Im Gespräch mit Roland Silvestri, COO, Rotronic-Secomp

"Der Fachhandel soll endlich aufhören, Retail zu spielen"

Uhr | Updated
von CEtoday

Seit Januar firmiert das Distributionsgeschäft von Rotronic unter dem neuen Firmennamen Rotronic-Secomp. Roland Silvestri ist der COO des neuen alten Unternehmens. Er erklärt, warum er sich am neuen Unternehmen beteiligt hat, und wo er Chancen für den Zubehör- und Samsung-Disti Rotronic-Secomp sieht.

Wie sinnvoll ist es in der heutigen Zeit, sich an einem Distributor zu beteiligen? Warum haben Sie es getan? Der Konkurrenzdruck ist doch enorm …

Roland Silvestri: Es wäre in der Tat nicht sinnvoll, da müsste ich Ihnen Recht geben, wenn wir die Rotronic-Secomp auf der grünen Wiese gegründet hätten und von null hätten aufbauen müssen. Doch das ist ja nicht der Fall. Wir haben eine funktionierende Firma mit bestehenden Strukturen übernommen und können auf dem bisherigen Geschäft aufbauen. Es sind zudem in der Rotronic-Secomp AG die bekannten bisherigen Ansprechpartner am bisherigen Geschäftssitz tätig. Im Weiteren ging es bei der Gründung der Rotronic-Secomp nicht darum, einen neuen Disti zu gründen, sondern einerseits um die Nachfolgeregelung für den langjährigen Rotronic-Geschäftsführer Michael Taraba, andererseits um die Trennung des Geschäfts mit Mess- und Regeltechnik vom IT-Zubehör- und CE-Distributionsgeschäft. Unter uns gesagt war es für Aussenstehende auch nicht immer so einfach, nachzuvollziehen, was die beiden Geschäftsfelder gemeinsam hatten, ausser eben den gleichen Firmennamen. Und so haben wir die beiden Geschäftseinheiten voneinander getrennt: in die Rotronic-Secomp für das Distributionsgeschäft und in die Rotronic für das Geschäft mit Mess- und Regeltechnik.

Wird der Firmenname Rotronic mittelfristig aus der Bezeichnung Rotronic-Secomp verschwinden?

In Deutschland ist es bereits heute so, beziehungsweise war es schon immer so, dass das Distributionsgeschäft unter Secomp und das Geschäft mit Mess- und Regeltechnik unter Rotronic firmierte. Das wird in der Schweiz auch so sein.

Warum glauben Sie daran, dass Sie mit Rotronic-Secomp erfolgreich sein werden?

Warum sollten wir keinen Erfolg haben? Wir haben in den letzten Jahren bewiesen, dass wir erfolgreich sein können. Und auch mit der neuen Firma wollen wir weiter Vollgas geben. Zudem wollen wir uns auch weiterentwickeln und neue Geschäftsfelder bearbeiten. In den vergangenen Jahren haben wir auch bewiesen, dass wir das können. Wir kommen ja aus dem Geschäft mit IT-Zubehör und sind vor drei Jahren erfolgreich ins CE-Geschäft eingestiegen. Zurzeit sind wir gerade daran, den Bereich Weisse Ware auszubauen, und sind auch im boomenden LED-Geschäft tätig.

Wie sehen Sie das Distributionsgeschäft in der Schweiz?

Das Broadline-Geschäft sehe ich als eher schwierig an, da es sich dabei eigentlich ausschliesslich um Boxmoving handelt. Distributoren, die hingegen mehr zu bieten haben als nur die reine Logistik, haben meiner Einschätzung nach gute Chancen am Markt. Auch wir bieten einen Value add für unsere Kunden im Handel. Wir helfen bei Projekten vor Ort, unterstützen bei technischen Problemen, helfen bei der Marktbearbeitung.

Welche Ziele haben Sie mit Rotronic-Secomp in Ihrem ersten unabhängigen Jahr?

Wir wollen wachsen, und zwar über alle Bereiche. Das meiste Potenzial sehe ich momentan beim Licht und bei der Weissen Ware. Auch der Bereich Hotel-TV hat noch sehr grosses Potenzial. Ein weiteres Ziel ist, dass wir auch die Ende März frisch gegründete Secomp-Holding ausbauen und neue Firmen dazunehmen könnten.

Wenn Sie wachsen wollen, werden Sie auch neue Leute einstellen?

Ja, wir werden bei den Mitarbeitenden aufstocken. Etwa für die Bereiche Licht und Weisse Ware.

Wie agieren Sie am Markt?

Ich selbst bin täglich draussen und stehe in dauerndem Kontakt zu unseren Handels­partnern. Wir wollen nahe am Markt sein, und spüren, wann und was sich in welchem Tempo verändert. Für mich ist die Nähe zum Markt ganz grundsätzlich auch persönlich äusserst wichtig. Wer die Nähe zum Markt verliert, verliert generell. Ich will insofern auch kein abgehobener Manager sein, der den Bodenkontakt verloren hat, ich will den Markt spüren.

Wie wollen Sie Ihre Abhängigkeit von Samsung verringern? Wie wollen Sie Ihr Angebot differenzieren?

Wir sind im CE-Geschäft wegen Samsung da, wo wir heute stehen. Warum sollten wir die Zusammenarbeit mit ihnen zurückfahren? Im Gegenteil, wir wollen sie ausbauen. Denn das Potenzial ist gross. Samsung wird sein Sortiment noch weiter ausbauen und wir wollen gemeinsam mit ihnen wachsen. Natürlich werden wir unser Angebot in Nischen sinnvoll ergänzen, in Bereichen etwa, die das Samsung-Sortiment nicht oder noch nicht abdeckt.

Wie lief das Geschäft in den letzten drei Monaten, in denen Sie mit Rotronic-­Secomp selbstständig sind?

Wir hatten einen sensationellen Januar und – wie die ganze Branche – einen etwas durchzogenen Februar. Den März schlossen wir auf Budget ab und erreichten damit unsere Finanzziele im ersten Quartal. Ausser dem reinen Distributionsgeschäft war in den letzten drei Monaten aber auch wichtig für uns, dass wir unsere ganzen IT-Systeme vom ehemaligen Mutterhaus abkoppeln konnten und verselbstständigen konnten. Und ich bin super happy darüber, dass alles reibungslos geklappt hat. Wir haben das alles in nur einem Monat gestemmt. Andere brauchen für so eine Übung ein halbes Jahr.

Welche Pläne haben Sie mit Weisser Ware?

Wir wachsen in diesem Segment stark. Zurzeit haben wir allerdings ausser Staubsaugern und Mikrowellen nur Stand-alone-­Grossgeräte im Sortiment. Der Grossgeräte-­Markt in der Schweiz ist aber sehr stark getrieben von Einbaugeräten und damit durch Küchenbauer. Sobald wir auch Einbaugeräte von Samsung erhalten, werden wir noch mehr zulegen. Ich kann mir aber auch vorstellen, bei Elektro-Kleingeräten etwas mit einer anderen Marke zu machen. Denn in diesem Bereich hat Samsung nichts.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit dem Handel? Welche Kanäle sind für Sie besonders wichtig?

Wir betreuen Retail, Onliner und den Fachhandel gleich intensiv. Und es sind uns auch alle Kanäle wichtig. Was die Sortimente angeht, versuchen wir, die Kanäle nach ihren jeweiligen Stärken mit den optimalen Produkten zu beliefern. Denn nicht jede Produktgruppe passt in jeden Absatzkanal.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung für dieses Jahr in den Bereichen CE, IT und Weisse Ware ein?

Ich bin leider kein Prophet, und es ist in den letzten Jahren auch immer schwieriger geworden, die Marktentwicklung langfristig richtig einzuschätzen. Die hohe Marktdynamik mit starken Ausschlägen gegen unten, aber auch gegen oben, macht es auch nicht gerade einfacher, Vorhersagen zu treffen. Viele Händler jammern zurzeit, vor allem unter dem Eindruck des schlechten Februars, und stecken den Kopf in den Sand. Aber das Jahr besteht ja nicht nur aus einem Monat. Das Ergebnis muss vor allem am Ende des Geschäftsjahres stimmen. Und ich glaube, das wird es. 2014 wird kein schlechtes Jahr für unsere Branche. Ich glaube auch, dass die Fussball-WM insbesondere der CE-Branche Impulse geben wird. Allerdings muss trotzdem jedes CE-Unternehmen für sich selbst einen guten Job machen. Einfach zu hoffen, dass das Jahr dann schon von allein gut kommt, ist wahrscheinlich die falsche Strategie. Es geht immer darum, als Unternehmer seine Chancen zu nutzen oder noch besser, sich selbst Chancen zu erarbeiten.

Wie unterstützen Sie den Handel?

Wir unterstützen den Handel, wo wir können. Wir versuchen etwa, unser Know-how zu vermitteln, wo es dem Handel fehlt. Es gibt auch verschiedene Tools, wie unser umfangreicher Katalog, unsere Onlineplattform, und man erreicht uns auch immer per Telefon. Zudem helfen wir wie schon erwähnt gerne vor Ort bei Projekten mit. Und wir machen hier bei uns auch Händlerschulungen. Wir sind für den Handel da.

Wie ist denn jeweils das Echo auf Ihre Schulungsangebote?

Das ist verschieden und auch themenabhängig. Manchmal müssen wir mit sehr viel Nachdruck beim Handel dafür sorgen, dass unsere Schulungen besucht werden. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sich eine gewisse Resistenz gegen Schulung und Weiterbildung in gewissen Teilen des Handels breitgemacht hat.

Ihre Message an den Handel?

Für den Handel ist es meiner Meinung nach wichtig, technologisch am Ball zu bleiben und sich für die Innovationen zu interessieren, die uns die Industrie bietet. Privatkonsumenten sind heutzutage sehr empfänglich für Innovationen. Innovation ist insofern ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für den Handel. Innovative Produkte locken die Konsumenten in die Läden, und das kann und soll der Handel nutzen. Im Weiteren wünsche ich mir vom Handel, dass er die Botschaften seitens der Hersteller und auch seitens der Distribution zur Kenntnis nimmt und auch umsetzt und es so ermöglicht, coole Innovationen im Markt zu platzieren und damit Geld zu verdienen. Die Innovationszyklen sind heutzutage dermassen kurz, dass man keinen Blumentopf gewinnt, wenn man ein veraltetes Sortiment im Laden führt. Auch möchte ich den Handel bitten, die Schulungsangebote anzunehmen, die Distribution und Industrie bieten. Es ist das A und O, wenn man über aktuelle Technik und neue Produkte Bescheid weiss. Das demonstriert gegenüber den Endkunden Kompetenz. Ich will insbesondere dem Fachhandel auch empfehlen, endlich aufzuhören, Retail zu spielen. Boxmover gibt es genug. Fürs Boxmoving sind die Konsumenten aber nicht mehr bereit, einen Aufpreis zu bezahlen. Fachhändler, die ihren Kunden aber echten Mehrwert durch Dienstleistungen bieten, können langfristig rentabel arbeiten.

Persönlich

Roland Silvestri ist seit 22 Jahren in der Schweizer CE- und IT-Branche tätig und seit Januar COO der neu gegründeten Rotronic-Secomp AG. Silvestri kommt ursprünglich aus dem CE-Fachhandel und hat seine Ausbildung im Detailhandel bei Radio TV Burkhard gemacht. Danach arbeitete er unter anderem bei Media-Saturn, Actebis, Proditec und Simpex. 2001 startete er bei Rotronic, absolvierte eine Management-Ausbildung und übernahm danach die Abteilungsleitung bei Rotronic. Zu seinen Hobbys zählt Silvestri das Reisen in ferne Länder, Tauchen, und neuerdings spielt er auch Tennis.

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