Im Gespräch mit Thomas Liechti, Mount10

"Die Schweiz kann ein Leuchtturm der weltweiten IT-Branche werden"

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Thomas Liechti ist seit Anfang Jahr CEO beim Back-up-Dienstleister Mount10 und somit Herr über die Bergfestungen Swiss Fort Knox I und II. Welche Projekte er lanciert hat und warum das Geschäft mit Back-up-as-a-Service grosses Potenzial bietet, erklärt Liechti im Interview.

Thomas Liechti leitet seit Monatsbeginn die Geschäfte von Mount 10. (Quelle: Mount 10)
Thomas Liechti leitet seit Monatsbeginn die Geschäfte von Mount 10. (Quelle: Mount 10)

Wie verliefen die ersten Monate für Sie als CEO bei Mount10?

Thomas Liechti: Ein Wechsel in der Geschäftsleitung führt auch zu einer kulturellen Veränderung. Ich musste also zunächst die Mitarbeiter kennen lernen und diese wiederum mich. Ausserdem sprach ich mit zahlreichen Partnern und Kunden, um Ihre Sichtweisen zu verstehen und um mir einen Überblick zu verschaffen.

Und anschliessend mussten Sie aufräumen?

Nein, überhaupt nicht. Es gab eigentlich keine grossen Baustellen. Wir begannen im Februar mit dem Umbau unserer IT-Infrastruktur. Wir haben die aktuelle Technik angesehen und uns gefragt, ob es vielleicht neuere Architekturen gibt, die es uns einfacher machen, unseren Kunden unsere Back-up-Services anzubieten. Das Projekt ist mittlerweile in seiner abschliessenden Phase. Nach letzten Tests werden wir die entsprechenden Einkäufe tätigen. Spätestens in zwei Monaten dürfte es soweit sein.

Wie haben Sie den kulturellen Wechsel von Cisco zu Mount10 erlebt?

Ich wechselte von dem Netzwerkspezialisten Cisco, also von einem grossem US-IT-Anbieter zu Mount10. Die Zeit bei Cisco war grossartig und ich möchte sie auch nicht missen. Dennoch finde es erfrischend, jetzt in einem kleinen und deshalb agilen Team arbeiten zu können. Wir können Entscheide kurzfristig fällen, was zu raschen Geschäftsprozessen führt.

Wie haben Sie Mount10 vorgefunden?

Mount10 ist ein Juwel, eine Eigenschaft, die innerhalb des Unternehmens noch etwas zu wenig wahrgenommen wurde.

Wie meinen Sie das?

Mount10 ist ein florierendes Unternehmen mit einem grossen geschäftlichen Entwicklungspotenzial.

Welche Wachstumsziele verfolgen Sie mit Mount10?

Genaue Zahlen kommunizieren wir nicht gegen aussen. Ich kann aber sagen, dass wir ein hohes zweistelliges Wachstum anpeilen und klar auf Kurs sind.

In welchen Geschäftsfeldern wollen Sie wachsen?

Derzeit stammen 20 Prozent unserer Kunden aus dem Bereich SoHo und kleine Unternehmen, weitere 40 Prozent kommen aus dem klassischen KMU-Umfeld und weitere 40 Prozent sind Unternehmen mit 4000 - 5000 Mitarbeitern. Dieses Geschäft möchten wir weiter ausbauen. Zusätzlich wollen wir mehr Enterprise-Kunden, also Grosskunden mit bis zu 30'000 Mitarbeitern für unsere Services gewinnen. Besonders in diesem Bereich sehen wir viel Potenzial.

Woran liegt das?

Bei den kleinen und mittelgrossen Kunden sind wir gut etabliert. Im Enterprise-Segment sind wir hingegen noch wenig bekannt. Inzwischen erkennen aber auch grosse Unternehmen, die Vorteile eines spezialisierten Back-up-Dienstleisters im Vergleich zu einem eigenen Rechenzentrum.

Welches sind denn die Vorteile?

Für ein hochwertiges Back-up-Rechenzentrum sind hohe Investitionen erforderlich. Bei grossen Unternehmen kann das schnell Millionen von Franken kosten. Bei einem Grosskunden mit Daten im mehrstelligen Terabyte-Bereich werden die finanziellen Vorteile weniger stark ins Gewicht fallen. Doch gerade für sie bieten sich weitere Vorteile. Etwa der, dass die Daten ausserhalb des eigenen Gebäudes gelagert werden, was eine Zugriffstrennung schafft. Bei uns erfolgt eine historische Speicherung der Daten. Der Zugriff darauf erfolgt nur als Read-only. Dadurch wollen wir verhindern, dass Daten versehentlich oder gar mutwillig gelöscht werden können. Die Daten werden verschlüsselt auf einer Shared-Plattform oder, zum Beispiel bei Kunden aus dem Finanzumfeld, auf dedizierten Plattformen gespeichert.

Wie gut funktioniert für Sie die Geschichte vom Datentresor Schweiz?

Unser Fokus liegt auf dem Schweizer Markt. Dennoch stammt jeder fünfte Kunde bereits aus dem Ausland. Oft sind das Firmen mit Zweigstellen, welche die Schweiz als Ort für ihr zentrales Daten-Back-up nutzen. Mount10 bietet einen klaren Standortvorteil. Die Daten werden in der Schweiz gehalten und darüber hinaus in zwei Bergfestungen redundant gelagert. Insofern geht für uns die Story vom Schweizer Datentresor auf. Noch mehr profitieren wir aber von unserer Verantwortungsbereitschaft. Wir sind rund um die Uhr für erreichbar. Wenn wir ein Problem erkennen, gehen wir auch proaktiv auf einen Kunden zu und machen ihn auf ein mögliches Problem aufmerksam. Das reicht vom direkten telefonischen Kontakt, über den eingeschriebenen Brief, bis hin zum persönlichen Treffen vor Ort.

Was können das für Probleme sein?

Probleme können etwa auftreten, wenn ein Kunde seine IT-Infrastruktur erneuert und anschliessend die Daten für das Back-up nicht mehr korrekt übertragen werden. Statt das Problem auf den Kunden abzuwälzen, sprechen wir das dann bei ihm an.

Trotz aller Vorteile hat Mount10 aber noch Luft nach oben.

Wie die gesamte Branche. Bei rund 550'000 KMU in der Schweiz hat die gesamte Back-up-as-a-Service-Industrie noch viel Potenzial.

Woran liegt es?

Es liegt noch viel Aufklärungsarbeit vor uns. Wir, und damit meine ich die gesamte Branche, müssen den Kunden aufzeigen, dass eigene Back-ups weniger effizient und unsicher sind im Vergleich zu Back-up-Services. Hier stehen wir noch vor einem Lernprozess.

Die Anwender fürchten sich vor der Cloud.

Es gibt eine Restzurückhaltung. Kunden befürchten, dass in der Cloud Unbefugte auf ihre Daten zugreifen könnten. Oft ist es aber nicht die Furcht vor der bösen Cloud, sondern hat schlicht gesetzliche Gründe. Ein Spital muss etwa peinlich genau darauf achten, wie sie ihre Patientendaten speichern und verwalten. Entsprechend muss hier immer die Geschäftsleitung grünes Licht geben. Das verlängert Entscheidungsprozesse. Wir kämpfen aber auch mit typischen Handelsthemen wie dem Preis. Auch wir führen immer wieder Diskussionen mit Kunden darüber, weshalb das Terabyte bei uns teurer scheint, im Vergleich zu anderen Cloud-Diensten oder gar Harddisks. Da müssen wir die Kunden noch besser informieren.

Warum sind ihre Preise pro Terabyte so hoch?

Wir bieten umfangreiche Service-Leistungen mit unseren beiden Rechenzentren Swiss-Fort-Knox I und II auf einem sehr hohen Niveau. Das hat natürlich seinen Preis. Hinzu kommt, dass die Kosten für Back-up-Infrastrukturen sehr hoch sind. Einige Mitbewerber mussten oder müssen schliessen, weil die technischen Upgrades für sie zu kostspielig sind.

Im kommenden Jahr feiert Mount10 sein zehnjähriges Bestehen. Was werden Ihre weiteren Ziele bis dahin sein?

Wir wollen den Markt für Back-up-as-a-Service weiter auf- und ausbauen. Um das zu schaffen, müssen wir aber die Kundenansprache stärken. Wir müssen den Markt besser über die Möglichkeiten eines Back-up-Dienstes aufklären.

Wie wollen Sie Ihre Wachstumsziele umsetzen?

Wir können nur über Partner skalieren. Wir wollen zunehmenend über den Fachhandel unsere Services am Markt anbieten. Deshalb suchen wir aktiv nach Fachhändlern für das KMU- und Enterprise-Geschäft. Die Partner können unsere Dienste dann separat verkaufen oder in ihr jeweiliges Angebot einbinden und Service-Pakete schnüren. Wir können uns auch vorstellen, mit mehr internationalen Partnern zusammenzuarbeiten. Das Hauptargument dafür ist, dass Fachhändler mit Mount10 einen Dienstleister an der Seite haben, der die Daten ihrer Kunden in der Schweiz hostet.

Wie wollen Sie weitere Partner gewinnen?

Unser eigenes Verkaufsteam fragt bei Projektgesprächen die Kunden explizit, ob diese bereits mit einem IT-Dienstleister zusammenarbeiten. Auf diese Weise können wir den Fachhändler als Partner in ein Projekt miteinbeziehen und unsere Services via Channel vertreiben. Ausserdem wollen wir gezielt vertikale Geschäftsfelder über unsere Partner erreichen und diese Märkte aufbauen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Da wäre das Gesundheitswesen: Wir konnten kürzlich mit dem Kantonsspital Zug einen neuen Kunden in diesem Markt gewinnen. Das Spitalwesen ist ein gutes Beispiel für einen vertikalen Markt, da hier besondere Richtlinien im Umgang mit Daten beachtet werden müssen. Hierzu zählen etwa Patientendaten. Der Umgang mit ihnen unterliegt gesetzlichen Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Ein Back-up-as-a-Service-Modell, wie wir es anbieten macht hier zwar absolut Sinn. Doch muss es in die kundenspezifische Umgebung implementiert werden. Also von einem Partner umgesetzt werden, der die Branche kennt.

Reicht da ihr bestehendes Partnerprogramm aus?

Wir arbeiten seit einiger Zeit an einem neuen Programm und sind kurz vor dessen Fertigstellung. Deshalb werde ich jetzt auch noch keine Details nennen. Ich kann aber sagen, dass wir das Programm ab Januar ausrollen wollen.

Weshalb erst im Januar?

Für das neue Programm bezogen wir Partner mit ein. Mit diesen testen wir das Programm und nehmen letzte Abstimmungen vor. Wir wollen dadurch einen reibungslosen Roll-out sicherstellen.

Was sind die Ideen hinter dem neuen Programm?

Wir wollen unsere Zusammenarbeit mit den Fachhändlern vereinfachen und interessanter gestalten. Früher hatte das Channelprogramm vier Stufen und jede stellte komplexe, und kaum messbare Anforderungen an die Teilnehmer. Die Stufen werden reduziert und die Verträge transparenter und somit leichter nachvollziehbarer für die Fachhändler. Dadurch wollen wir attraktiver für den Channel werden, was letztlich mehr Wachstum für die Partner und Mount10 bedeutet.

Wie lautet Ihre persönliche Message an die Partner?

Seien wir gemeinsam mutig und aktiv! Damit meine ich, dass wir und die Fachhändler innovative Wege finden sollten, Kunden neue Ideen anzubieten. Ich würde mir aber wünschen, dass insbesondere die grossen Cloud-Anbieter ihre Architekturen offen gestalten würden, damit kleinere Anbieter, wie Mount10, ihre Lösungen daran anbinden können. Das würde der Cloud-Adaption in der Schweiz Vortrieb geben. Es wären etwa Modelle denkbar, bei denen die Rechenleistung in Rechenzentren weltweit bezogen wird und die Daten in der Schweiz verwaltet werden.

Die Schweiz als weltweites IT-Zentrum?

Es gibt keinen Grund, wieso die Schweiz nicht der weltweit innovativste IT-Standort werden sollte. Wir haben die hierfür erforderlichen Gegebenheiten, wie etwa gute Hochschulen oder auch finanzstarke Banken. Die Schweiz könnte durchaus ein Leuchtturm in der IT-Welt werden.

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