ERP-Markt Schweiz

Willkommen, Standardlösung!

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Philipp Ledermann, Geschäftsführer von Isycon, evaluiert für Unternehmen Business-Software, wie beispielsweise ERP-Systeme. Er entdeckt Trends und sieht wo sich Marktchancen ergeben. Im täglichen Geschäft erkennt er auch, welche Themen Kunden häufig vergessen und Dienstleister gerne ignorieren.

Philipp Ledermann, Geschäftsführer und Teilhaber der Isycon GmbH.
Philipp Ledermann, Geschäftsführer und Teilhaber der Isycon GmbH.

In der Schweiz bieten mehrere hundert Anbieter Software für das Enterprise Ressource Planning an. Das macht es nicht einfach den Überblick zu behalten. Hinzu kommt, dass sich ERP heute nicht mehr klar abgrenzen lässt: Business Analytics und weitere Software-Produkte ergänzen traditionelle ERP-Lösungen. Auch Technologietrends wie Cloud, Mobiles Arbeiten und Bring-your-own-Device gilt es zu beachten. Philipp Ledermann, Geschäftsführer der Beratungsfirma Isycon, erklärt, welche Trends es zu beachten gilt und was das für den Fachhandel bedeutet.

Herr Ledermann, wo fängt ERP an und wo hört ERP auf? Ist eine klare Abgrenzung heute überhaupt noch möglich?

Das ist eine gute Frage. Der Begriff ERP wurde ja vom niederländischen ERP-Hersteller Jan Baan anfangs der 90er-Jahre kreiert und umfasste damals vorwiegend PPS-Systeme. Hierbei handelt es sich um Systeme, die eine Planung über alle Ressourcen, sprich Material, Mitarbeitende, Maschinen und Finanzen beinhaltete. Heute wird ERP für Business-Software jeglicher Art verwendet, natürlich auch für Software für reine Dienstleister. Eine klare Abgrenzung gibt es im Markt der Anbieter nicht mehr.

Welche technischen Trends bestimmen dabei den Markt?

Was die Technologie anbelangt, sehe ich Web-Services und Softwareweiterentwicklungen auf Basis von Java mit einer serviceorientierten Architektur (SOA) vorne. Weiter wird die Integration von Mobile-Devices wie zum Beispiel Smartphones oder Tablets einiges verändern. Das hat bei den CRM-Systemen begonnen, und wird sicher auch auf den ERP-Markt übergreifen. Zudem wird die Upgradefähigkeit immer wichtiger.

Wie stark und auf welches Marktvolumen wird der Markt dieses Jahr wachsen?

Betrachten wir die klassischen Business-Software-Lösungen für die Industrie und Dienstleister schätze ich, dass der Markt für Standard-Software um circa zehn Prozent wächst.

Wer generiert dieses Wachstum?

Viele Unternehmen haben ja bereits Lösungen im Einsatz. Das Wachstum wird von Unternehmen erzeugt, die eigene Lösungen durch Standardlösungen ersetzen. Hinzu kommen Unternehmen, die von einer Unmenge von Inseln, oftmals Excel-basierend, aufgrund der Grösse, Komplexität, Effizienz oder der Geschwindigkeit der Informationsbeschaffung auf eine Standardlösung wechseln wollen.

In welchen Marktsegmenten erwarten Sie starkes Wachstum?

Ich gehe wie in den letzen Jahren vorwiegend von einem Wachstum bei Dienstleistungsunternehmen aus. Und zwar deshalb, da die Industrieunternehmen in den vergangenen Jahren bereits mehrheitlich ERP-System eingeführt haben.

Bedeutet dies, dass die Nachfrage bei Industriekunden zurückgeht?

Nein, davon gehe ich zurzeit nicht aus.

Gibt es denn Marktsegmente die schrumpfen?

Ich gehe derzeit nicht von einem Schrumpfen von Marksegmenten aus. Ich denke aber, dass wie bereits angesprochen sich bei den Industrieunternehmen eine Stagnation breit macht. Das heisst, das Business für die Anbieter besteht mehrheitlich in der Ablösung bestehender Lösungen.

Wie sieht es denn auf Hersteller-Seite aus? Welche Software-Hersteller sind Ihrer Meinung nach die Gewinner am ERP-Markt?

Das ist eine schwierige Frage: Nach unseren nicht repräsentativen Zahlen, sind sicher die Hersteller von ERP-Systemen mit einem ansprechenden GUI, hoher Flexibilität was die Individualisierung betrifft und neuen Technologien sowie Internationalität auf dem Vormarsch. Dabei sticht sicher Microsoft mit seinen beiden Dynamics-Produkten hervor. Wobei hier sicher auch das flächendeckende Vertriebsnetz und die vielen Brachenlösungen dem Wachstum förderlich sind.

Wer verliert?

Verlierer sind sicher die Softwarehäuser, die wie damals bei der Umstellung auf Windows, die Energie nicht haben, auf die neuen Technologien umzustellen. Dieser immer schneller werdende Technologiewechsel erfordert viele Investitionen. Diese können aber nur durch ein entsprechendes Wartungsvolumen sicher gestellt werden.

Gehen wir mal eine Ebene höher, auf die Handels- und Dienstleistungsebene: Welcher Kundenwunsch wird von Dienstleistern am häufigsten ignoriert?

Dem Kunden wird oftmals bei der Akquisition in Kernbereichen zuviel versprochen, was dann bei der Einführung zu grösseren Diskrepanzen und entsprechendem Frust und Kostenüberschreitungen führt.

Welche Themen werden wiederum von Anwendern beim Kauf eines neuen ERP-Systems unterschätzt oder gar ignoriert?

Anwender vergessen häufig, dass der Anbieter bei einer Einführung nicht alle Vorteile des alten ERP-Systems behalten und nur die Nachteile eliminieren kann. Was letztlich bedeutet: Es wird nicht alles besser!

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