Nachgefragt

"Keiner unserer Mitbewerber kann mit uns mithalten"

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Der CEO von Pure Storage, Scott Dietzen, war am Dienstag in Zürich. Zwischen Meetings mit Partnern und Kunden hatte er eine Stunde Zeit für ein Interview. Dietzen strotzte vor Selbstvertrauen. Er will die Nummer 1 werden.

"EMC und Netapp kommen auf unseren Spielplatz. Aber sie sind zu spät. EMC zwei Jahre und Netapp rund vier Jahre." - Scott Dietzen, CEO von Pure Storage. (Quelle: Netzmedien)
"EMC und Netapp kommen auf unseren Spielplatz. Aber sie sind zu spät. EMC zwei Jahre und Netapp rund vier Jahre." - Scott Dietzen, CEO von Pure Storage. (Quelle: Netzmedien)

Anfang Dezember 2015 hat Pure Storage seine ersten Quartalszahlen veröffentlicht. Grund dafür war der Börsengang im Oktober. Alle an der Börse gelisteten Unternehmen müssen regelmässig ihre Geschäftszahlen offenlegen.

Die Zahlen von Pure Storage waren beeindruckend. Der Umsatz kletterte um 167 Prozent im Jahresvergleich. Von knapp 50 Millionen US-Dollar auf rund 131 Millionen. Gewinn machte das Unternehmen dabei keinen. Im Gegenteil. Pure Storage schloss das dritte Quartal 2015 mit 55 Millionen Dollar operativem Verlust.

CEO Scott Dietzen blendet das aus. Im Gespräch im Hotel Seefeld in Zürich verwies er stattdessen auf die operative Marge. Die habe sich dramatisch verbessert. "Jeder Dollar, den wir ausgaben, generierte 1,70 Dollar Umsatz", sagte Dietzen. Das ändert nichts an den Tatsachen. Pure Storage verliert weiterhin Geld.

Warum?

Dietzen: Wir wachsen schneller als jeder andere Storage-Anbieter, sogar schneller als die ganz grossen der Netzwerkbranche wie Cisco oder Palo Alto Networks. Gleichzeitig verbesserten wir unsere Effizienz.

Was bedeutet das?

Sie müssen investieren, wenn Sie wachsen wollen. Genau das machen wir. Wir investieren in Marketing, in unser Geschäftsfeld, in die Entwicklung. Das funktioniert. Wir wachsen und werden effizienter. Das haben wir unseren Investoren versprochen.

Aber die Preise für Flash sinken derweil immer weiter. Wie will Pure Storage angesichts der sinkenden Preise jemals Profit machen?

Die sinkenden Preise helfen uns. Als wir anfingen kosteten die Consumer-SSDs, die wir verwendeten, viermal so viel wie die schnellen HDDs mit 15'000 Umdrehungen pro Minute. Heute ist das anders. Flash ist billiger als so eine Tier-1-Platte. Ausserdem können wir Daten beinahe um das Sechsfache reduzieren. Mit einer HDD ist das unmöglich. Flash benötigt fünf- bis zehnmal weniger Strom und deutlich weniger Platz im Rack als eine klassische Festplatte. Je günstiger Flash wird, desto schneller kippt der gesamte Markt in Richtung All-Flash. Unsere operativen Margen sind inzwischen besser als die der traditionellen Storage-Anbieter.

Sie vergleichen sich gern mit den anderen im Markt.

Die Zahlen der anderen unabhängigen Anbieter wie etwa EMC oder Netapp sprechen für sich. Ihre Margen sind auf unter 50 Prozent in ihrem Kerngeschäft gesunken. Das ist vielleicht kein historischer Trend, aber es zeigt deutlich, dass die Preise für Flash schneller fallen, als die für HDDs.

Aber es geht doch nicht nur um den Preis.

Um das Beste aus Flash herauszuholen, braucht man sehr hochentwickelte Software. Unsere Entwickler sind extrem talentiert. Sie kommen von Firmen wie Facebook oder Google. Unternehmen wie EMC oder Netapp können solche Entwickler kaum anlocken. Die besten Entwickler der Welt wollen keine 24 Jahre alte Software in 30 Jahre alte Software verwandeln. Das ist einfach nicht interessant.

Glauben Sie nicht, dass die anderen Sie irgendwann einholen?

In der Technologiebranche besiegt David immer Goliath. Wenn man sich einen Vorteil verschafft und das bessere Team auf die Beine stellt, dann kann man seinen Vorsprung über die Zeit ausbauen. Wir haben vier Kernkompetenzen: Software, Hardware, Cloud Automation und unser Evergreen-Geschäftsmodell. Keiner unserer Mitbewerber kann auch nur in einem der vier Bereiche mit uns mithalten. Ganz zu schweigen von der Kombination aller vier.

Könnte der Zusammenschluss von EMC und Dell etwas daran ändern?

Ich glaube EMC entschied sich für den Verkauf an Dell, weil sie ihr Produktportfolio komplett überarbeiten müssen. EMCs Kernprodukte VMax und VNX werden verschwinden. Sie müssen neue Produkte aufbauen, um die beiden zu ersetzen. Das ist sehr sehr schwierig als börsenkotiertes Unternehmen. Und nicht nur EMC hat Probleme. HP spaltete sich auf, Netapps Geschäft schrumpft über alle Bereiche. Wir sind in einem Markt, der sich verändert und die traditionellen Storage-Hersteller zum Handeln zwingt.

Netapp kaufte Solidfire.

Solidfire hatte nie den Erfolg, den Pure Storage heute hat. Wir glauben sie haben nur einen Bruchteil unserer Grösse und wachsen viel langsamer als wir. Das ist kein gutes Rezept für einen langen, unabhängigen Weg. Netapp steht ausserdem vor ein paar fundamentalen Herausforderungen. Nur ein kleiner Teil der Netapp-Kunden hat sich für On-Tap interessiert. Wie EMC spürt Netapp die Nachfrage nach neuer Technologie. EMC und Netapp kommen auf unseren Spielplatz. Aber sie sind zu spät. EMC zwei Jahre und Netapp rund vier Jahre.

Hat Pure Storage in der Vergangenheit Kaufangebote erhalten?

Wir erhielten immer wieder Angebote. Von einigen Hersteller sogar mehrfach. Wir hatten aber nie das Gefühl, dass sich ein Verkauf für uns lohnen würde. Ein Grossteil des Storage, der heute im Einsatz ist, wurde vor mehr als 20 Jahren entwickelt. Er ist langsam, fragil und teuer. Wir wollten all das auf den Kopf stellen. Das ist uns gelungen. Jetzt wollen alle an uns heran. Nach Tesla haben wir die höchste Kundenzufriedenheit in der ganzen Technologiebranche. Wir sind vor Google, vor Apple. Wir glauben wir können die Nummer 1 im Storage-Markt werden und wir glauben, dass wir das als unabhängiges Unternehmen am besten können.

Pure Storage verwendet Consumer-SSDs statt Enterprise-SSDs. Consumer-SSDs sind deutlich günstiger, gelten aber auch als weniger verlässlich. Wie garantiert Pure Storage, dass die genauso lange halten wie Enterprise-SSDs?

Man braucht Enterprise-SSDs nur dann, wenn man keine Software entwickeln will, die Flash als Flash behandelt. Die Software eines HDD-Arrays legt Daten nach einer Änderung exakt an der gleichen Stelle wieder ab, wo sie sie gefunden hat. Es wäre mehr Arbeit, die Daten in dem Array hin und her zu bewegen. Es ergibt sich kein Vorteil daraus. Ein Flash-Array darf man so nicht behandeln. Denn sonst würde man den Flash-Speicher abnutzen. Deshalb muss man die Daten im Array bewegen. Enterprise-SSDs machen das automatisch. Man muss keine spezielle Software für sie entwickeln. Ausserdem haben sie etwa 40 Prozent zusätzlichen Speicher. Als Schutz vor Abnutzung. Deshalb sind sie deutlich teurer. Unsere Software macht genau das, was eine Enterprise-SSD automatisch macht. Deshalb können wir Consumer-Flash nutzen.

Vereinfacht gesagt: Sie nehmen das Gehirn aus der Enterprise-SSD und setzen es Ihrer Software ein?

Genau. So kann man sich das vorstellen.

Wie eng arbeiten Sie mit Server-Herstellern zusammen?

Wir gehen gemeinsam mit Server-Hersteller auf den Markt. Dell wird sich aber künftig wohl eher auf EMC stützen. HP nutzt in erster Linie die eigene Storage-Technologie. Bei Firmen wie Cisco oder Lenovo sehe ich mehr Potenzial. Beide haben kein eigenes Storage-Portfolio. Dass Dell EMC übernimmt hilft uns, mit den anderen Server-Herstellern zusammenzukommen. Sie fühlen sich durch den Deal bedroht.

Was hat Pure Storage zu Hyper-converged Infrastructure zu sagen?

Wir konkurrieren nicht mit Hyper-converged Infrastructure. Betreiber grosser Rechenzentren wollen Rechenleistung und Storage unabhängig von einander aufstocken können. Mit einem Hyper-converged Design ist das nicht möglich. Das obere Ende des Hyper-converged-Marktes ist das untere unseres Marktes, der Markt für Converged Infrastructure.

Wie viel Ihres Geschäfts läuft über den Channel?

100 Prozent. Und etwa 50 Prozent der Bestellungen kommen über den Channel. Das ist einer der Gründe, weshalb wir so schnell wachsen.

Rekrutieren Sie aktiv Partner oder warten Sie, dass sie von sich aus zu Pure Storage kommen?

Wir machen ein bisschen von beidem. Im Augenblick konzentrieren wir uns aber darauf, die Beziehung zu unseren bestehenden Partnern zu vertiefen. Wir schauen aber nach Lücken in unserer Partnerlandschaft. Wir fragen uns, ob es Märkte gibt, die wir noch nicht bedienen.

Wie viele Partner hat Pure Storage?

Wir werben nicht länger mit der Zahl. Aber sind mehrere hundert.

Seit November 2014 ist Pure Storage auf dem Schweizer Markt aktiv. Wie lief es bisher?

Unsere ersten Kunden in der Schweiz waren MDD und die ETH. Beide nutzten Arrays mit klassischen Festplatten. Die ETH wollte komplett auf Flash umsteigen. Alle grossen Hersteller kämpften um den Auftrag. Wir bekamen den Zuschlag. Seither gewannen wir hier in der Schweiz dutzende Kunden.

Wie funktioniert das? Sie gewinnen einen Kunden wie die ETH und holen dann einen Channel-Partner mit ins Boot?

Das Projekt mit der ETH wurde von uns geführt, aber wir haben ihn mit Partnern umgesetzt. Bei solchen grossen Aufträgen übernehmen wir das Ruder. Sobald Partner merken, dass sie mit uns gute Geschäfte machen, bringen sie aber selbständig neue Kunden.

In der Schweiz arbeitet Pure Storage mit den beiden Distributoren Abo-Storage und Zibris zusammen. Warum diese beiden? Warum überhaupt zwei?

Wir wollten in der Schweiz genauso schnell wachsen wie auf unserem Heimatmarkt. Generell suchen wir Distributoren mit grossem technischen Know-how und starken Beziehungen zu ihren bestehenden Partnern. Deshalb entschieden wir uns für Abo-Storage und Zibris. Beide sind auf Storage fokussiert und sehr innovativ.

Sie sind also zufrieden mit den beiden?

Sehr.

Egal wo man hinhört schwirrt einem das Wort Cloud um die Ohren. Alle grossen Hersteller sagen, man müsse in die Cloud. Wer ausser Cloud-Providern braucht künftig noch Storage?

Wir haben viele Kunden, die nicht in der Technologiebranche sind, aber trotzdem eine eigene Cloud aufbauen. Die Barclays Bank etwa oder das US-Verteidungsministerium. Es gibt viele Gründe für eine eigene Cloud. Grundsätzlich ist es ab einer bestimmten Unternehmensgrösse günstiger, eine eigene Cloud aufzubauen als eine zu mieten.

Das spricht nicht gerade für den Schweizer Markt. Es gibt hier sehr viele sehr kleine Unternehmen. Für die lohnt sich eine eigene Cloud vermutlich weniger.

Ich denke es ist gut, sich zu fragen: Wann sollten wir die Public Cloud nutzen? Wann nicht? Für kleinere Unternehmen lohnt es sich, in der Cloud zu beginnen. Es ist ein sehr einfacher und günstiger Weg, etwas aufzubauen und sein System zu skalieren. Erreicht man einen gewissen Grad an Erfolg, kann man aus der Cloud ausziehen. Für viele der Web-2.0-Firmen in den USA hat das gut funktioniert.

Wie sehen Ihre Pläne für 2016 aus?

Wir wollen das am schnellsten wachsende Unternehmen im Markt bleiben. Wir wollen am Markt für Tier-1-Storage gewinnen. Im März halten wir unseren Anwender-Event in Kalifornien ab. Da werden wir neue Produkte zeigen, mit denen wir den Markt dieses Jahr erschüttern wollen. Wir wollen mehr Kunden gewinnen, unser Team vergrössern und die Beziehungen zu unseren Partnern vertiefen. 

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