Vis-à-vis mit Martin Schnider

"Für mich ist der Channel von strategischer Bedeutung"

Uhr | Updated

Martin Schnider leitet seit Juli als Country General Manager die Geschicke bei Hitachi Data Systems Schweiz. Zuvor arbeitete er bei IBM. Während sich IBM zunehmend den Services widmet, konzen­triert sich Hitachi auf die Rolle des Technologielieferanten. Dabei soll der Channel künftig eine stärkere Rolle spielen.

Martin Schnider, Country General Manager Schweiz, Hitachi Data Systems (Quelle: Netzmedien)
Martin Schnider, Country General Manager Schweiz, Hitachi Data Systems (Quelle: Netzmedien)

Sie sind jetzt rund 100 Tage im Amt als Schweizer Landeschef von Hitachi Data Systems, kurz HDS. Wie geht es Ihnen heute?

Martin Schnider: Ich wollte etwas Neues sehen und habe mir vor meinem Wechsel gut überlegt, wohin ich gehen werde. HDS ist eine Technologiefirma durch und durch, das gefällt mir. Deshalb fühle ich mich sehr wohl.

Wie haben Sie den Wechsel von der US-­amerikanischen IBM zur japanischen HDS erlebt?

Das Team bei HDS gefällt mir sehr gut. Wir sind Teil eines japanischen Unternehmens, das nicht an der Börse kotiert ist. Das bedeutet, dass wir langfristig planen und in die Weiterentwicklung unserer Technik investieren, statt an den nächsten Quartalsabschluss zu denken. Das heisst aber nicht, dass wir langsam arbeiten, im Gegenteil. Wir handeln schnell, aber sachbezogen. Die Länderorganisationen agieren zudem relativ autonom. Wir können daher viele Entscheidungen auf Länderebene treffen, wodurch wir rasch und kundenorientiert handeln können.

Wie haben Sie HDS Schweiz vorgefunden?

Ich lernte ein extrem motiviertes und kollegiales Team kennen, das mich während meiner Einarbeitung sehr unterstützt hat. HDS Schweiz ist erfolgreich am Markt unterwegs. Das gibt mir die Chance, mit einer guten Kundenbasis weiter zu wachsen.

Wie wollen Sie das schaffen?

Die Goldgräberstimmung in der IT-Industrie ist vorbei und der Wettbewerb härter geworden. Wir bewegen uns also auf einem harten Pflaster. Wir konzentrieren uns deshalb auf wenige Themen, die den Vorgaben des Mutterkonzerns folgen. Ich versuche, in der Schweiz den Fokus nochmals enger zu setzen und in jene Bereiche vorzustossen, die es wert sind, in sie zu investieren. Um weiter zu wachsen, wollen wir neue Themen adressieren. HDS hat eine starke Vision: "Innovate with information." Wir wollen unseren Kunden helfen, aus ihren Daten Informationen für ihr Business zu gewinnen. Unsere Strategie hierfür baut auf drei Säulen auf: zum einen auf Infrastruktur, wozu wir Produkte für die Datenhaltung zählen wie Server, Storage und Converged Infrastructure. Die zweite Säule ist der Content, also alles, was mit Data Management, Archivierung und Ähnlichem zu tun hat. Die dritte Säule heisst Information. Mit ihr sprechen wir Themen unserer Kunden an wie Cloud Delivery, Big Data oder Business Analytics. Hinzu kommen verschiedene Delivery-Modelle für die Cloud wie PaaS oder IaaS. Unser Kernthema bleibt aber ganz klar die Technik.

Das heisst?

Wir machen keine Datenbanken oder andere Anwendungen. Dadurch schärfen wir unser Profil und machen uns auch berechenbar für unsere Partner und Kunden. Wir liefern die Grundlagentechnologie, und obendrauf kommen dann die Applikationen. HDS hat beispielsweise nie aufgehört, Server zu bauen. Das bietet auch unseren Kunden Vorteile. Immer mehr unserer Midrange-Produkte werden künftig technische Features erhalten, die aus unseren High-End-Systemen stammen.

Ist das nicht zu teuer und auch anachronistisch? Andere grosse Hersteller, allen voran Ihr ehemaliger Arbeitgeber IBM, verabschie­den sich immer mehr von der Hardware und wenden sich dem Servicegeschäft zu.

Wir sehen uns als eine Engineering-Firma. Wir wollen die Entwicklung selbst im Griff haben. Das Thema des kurzfristigen Werts für die Shareholder spielt bei uns eine untergeordnete Rolle. Das oberste Ziel von Hitachi heisst Social Innovation, nicht Earning per Share. Wir grenzen uns durch unsere Werte auch von unseren Mitbewerbern ab.

Bisher galt HDS als Anbieter von "Edel­speicher" für Enterprise-Kunden. Das Gros der Unternehmen in der Schweiz sind aber KMUs. Reicht der Enterprise-Markt in der Schweiz aus?

Das Problem mit dem Begriff KMU ist, dass seine Definition schwammig ist. Je nach Beschreibung beschäftigt ein KMU 500 oder 1000 Mitarbeiter. Kunden entscheiden zudem nach ihrem Bedarf und nicht nach ihrer vermeintlichen statistischen Gruppenzugehörigkeit. Unser Storage-Angebot teilt sich in die Bereiche Enterprise-Storage, der in vielen Unternehmen arbeitet, und Modular-Storage. Viele unserer Midrange-­Kunden setzen unsere Enterprise-Storage-Lösungen ein. Deshalb ist eine exakte Zuordnung zu einem Kundenbereich schwierig. HDS ist stark im Enterprise-Segment und hat auch bei mittelgrossen Unternehmen eine grosse Kundenbasis. Grundsätzlich fokussieren wir uns aber auf die Kundengruppe Enterprise.

Welche Themen sind gerade aktuell?

Neue Themen wie Software-defined Network und Converged Infrastructure werden wichtiger. Dadurch wird sich unsere Kundenbasis verbreitern. Gefragt sind etwa Lösungen für SAP-Systeme. Dieser Bereich wächst deutlich. Wir beobachten aber auch, dass kleine Unternehmen eher in die Cloud abwandern. Auch deshalb werden Low-End-Systeme für das "K" in KMU für uns auf absehbare Zeit kein Thema sein.

Wie kommt Ihre Big-Data-Strategie voran?

Wir wollen im Big-Data-Geschäft vor allem hochwertige Technik anbieten. Das Thema wird bei HDS in Japan sehr ausführlich behandelt. Interessant daran ist, dass Big Data bei dem Grosskonzern Hitachi mit seinen 300'000 Mitarbeitern verschiedene Sparten zusammenführt. In unseren Labors arbeiten inzwischen 300 Spezialisten aus verschiedensten Abteilungen gemeinsam an Big-Data-Produkten. Dieses Know-how wollen wir bündeln und Lösungen für Industrieanwendungen anbieten. In Zukunft werden wir komplett hauseigene Produkte für Big Data und irgendwann einmal auch für das Internet-of-Things lancieren. Derzeit bieten wir aber Big-Data- und BI-Systeme mit Geschäftspartnern an, etwa gemeinsam mit SAP.

Ihr Kollege Hicham Abdessamad, EVP, Global Services, Solutions and Support bei HDS, der ja auch am Hitachi Information Forum in Baden auftreten wird, sagte in einem Interview, dass HDS auf globaler Ebene rund die Hälfte mit Services und ­Software erwirtschaftet. Erst danach kommt das klassische Hardware-Business. Wie sieht das Verhältnis in der Schweiz aus?

In der Schweiz ist das Verhältnis vergleichbar. Das Servicegeschäft wächst dabei stärker als unsere anderen Bereiche. Der Software-Stack wird immer grösser. Ein Treiber ist hier die Virtualisierung, was immer mehr Software erfordert. Der zweite Wachstumsbereich ist unser Service- und Support-Angebot für unsere Kunden. Hier möchte ich noch stärker mit HDS wachsen. Unsere Dienste bieten wir je nach Unternehmen direkt oder über Partner im Channel an. Besonders im Servicegeschäft sehen wir weiteres Potenzial für uns und unsere Partner.

Am diesjährigen Hitachi Information Forum, werden Sie sich als Country Manager von HDS Schweiz erstmals einem grossen Publikum präsentieren. Sicher ein Highlight für viele Besucher. Was sind aus Ihrer Sicht die Höhepunkte des aktuellen Forums?

Das Thema Business-defined IT finde ich sehr interessant. Anwender in Unternehmen besitzen heute ein hohes IT-Wissen, ausgelöst durch den Mobile-Trend. Dieser hat zu einer hohen Technik-Affinität auch seitens jener Nutzer geführt, die IT früher eher als notwendiges Werkzeug ansahen. Heute sehen sie, was im privaten Bereich alles möglich ist und wünschen sich diese Einfachheit auch im beruflichen Umfeld. Das fördert das Zusammenwachsen von Business und IT. Dadurch ergeben sich neue Anforderungen an die IT, die wir mit unseren Partnern adressieren können. Besonders freue ich mich deshalb auf die zahlreichen Partner, die das Hitachi Information Forum auch als Bühne für die Präsentation ihrer Produkte und Lösungen nutzen werden.

Seit Februar dieses Jahres ist Also der einzige Distributor von HDS, während andere Anbieter auf eine Zwei-Disti-Strategie setzen. Weshalb?

Wir haben mit Also einen kompetenten Partner, der nicht nur in der gesamten Schweiz, sondern in weiteren elf europäischen Ländern aktiv ist. Also verfügt über exzellentes technisches Know-how, dazu noch über einen entsprechend grossen Kundenstamm und die Erfahrung, neue Kunden mit HDS-Lösungen zu beliefern.

Welche Rolle spielt der Channel für HDS Schweiz?

Unser Channel ist grundsätzlich gut aufgestellt. Wir können aber in der aktuellen Kon­stellation noch mehr im Markt erreichen, ohne dass wir alles über den Haufen werfen. Wir wollen bei HDS Schweiz Lösungen für die Themen Appliances, Content und Services ­anbieten. Daraus ergeben sich hervorragende Möglichkeiten für uns wie für unsere Partner im Channel. Der Channel wird für HDS eine immer wichtigere Rolle spielen, sein Ausbau zählt deshalb zu meinen obersten Prioritäten.

Wie meinen Sie das?

Die Partner im Channel werden wichtiger für HDS. Denn diese bringen das Know-how mit, das es für die komplexen Lösungen, beispielsweise für VMware oder SAP, in Kombination mit unseren Produkten braucht.

Wie hoch ist der Channel-Anteil bei HDS Schweiz?

Die Schweiz ist der drittgrösste Markt für HDS in Europa. Was den Channel-Anteil angeht, so besteht hier noch reichlich weiteres Ausbaupotenzial.

Wie arbeitet HDS mit dem Channel ­zusammen?

Unser Partner-Ökosystem besteht aus zwei Bereichen. Im ersten arbeiten wir mit internationalen und lokalen Systemintegratoren zusammen. Im zweiten Bereich kooperieren wir mit Softwareherstellern wie SAP und Anbietern aus dem Umfeld Independent Software Vendors und Consulting-Firmen.

Was ist aus Ihrer Sicht bei der Zusammenarbeit mit dem Channel besonders wichtig?

Ich arbeite seit 25 Jahren mit Partnern zusammen. Eine wichtige Eigenschaft, die ich kennengelernt habe, ist, dass ein Partner berechenbar sein muss. Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit sind meine Grundwerte. Und diese sind aus meiner Sicht auch äusserst wichtig für den Channel.

Warum?

Reseller sind Unternehmer, und als solche schätzen sie Kontinuität, um ihre geschäftliche Entwicklung planen und für die Zukunft weiterentwickeln zu können. Sie goutieren es nicht unbedingt, wenn sich einmal im Jahr das Channelprogramm ändert. Beim Zusammenspiel mit Partnern kommt uns zugute, dass wir nicht börsenkotiert sind und deshalb langfristig und somit für unsere Partner nachvollziehbar handeln.

Wie sieht der ideale HDS-Channelpartner aus?

Der ideale Partner ist technikaffin, besitzt hohe technische Fertigkeiten und teilt die gleichen Werte wie HDS: Vertrauen, Integrität und Pioniergeist. Diesen Partnern steht das gesamte Portfolio von HDS offen.

In welchem Geschäftsfeld von HDS sehen Sie derzeit die grössten Wachstumschancen für Ihre Partner?

Kunden wollen heute Systeme kaufen statt Hardware-Komponenten. Wir wollen deshalb Infrastruktur-Lösungen aus einer Hand anbieten. Das bedingt Partnerschaften auf Anbieter-Seite, etwa mit Integratoren. Im Bereich Modular-Storage und im Midrange-Umfeld bietet sich noch viel Potenzial. Neben dem Enterprise-Storage und dem Content-Geschäft sind integrierte Systeme sowie Services interessante Themen. Dazu muss man die verschiedenen technischen Ebenen verstehen. Deshalb erwarten wir hohe technische Skills von unseren Partnern.

Wie lautet Ihre persönliche Message an die Partner?

Für mich ist der Channel von strategischer Bedeutung. Ich erhoffe mir von den neuen Themen, die wir angehen wollen, starkes Wachstum, auch in Zusammenarbeit mit dem Channel. Ich bin aber auch sehr zufrieden mit der Arbeit der bisherigen Partner und möchte mich an dieser Stelle für deren Einsatz bedanken. Mit HDS arbeiten Fachhändler mit einem sehr zuverlässigen und zum Channel loyalen Geschäfts­partner zusammen. HDS investiert viel in die Zukunft, folgt einer klaren Strategie und Roadmap, die auch den Partnern helfen wird, ihr zukünftiges Geschäft erfolgreich zu gestalten.

Persönlich

Martin Schnider ist seit Juli 2014 als Country General Manager für die Geschäfte der Hitachi Data Systems AG in der Schweiz zuständig. Schnider ist in Winterthur aufgewachsen und Vater zweier Söhne im Alter von 17 und 21 Jahren. Der 50-jährige Schweizer verfügt über Know-how ­sowohl auf der IT- als auch der Business-Seite. Er hat ein technisches Studium absolviert und hält ein MBA der Strathclyde University in UK.

Seine ersten beruflichen Schritte machte Schnider bei Digital Equipment Corporation (DEC) als System Engineer und später im Bereich Business Partner Sales. Ab 1994 war er bei IBM in verschiedenen Managementpositionen tätig. Unter anderem leitete er den Bereich Unix Servers und den Industriesektor Distribution. 2011 wurde er als Leiter der Systems & Technology Group in die Geschäftsleitung und in den Verwaltungsrat von IBM Schweiz berufen. In seiner Freizeit ist Schnider mit Fa­milie und Freunden sportlich aktiv, im Sommer mit dem Rennrad oder Mountainbike, im Winter auf Langlaufskiern. (Quelle: HDS)

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