Studerus Technology-Forum 2011

Full House und volles Programm

Uhr | Updated
von George Sarpong

Über 400 Entscheider und Fachhändler aus der Schweizer IT sind gestern der Einladung ans Studerus Technologie-Forum gefolgt. Gelohnt dürfte es sich für die Besucher haben. Studerus bot ein geballtes Programm mit Keynotes, Fachreferaten und Workshops.

Mit 300 Gästen hat Studerus gerechnet – über 400 kamen. Das Technology-Forum von Studerus im Zürcher World Trade Center sorgte gestern für grosses Interesse. Einige Besucher mussten sogar stehen, so voll war der Hauptsaal der Veranstaltung. Begrüsst wurden sie von Gründer und Geschäftsführer der Studerus AG, Frank Studerus, der sich über die zahlreich erschienen Gäste freute. Durch die Veranstaltung führte Studerus-Verkaufsleiter Rolf Borkowetz.

Auf die Besucher wartete dann auch ein volles Programm mit Keynotes von IBM-Forscher Rolf Germann, Thomas Dübendorfer von Google und den Zukunftsforscher Georges Roos. Germann erklärte den Zweck des im Frühling dieses Jahres eröffneten Nanotech-Forschungszentrums von IBM und die heutige und zukünftige Bedeutung der Nanotechnologie für die IT.

Zukunft ist "nano"

Gerade bei der Entwicklung neuer Transistoren sei die Nanotechnik zentral, um Chips immer kleiner und kleiner bauen zu können. Mikroprozessoren mit Nanotechnik sollen schon in wenigen Jahren auf den Markt kommen. Damit rücke der 10-Nanometermassstab in der Transistortechnik näher. Hierfür müssten aber noch verschiedene Probleme gelöst werden. Denn im Kleinsten zeigen manche Materialen ein neues Verhalten: Gold etwa liegt im Nanometer-Bereich bei Raumtemperatur in flüssiger Form vor. Wie klein klein ist, erklärte Germann mit anderen kleinen Dingen, den Atomen: Ein Nanometer entspricht ungefähr der Strecke von fünf aneinandergereihten Kohlenstoffatomen. Würde man ein durchschnittliches Haar in ein Nanometer messende Streifen schneiden, ergäbe das 60’000 Streifen.

Schaden im E-Banking schwer bezifferbar

Dann wurde es "kriminiell": Thomas Dübendorfer, technischer Projektleiter bei Google und Präsident der Information Security Society Switzerland (ISSS), referierte über Cybercrime. Dübendorfer lockerte das Publikum zu Beginn seines Vortrages auf und sorgte für Lacher, dann plötzlich wurde es ruhig im Saal. Sein Beispiel von Betrugsversuchen mittels Freundschaftsanfragen bei Linked-In, in Kombination mit E-Banking auf Mobile Devices, beeindruckte das Publikum. Immerhin gab es doch einige Personen im Raum, die das Businessnetzwerk und E-Banking nutzen. Die jährliche Summe, die durch Cyberkriminalität beim E-Banking entsteht, lasse sich für die Schweiz schwer beziffern, weil ein Meldegesetz, wie es beispielsweise Deutschland anwendet, fehle. Dort entstand im letzten Jahr ein Schaden in Höhe von umgerechnet 20 Millionen US-Dollar, in den USA waren es gar 100 Millionen Dollar.

10 von 1000 PCs verseucht

Weltweit seien rund ein Prozent aller PCs mit Malware verseucht, sagte Dübendorfer. "Das sind 10 von 1000 PCs in einem Unternehmen" schlussfolgerte Dübendorfer. In fast der Hälfte aller Infektionsfälle helfe der User mit, zum Beispiel, indem er Dateianhänge herunterlädt und diese öffnet. Hingegen seien nur 4,4 Prozent aller gesendeten und empfangenen Dateien mit Malware kontaminiert. Daher empfahl Dübendorfer, User in den Unternehmen für das Thema Sicherheit mittels Schulungen zu sensibilisieren. Der Trend im Cybercrime sei "Advanced Persistent Threat" (APT). Also hochwertiger Schadcode, der sich schlecht bekämpfen lässt. Meist seien dies ausgeklügelte Attacken beispielsweise gegen Regierungen. Zu dieser Art der Angriffe zähle etwa die Attacke auf die Nuklearanlagen im Iran durch Stuxnet.

Eingestimmt durch die Keynotes ging es danach weiter auf drei Tracks à zwei Präsentationen. Wer noch nicht genug Cybercrime hatte, konnte gleich mit Dübendorfers Workshop "Kampf gegen böse Websites" weitermachen oder sich mit IP-Cams, IPv6, Security-Lücken, Cloud-Netzwerken oder der neuen Zywall USG 3 von Zyxel auseinandersetzen.

Zukunftsforscher Georges T. Roos

Den wohlverdienten Stehlunch nahmen die Gästes des Studeus Technology-Forums im Foyer ein. Danach ging es mit einem erfrischenden Vortrag von Zukunftsforscher Georges T. Roos weiter. Er thematisierte wie und was wir wohl im Jahr 2031 leben und arbeiten werden. Klar ist für Roos, dass in den kommenden 20 Jahren die Bedeutung der "intellektuellen" Kompetenzen weiter zunehmen wird. Vor allem in den entwickelten Ländern. Das gilt natürlich auch für die Schweiz, wo heute schon ein Grossteil der arbeitenden Bevölkerung in sogenannten Wissensberufen tätig ist. Roos ist denn auch überzeugt, dass die Investitionen in Forschung und Entwicklung (F & E) am Wirtschaftsstandort Schweiz unseren Wohlstand für die Zukunft sichern werden. Gemessen am Bruttosozialprodukt stehe die Schweiz heute schon an fünfter Stelle bei den Ausgaben für F & E. "Der Mehrwert in der Wissensgesellschaft entsteht vor allem durch Hinzufügen von Wissen", sagte Roos. Auch das Schweizer Bildungssystem sei dafür gut gerüstet. Schon in zehn Jahren, so wird erwartet, dürfte die Hälfte der Schulabgänger eine tertiäre Ausbildung, also eine höhere Fachschule, eine Fachhochschule oder ein universitäres Studium abschliessen.

"Alte" Gesellschaft

Als Herausforderung sieht Roos den demografischen Wandel. Die Schweizer Bevölkerung wachse nur noch wegen der Einwanderung, entwickle sich aber trotzdem zur "reifen", um nicht zu sagen, überalterten Gesellschaft. 2030 dürfte jeder vierte Einwohner der Schweiz über 65 Jahre alt sein. Die Angst, dass uns in Zukunft die Arbeit ausgehen könnte, sei in diesem Zusammenhang unbegründet. Vorher werden uns die (qualifizierten) Arbeitskräfte ausgehen. Schlimmstenfalls könnten uns bis dahin 400000 Arbeitskräfte fehlen.
Der Grund für die in der Schweiz akutere Problematik der Überalterung sieht Roos darin, dass es in der Schweiz zuwenig sogenannte "familienergänzende" Einrichtungen gebe, die es Frauen ermöglichten, trotz Familie und Kindern, einer qualifizierten Arbeit nachzugehen. Und das obwohl Frauen heutzutage bereits besser ausgebildet seien als die Männer. So liege ein beachtliches Potenzial an Arbeitskraft brach. "Wie lange wollen und können wir uns das noch leisten?", fragte Roos.

Einen weiteren Megatrend sieht der Zukunftsforscher im veränderten Umgang mit Gesundheit und Körper. Die Entwicklung gehe schon seit Jahren weg von der "Reparaturmedizin" hin zur Präventionskultur, die Krankheiten und Unfälle gar nicht erst entstehen lassen wolle. Es gebe einen Trend vom Übergang von dieser Gesundheitskultur zum Gesundheitskult (oder zur -religion?).

Human Performance Enhancement

Eine in Zusammenhang mit Gesundheit und Körper etwas beunruhigende Entwicklung demonstrierte Roos via Videoeinspielung. Diese zeigte Kevin Warwick, Professor an der der britischen Universität Reading, der sich selbst als ersten Cyborg bezeichnet. Er liess sich bereits 2002 für drei Monate einen Mikroprozessor in seinen linken Arm implantieren, um zu sehen, welchen Effekt das auf sein Gehirn habe. Die Verbindung von Mensch und Maschine mit Mikroprozessoren soll die Menschen in Zukunft zu "Super Humans" machen. "Human Performance Enhancement" ist allerdings nicht neu. Schon die alten Griechen "dopten" sich an den antiken olympischen Spielen. Allerdings nicht mit Mikroprozessoren. Kevin Warwick ist überzeugt, dass man in Menschen schon in zehn Jahren einen Mikrochip einbauen kann, damit diese schneller, stärker, schneller und effizienter werden. Auch die medizinischen Anwendungen sind verlockend. Querschnittgelähmte könnten wieder laufen, Blinde wieder sehen.

Nach diesem Ausflug in die schöne neue Welt der Zukunft warteten weitere Tracks auf die Tefo-Besucher: Desktop-Virtualisierung, professionelle WLAN, Sicherheit in KMUs, VoIP und weitere Workshops zu Netzwerktechnik rundeten das geballte Programm ab.

Projekt-Awards

Der Wortkünstler und selbsternannte "Executive Slam Poetry Engineer" Simon Chen fasste schliesslich den Tag dann in aberwitziger Wortakrobatik zusammen, bevor Frank Studerus zur Verleihung der Studerus Projekt-Awards schritt. Den Publikumspreis gewann dieses Jahr E-Quadrat mit dem Projekt "Zyxel trinkt Wasser". Die Jury überzeugte das Projekt "Zyxel verbrennt Kehricht" von Tschan Informatik.

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