Wie Unternehmen florieren

"Wie wollen wir denn dieses Jahr wachsen?"

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Wie können Firmen gesund wachsen? Und kann es auch zu viel Wachstum geben? Diese Fragen stellten sich die Teilnehmer an einer Focus-on-Future-Veranstaltung in Baden.

In der geschichtsträchtigen Villa Boveri in Baden referierte gestern Oliver Wegner, Experte für Unternehmenswachstum. Das Thema der Veranstaltung: "Die Wachstumsformel – wie Unternehmen florieren, statt einfach nur grösser zu werden". Durch den Abend führten die Organisatoren Urs Prantl, Geschäftsführer des IT-Beraters KMU Mentor, und Damian Suter, Inhaber der Agentur Captiva.

Am Event zeigte sich, dass Wachstum nicht gleich Wachstum ist. Die Start-up-Szene aus dem Silicon Valley versteht unter Wachstum meist etwas anderes als Jungunternehmen in der Schweiz. Firmen in Kalifornien zielen auf hohe Wachstumsraten mit geringen Grenzkosten ab. Ob dabei ein Gewinn herausspringt, ist erst einmal zweitrangig. Anders in der Schweiz: Unternehmen wachsen hier mit dem Markt und versuchen nicht, für ein schnelles Nutzerwachstum den Umsatz und Gewinn zu opfern.

Was ist gesundes Wachstum?

"Wie wollen wir denn dieses Jahr wachsen?", fragte Referent Wegner in die Runde. Für den Experten gibt es verschiedene Dimensionen des Wachstums, die man in eine Innensicht und eine Aussensicht unterteilen kann. Die Innensicht betrachtet Dinge wie Kompetenzen, Innovationskraft, Firmenkultur, Krankenstand, Mitarbeiterzufriedenheit und Fluktuation. Die Aussensicht legt den Fokus auf Umsätze und Margen, Geschäftsmodelle, Wettbewerber und die Bedürfnisse der Kunden.

Im Idealfall ist ein Unternehmen so aufgestellt, dass beide Bereiche wachsen. Wegner spricht dann von "gesundem Wachstum". Nicht ideal ist es, wenn eine Firma nur gegen innen floriert ("gehemmtes Wachstum"), oder wenn ein Unternehmen nur auf dem Markt aufblüht ("krankes Wachstum"). Ein Beispiel für krankes Wachstum ist Kodak: Der Markt nahm das Unternehmen lange positiv wahr, intern zeichnete sich der kommende Untergang aber schon früh ab. Krankes Wachstum könne zum Beispiel durch einen Wechsel des Geschäftsführers entstehen, erklärte Wegner. Gesundes Wachstum gebe es oft dann, wenn Unternehmer Regeln brechen oder besondere Innovationen hervorbringen.

Lebhafte Diskussion

Gesundes Wachstum sei nicht nur eine Frage der Grösse, betonte Wegner: "Wachstum kann man sich nicht kaufen, man muss es sich erarbeiten." Das Thema stiess bei den rund 35 Teilnehmern auf Anklang. Das Publikum diskutierte mit und es entstand eine lebhafte Diskussion über die Bedeutung und Notwendigkeit von Wachstum. Das war ungewöhnlich. Ob es am familiären Rahmen lag, in der die Focus-on-Future-Veranstaltung stattfand? Oder am schönen Veranstaltungsort in der Villa Boveri? Es passiert nicht oft, dass das Publikum an IT-Events so intensiv mitdiskutiert.

Wegner empfahl der Runde, sich an Vorbildern zu orientieren. Ein weiterer Ratschlag: CEOs sollten in die Mitarbeiter investieren. Das lohne sich immer. Entscheidend sei zudem die Persönlichkeit des Unternehmers. Sie könne das Wachstum einer Firma massiv beschleunigen – oder abrupt bremsen. Führungskräfte seien sich oft nicht bewusst, dass sie das Wachstum auch verlangsamen können. Es brauche viel Grösse, um das zu erkennen und einen Schritt zurückzutreten, sagte Wegner.

Wachstumsgrenzen

An der Diskussionsrunde nahmen Wegner, Thomas Uhlmann von Löwenfels und Mark Waber von Puzzle ITC teil. Diskutiert wurde etwa über Wachstumsschmerzen. Es sei in einer Wachstumsphase oft schwierig, gute Mitarbeiter zu finden, sagte Uhlmann. Löwenfels beschäftige nun rund 40 Mitarbeiter. Der nächste Schritt wäre ein Wachstum auf 60 oder 70 Mitarbeiter, doch das sei nicht einfach. Es bedinge, dass auch Prozesse und Strukturen entsprechend wachsen, sagte Uhlmann.

Auch Puzzle-ITC-CEO Waber musste viel über Wachstum lernen. Sein Unternehmen bestand in der Gründerzeit aus drei Ingenieuren. Man habe aber schnell gemerkt, dass es auch einen BWL-Arm brauche. Auch bei Puzzle ITC seien dem Wachstum aber Grenzen gesetzt, unter anderem bezüglich Gebäude, Infrastruktur und Backoffice. Überall dort, wo Verordnungen und Behörden mitreden, steige zudem der Aufwand für die Administration exponentiell an, sagte Waber.

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