Vis-à-vis

"Der IT-Markt ist in einem rasanten Wandel."

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Seit September 2014 ist André Niederberger CEO von Littlebit Technology in der Schweiz. Im Interview spricht er darüber, wie es ihm bisher erging, welche Veränderungen er im Markt beobachtet und was er vom Channel erwartet.

André Niederberger, CEO von Littlebit Technology Schweiz. (Quelle: Netzmedien)
André Niederberger, CEO von Littlebit Technology Schweiz. (Quelle: Netzmedien)

Sie sind jetzt fast ein Jahr CEO von Littlebit Technology in der Schweiz. Wie fühlen Sie sich dabei?

André Niederberger: Sehr gut. Ich schlafe gut, und die Zeit geht extrem schnell vorbei. Es ist so spannend wie am ersten Tag. Aber das war es bei Littlebit für mich immer.

Was hat sich verändert?

Ich stehe vor neuen Herausforderungen. Aber auch das ist nicht neu für mich. Schliesslich übernahm ich die Rolle nicht von einem Tag auf den anderen. Offiziell natürlich schon, aber Patrick Matzinger und ich arbeiteten lange darauf hin. Es war eine fliessende Entwicklung. Jetzt ist die Erwartungshaltung an mich eine andere. Früher führte ich einzelne Bereiche, heute das ganze Schweizer Geschäft von Littlebit.

Sie sagen, Patrick Matzinger habe Sie auf die Rolle vor­bereitet. Wie wirkt sich das auf Sie aus? Was machen Sie anders als er?

Ich habe zwölf Jahre mit Patrick gearbeitet. Deshalb spiegelt sich sicher das eine oder andere von ihm in meinem Führungsstil wider. Ich habe aber den Freiraum, um Neues auszuprobieren. Ich baue auf dem Fundament auf, das Patrick in den letzten 15 Jahren legte, und leite die nächsten Schritte ein. Was gut funktioniert, ziehe ich weiter. An den Stellen, wo es harzt, mache ich Anpassungen und nehme Veränderungen vor.

Was für Veränderungen sind das?

Sie betreffen die Organisation, die Verantwortlichkeiten in den Teams und unsere internen Prozesse. Mein Job ist es, uns für die nächsten Jahre fit zu machen, damit wir weiter wachsen können.

Wie wollen Sie das anstellen?

Es tauchen bei uns immer wieder Ineffizienzen auf, die wir optimieren müssen. Da ich ursprünglich von der Front komme, habe ich einen guten Gesamteindruck, eine Art Vogelperspektive. Ich sehe auf einen Blick, wo etwas nicht rundläuft.

Konkret?

Wir digitalisieren unseren gesamten Workflow. Unterlagen sollen direkt am richtigen Ort ankommen, interne Prozesse sollen noch schneller werden, als sie heute ohnehin schon sind. Ausserdem fördern und fordern wir Mitarbeiter mit Potenzial. Wir stellen uns Fragen wie: Wen brauchen wir in welcher Rolle morgen oder übermorgen? Dementsprechend passten wir unsere Ausbildungsprogramme an. Mitarbeiter dürfen sich wünschen, was sie machen möchten. Wir zwingen sie aber zum Teil auch zu Aus- und Weiterbildungen oder geben ihnen neuen Aufgaben. Nur so können wir weiter wachsen.

Weiter wachsen heisst, dass Littlebit auch letztes Jahr ­gewachsen ist. Wie lief es 2014?

Wir haben unsere Umsatzziele letztes Jahr erreicht. In der Schweiz waren das 160 Millionen Franken und somit rund 14 Prozent mehr als 2013.

Dieses Jahr soll Littlebit als Konzern 300 Millionen Franken Umsatz erwirtschaften, wie Patrick Matzinger in einem ­Interview im April sagte. Woher soll er Umsatz kommen?

Der Hauptanteil wird dieses Jahr noch aus dem Schweizer Geschäft stammen. Aber die Wachstumsmöglichkeiten sind hier natürlich kleiner als in Deutschland. Früher oder später wird uns Deutschland überholen.

Wie stark hat Sie die Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Januar beeinflusst?

Wir mussten das Budget überarbeiten, korrigierten unsere Wachstumsaussichten und passten Preise an. In Euro eingekaufte Lagerware mussten wir zum Teil abwerten. Der erstarkende Dollar steuert inzwischen dagegen. Wir haben einige Hersteller, die zwar in Euro verrechnen, aber in Dollar produzieren. Deshalb mussten wir einige Preise sogar wieder nach oben korrigieren. Vereinzelte Produkte sind jetzt teurer als Anfang Januar.

Was bedeutet das für Ihr Umsatzziel?

Solange noch grössere Posten im Channel sind, die erst noch verkauft werden müssen, bevor wieder Neubestellungen eingehen, ist das Geschäft weniger planbar. Es gibt heute mehr Peaks im Tagesgeschäft als letztes Jahr. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir die 300 Millionen nicht ganz erreichen werden. Aber das Ziel bleibt, auch wenn es vielleicht erst 2016 klappt.

Sie sagen, das Geschäft in Deutschland wird wichtiger. Hilft die Expansion Ihren Schweizer Partnern?

Im Volumengeschäft profitieren die Schweizer Partner von einer besseren Verfügbarkeit, besseren Preisen und einem noch weiter vertieften Marktverständnis. Der Händler profitiert von den Erkenntnissen, die wir in Segmenten in den anderen Ländern sammeln, wo der Markt sich bereits weiter oder anders entwickelt hat.

Wie sieht das im Lösungsgeschäft aus?

Wir erweitern das nach und nach auf die anderen Länder. Wir haben etwa Digital-Signage-Projekte, die über die Landesgrenze hinausgehen. Wir versuchen bei solchen Projekten, unsere Partnernetze in allen Ländern gleichermassen zu involvieren.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Partnern hierzulande?

Es gibt Partner, die in meinen Augen die Zeichen der Zeit erkannt haben. Es findet derzeit ein Wandel statt, der Markt ist in Bewegung. Jene Partner passen sich daran an. Sie machen den Wandel mit und nehmen neue Möglichkeiten wahr. Unter diesen Partnern sind viele, die eine ganz klare Strategie haben, die wissen, wohin sie wollen und wie sie dorthin kommen. Diesen Partnern bieten wir unsere Unterstützung an.

Wie sieht diese Unterstützung aus?

Wir investieren viel Zeit und Ressourcen in die Entwicklung dieser Partner. Mit neuen Dienstleistungen und Service­modulen helfen wir ihnen, ihr Portfolio zu erweitern.

Aber nicht alle Ihre Partner zählen zu diesen Vordenkern?

Es gibt solche, die den Wandel noch nicht erkannt haben. Sie lassen sich treiben oder rennen ihrem sterbenden Business hinterher. Dabei verzetteln sie sich und kommen vom Weg ab.

Helfen Sie Partnern, die auf dem Holzweg sind und sich gern ­umorientieren möchten?

Ja, das machen wir. Wir haben einige sehr interessante Wege für solche Partner. Wir sind zwar noch in der Planungsphase, aber das wird spannend. Und wir müssen uns ja auch bewegen. Genau wie die Fachhändler müssen auch wir die Zeichen der Zeit erkennen und entsprechend handeln. Wir wollen den Wandel aber nicht nur mitmachen, wir wollen ihn mitsteuern.

Wie viele Partner haben Sie in der Schweiz derzeit?

Wir haben heute etwa 1000 Partner schweizweit.

Das ist ja fast schon familiär.

Es passt zu unserer Strategie. Wir haben wenige Lieferanten und ein sehr ausgesuchtes Angebot mit wenigen Herstellern. Wir kommen von der Komponentenseite und sind entsprechend fokussiert. Wir sind kein Broadranger.

Das heisst, Sie sind zufrieden und brauchen keine weiteren Partner?

Unsere Prozesse und Möglichkeiten sind auf 1000 Partner ausgerichtet. Wir können zwar wachsen, aber wir können und wollen nicht morgen 5000 Partner bedienen. Wachstum ist ein Thema und das kann auf Kunden- wie auf Lieferanten- oder Angebotsseite stattfinden. Aber wir werden nie der sein, der in der Schweiz 3000 Händler beliefert. Gegen ein lauteres Grundrauschen haben wir natürlich nichts. Das können wir bewältigen.

Wie sieht der ideale Littlebit-Partner aus?

Der blickt nach vorne und hat eine klare Strategie. Wenn wir über Littlebit sprechen, sprechen wir aber immer auch über unsere Eigenmarke Axxiv. Die Marke bauten wir für den Fachhandel auf. Sie zielt auf das B2B-Geschäft. Dadurch ist praktisch jeder IT-Reseller oder Dienstleiter mit einem Kundenzugang zu KMUs für uns spannend. Je individueller die Bedürfnisse dieser Endkunden im Bereich Storage oder Display-Lösungen sind, desto besser ist so ein Reseller bei uns aufgehoben.

Wieso?

Durch unser weltweites Sourcing, unsere Kompetenzen im Assembling, unsere Flexibilität und unser Netzwerk können wir einzigartige Nischenlösungen anbieten. Das kann nicht jeder. Wir haben die nötige Infrastruktur und das entsprechende Know-how. Das macht uns zu einem spannenden Partner.

Und abseits des Lösungsgeschäfts?

In meinen Augen sind wir auch für Reseller interessant, die sich um Produkte aus den Bereichen Komponenten, Peripherie und externe Festplatten kümmern. Unsere grössten Lieferanten in diesem eher auf Consumer ausgerichteten Umfeld sind Western Digital, Logitech, Samsung, Asus und Devolo. Wir versuchen aber auch, hier in Nischen vorzudringen, um die sich niemand so richtig kümmert.

Die da wären?

Wir gehen diesen Weg etwa mit den Gaming-Notebooks von MSI. Dazu kommen jetzt immer mehr Lifestyle-Produkte. Unser neuester Lieferant ist Soul Electronics. In der Gaming-Sparte können wir das Ganze zusätzlich mit den Produkten unserer anderen Lieferanten ergänzen. Etwa mit den Gaming-Grafikkarten und -Motherboards von Asus oder den Gaming-Produkten von Logitech.

Welchen Stellenwert hat das Assemblierergeschäft noch für Littlebit?

Das ist für uns nach wie vor wichtig. Es gibt nicht mehr viele Assemblierer in der Schweiz. Ausserdem war das Assemblierergeschäft das Herzstück der Firma. Littlebit ist daraus erwachsen und es bleibt ein Teil von uns. Mit Littlebit IT Services haben wir jetzt die Möglichkeit, entsprechende Dienstleistungen um die Hardware herum anzubieten. Das können Onsite-Services und Ersatzteilmanagement sein oder auch Software-Engineering. Wir können auf individuelle Wünsche und lokale Gegebenheiten sehr genau eingehen.

Sehen Sie für Axxiv auch ausserhalb der Schweiz Chancen?

Mit der Marke selbst zielen wir in erster Linie auf lokale KMU-Kunden ab. Im Rahmen unseres Lösungsgeschäfts können wir die Systeme aber durchaus in den DACH-Raum bringen. Ein Kunde, der eine Videowall braucht, will ein funktionierendes Gesamtsystem. Es interessiert ihn nicht unbedingt, welches Gerät die Wall ansteuert. Für den Kunden muss das Service-Level-Agreement für die Gesamtlösung stimmen. Hier sehe ich für Axxiv grosse Chancen auch ausserhalb der Schweiz.

Sie sehen Chancen. Ergreifen Sie die auch?

Es ist ein Thema für uns. Innerhalb der Gruppe ist die Expansion von Axxiv allerdings noch nicht umgesetzt, es wird aber definitiv dazu kommen.

Was gibt es sonst für Neuerungen rund um Axxiv?

Wir überlegen uns derzeit, ob wir ein Axxiv-Tablet einführen. Ein 2-in-1-Gerät wäre auch spannend. Aber wir sind da noch in der Evaluationsphase. Davon abgesehen arbeiten wir derzeit daran, Bestellungen über den Axxiv-Konfigurator innerhalb von 48 Stunden ausliefern zu können. Mittlerweile werden nämlich rund 95 Prozent der Axxiv -Systeme von Fachhändlern über den Konfigurator zusammengestellt. Das heisst wir brauchen keine Lagerhaltung mehr für Fixkonfigurationen, sondern nur noch für Komponenten. Zudem entwickeln wir den Konfigurator derzeit weiter. Er bekommt neue Funktionen und einen neuen Look.

Was für neue Funktionen werden das sein?

Eine automatisierte Shop-in-Shop-Lösung: Fachhändler werden den Konfigurator künftig direkt in ihren eigenen Webshop integrieren können. Die abgeschlossene Bestellung wird dann automatisch an uns übermittelt. Das passiert heute noch manuell.

Ist das neue System eine Eigenentwicklung?

Ja, das machen wir über Littlebit IT Services.

Wann ist der neue Konfigurator fertig?

Zum Ende des dritten Quartals dieses Jahres dürfte es so weit sein.

Ende Mai haben Sie eine Back-up-Cloud lanciert. Was steckt hinter dem Angebot?

Sie nennt sich Svizzard Cloud. Gemeinsam mit Qnap haben wir eine App für die NAS des Herstellers programmiert. Mit der App gibt es eine direkte Anbindung vom NAS zu unserem Rechenzentrum in Root. KMU-Kunden können so ihre geschäftskritischen Daten in einem Schweizer Rechenzentrum sichern. Mit dem Service wollen wir Fachhändlern eine weitere Möglichkeit geben, zusätzlich zur Hardware einen Mehrwert bieten zu können.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Schweizer Channel?

Der IT-Markt ist in einem rasanten Wandel. Produkte bewegen sich immer weiter weg von physischen, stationären Lösungen hin zu virtuellen Services. Ich glaube, die Optimierung bestehender Infrastrukturen sollte deshalb im Vordergrund stehen. Fachhändler sollten sich fragen, was ihre Kunden in Zukunft brauchen. Sie müssen beraten und Return-­on-Investment-Empfehlungen aussprechen. Endkunden brauchen einen starken, lokalen Hardwarepartner respektive Dienstleister. Für diese Partner sind wir ein spannender Lieferant. Wir können sie auf ihrem Weg unterstützen.

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