Wissen - Kundenakquisition

Die Evolution des CRM

Uhr | Updated
von Jean-Pierre Jamet

Wenn ein Beruf an Wichtigkeit verliert, überlassen ihn die Männer oft den Frauen. So geschehen mit der Funktion des Marketingleiters. Aber wie in jedem Unglück auch ein Glück enthalten ist: Frauen sind eh besser geeignet, neue Akquisitionsstrategien zu entwickeln.

Jean-Pierre Jamet
Jean-Pierre Jamet

Man optimiert und integriert Prozesse, man kreiert serviceorientierte Architekturen, aber die für ein Unternehmen äusserst lebenswichtige Akquisition neuer Kunden wird allgemein wenig thematisiert und badet in einer "künstlerischen Unschärfe". Das Problem ist nicht einfach, und es ist gefährlich zu verallgemeinern, so sehr sind die Organisationen von Firma zu Firma verschieden – doch sind einige wichtige Tendenzen zu erkennen. Das Aufkommen des Internets hat die Akquisitionstechniken vervielfacht. In den 90er-Jahren (vor dem Internet) gehörte die Akquisition eindeutig zur Rolle des Marketingleiters. Die Broschüre der Firma, ordnungsgemäss sowohl extern wie intern verteilt, war das jährliche Ereignis, das die Art und Weise definierte, wie sich das Unternehmen darstellte. Die grossen Informatikausstellungen erlaubten es der Firma zudem, sich zur Geltung zu bringen, und (Papier-)Mailings ermöglichten es, die Verkaufsabteilung mit einer Quote von 2 bis 4 Prozent positiver Antworten zu versorgen.

Dann kam das Internet

Mit dem Internet wurden Firmenbroschüren unter der Führung der Webdesigner und EDV-Leiter zu Homepages; Suchmaschinen wie Google oder Yahoo ersetzten die Informatikausstellungen (allerdings ohne den Champagner), und E-Mails liessen ihrer minimalen Kosten wegen die elektronischen Briefkästen explodieren, was wiederum eine strenge Reglementierung nach sich zog. Parallel dazu sind die positiven Antwortquoten nur mehr in Promillen statt in Prozenten zu zählen. In dieser traurigen Landschaft versteht man die Schwärmerei für soziale Netzwerke. Wie immer bei Neuigkeiten unterliegt die Nutzung solcher Ressourcen einzelner Privatinitiativen. Sozialnetzwerke werden prinzipiell von Verkäufern benutzt. Die Erleichterung der Kommunikation dank Internet hat eine Dezentralisierung der Funktion der Akquisition von neuen Kunden gebracht, und die Funktion des Marketingleiters verlor an Bedeutung. Dies erklärt vielleicht, wieso dieser wichtige Job von den Männern zugunsten der Frauen vernachlässigt wird. Und dennoch schliesst diese Feststellung eine grosse Möglichkeit mit ein. Die Implementierung von Kundenverwaltungssoftware (CRM) in Firmen war hauptsächlich dadurch motiviert, den lebenswichtigen Bedarf aller Kundeninformationen zu zentralisieren, die in den Excel-Tabellen der einzelnen Verkäufer verstreut waren. Social Networks statt CRM Heute geschieht etwas Ähnliches. Jeder verwaltet nach seinem Gutdünken seine Kundenbeziehungen in Sozialnetzwerken (in der allergrössten Verachtung der installierten CRM); der eine auf Xing, der andere auf LinkedIn, Google+ oder Facebook, wenn nicht sogar auf mehreren gleichzeitig. Was geschieht mit der Darstellung des Unternehmens? Früher war ein Verkäufer in Kontakt mit 100 maximal 200 Kunden, heute kann ein Konto auf Facebook oder Xing von tausenden Personen gesehen werden. Und was soll geschehen, wenn ein Verkäufer die Firma verlässt? Soll er sein LinkedIn-Konto seinem Nachfolger überlassen? Wäre es nicht dringend erforderlich, sich eine Strategie im Unternehmen zu überlegen? Wäre da nicht eine neue Verantwortung für das Marketing? Die Männer, gedopt von Testosteron, sind aggressiver und konkurrenzorientierter; Frauen sind kommunikativer, begeisterungs- und kompromissfähiger; sie können besser zuhören und zusammenführen. Diese Qualitäten werden äussert notwendig werden im Aufbau einer umfassenden Strategie, die die alten und neuen Mittel kombinieren könnte, um die persönlichen Initiativen zu kanalisieren, ohne sie zu entmutigen und um privat und beruflich abzugrenzen. Zugegeben: Eine grosse Herausforderung! <

Über Jean-Pierre Jamet

Jean-Pierre Jamet gründete 1991 die JPJ Direct Marketing AG (heute Profondia AG) und leitete das Unternehmen bis 2010. Mit Datenmarketing, Mailings und Telefonmarketing unterstützte er 20 Jahre lang IT-Firmen in der Kundenakquisition. Heute ist er als Berater mit seinem Unternehmen Incomtec Consulting GmbH unterwegs. Jamet betrachtet die verbreitete Nutzung sozialer Netzwerke als äusserst vielversprechendes Mittel für das Marketing, das ganz neue Möglichkeiten im B2B eröffnet. Er ist einer der Initiatoren des Projekts ICT-Synergies Network, eines auf das Schweizer ICT-Business fokussiertes soziales Netzwerk in der Schweiz. www.ict-synergies.ch

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