. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir auch dann so innovative Produkte im Laden haben werden, dass die Menschen weiterhin gerne unsere Märkte besuchen und bei uns einkaufen werden.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie 2012 mit Ihrem Unternehmen?

Um unser Multichannel-Projekt weiter vorantreiben zu können, werden wir unser Sortiment entsprechend anpassen. Im zweiten Quartal wird auch Saturn mit diesem Projekt starten und natürlich werden wir die Expansion mit unseren beiden Vertriebsschienen weiter vorantreiben.

Persönlich

Thomas Keil ist 58 Jahre alt und wurde im oberbayrischen Frasdorf in Deutschland geboren. Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann im Gross- und Einzelhandel studierte er Betriebswirtschaft mit Abschluss zum Handelswirt an der FH Rosenheim.
Keil ist seit Januar 1990 in der Media-Saturn-Gruppe tätig, davon acht Jahre als Media-Markt-Geschäftsführer in Innsbruck und zehn Jahre als Geschäftsführer von Saturn in Salzburg.
Im Februar 2008 kam er als neues Mitglied der Landesgeschäftsleitung und COO für die Media-Markt- und Saturn-Gruppe in die Schweiz. Seit April 2011 ist er CEO und VR-Präsident der Media Saturn Management AG in Geroldswil. Seine Hobbys sind seine Familie und Golf spielen.

Webcode
M8GAoh3Z