Kommentar

Welcome back, Nokia!

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Vor wenigen Jahren war Nokia der unbestrittene Marktführer im Geschäft mit Mobiltelefonen. Doch dann folgte eine rasante Talfahrt. Mit den neuen Lumia-Smartphones auf Basis von Windows Phone 8 könnte der einstige Platzhirsch wieder erstarken - ein Kommentar.

Nokia-CEO Stephen Elop im Gespräch mit "The Verge", in der Hand das neue Lumia 920. (Quelle: Screenshot Youtube, www.youtube.com/watch? v=NmQuBzHjU8s)
Nokia-CEO Stephen Elop im Gespräch mit "The Verge", in der Hand das neue Lumia 920. (Quelle: Screenshot Youtube, www.youtube.com/watch? v=NmQuBzHjU8s)

1998 war es soweit: Nokia überholte Motorola und wurde zum grössten Hersteller von Mobiltelefonen weltweit. Diesen Status behaupteten die Finnen über zehn Jahre lang. In einigen davon machte Nokia mehr Umsatz als der zweit- und drittstärkste Konkurrent zusammen. Auch die Anleger standen geschlossen hinter dem Unternehmen. Kaum einer hielt es für möglich, dass die Nokia-Aktie bereits im Mai 2000 ihr Allzeithoch erreichen sollte. Was danach folgte, war der Absturz einer der bedeutendsten Tech-Giganten, den die Branche je gesehen hat.

Im Juni 2006 trat Jorma Ollila, bei Nokia gleichbedeutend mit Erfolg, nach über dreizehnjähriger Tätigkeit als CEO ab. Im gleichen Jahr legte Nokia seine Netzwerksparte mit Siemens zusammen. Das Geschäft floppte und Nokia sucht dafür bis heute einen Käufer - vergeblich.

Apple produzierte Smartphones, Nokia bloss Handys

Nokia konnte zwar weiter solide Zahlen vorweisen. Doch das Vertrauen der Märkte schwand. 2007 kam der nächste Tiefschlag: Apple lancierte das iPhone - spätestens jetzt war Nokia nicht mehr hip, das innovative Image weg. Apple produzierte Smartphones, Nokia bloss Handys. Google legte mit Android nach, und der einstige Platzhirsch verlor den Anschluss: Im ersten Quartal 2011 verkaufte Nokia 108,5 Millionen Handys, ein Jahr später noch 83 Millionen. Im wichtigen Markt China brach der Absatz gar um 62 Prozent ein.

Heute kann der Konzern von Glück reden, dass die Vision von Ex-CEO Ollila, alle Sparten ausser der Telekommunikation abzustossen, nicht konsequent verwirklicht wurde. Denn gerade hier produzierte Nokia in den vergangen Jahren mit seinen Betriebssystemen Symbian, Maemo und Meego an den neuen Bedürfnissen des Massenmarkts vorbei. CEO Olli-Pekka Kallasvuo verlor so das Vertrauen des Aufsichtsrats und wurde 2010 durch Microsoft-Manager Stephen Elop ersetzt.

Microsoft als Retter?

Elop kam, sah und rügte. Die Entwicklungsabteilung arbeite zu langsam, schrieb er in einem E-Mail an seine Mitarbeiter, und nur ein radikaler Schritt könne den Konzern noch retten. Nokia sei eine glühende Ölplattform - entweder man springe gemeinsam ins kalte Wasser oder man verbrenne. Und dann sprang er: Gerade mal fünf Monate nach Antritt verkündete Elop eine Partnerschaft mit seinem Ex-Arbeitgeber Microsoft. Die Smartphone-Sparte wurde vom Bereich der Feature-Handys abgetrennt und Nokia setzte von nun an auf Microsofts Mobile-Betriebssystem "Windows Phone".

Mit der Nähe zu Microsoft mag Nokia zwar Symbian-Fans und einen Teil seiner Eigenständigkeit verloren haben. Doch die Kooperation bringt auch Vorteile. Kein anderes Unternehmen ist näher an der Entwicklung von Windows Phone beteiligt und mit Partner Microsoft könnte es Nokia gar gelingen, endlich auch im US-Markt Fuss zu fassen.

Dazu kommt, dass Nokia dank Microsofts Patentabkommen mit Apple vor Milliardenstrafen à la Samsung verschont bleiben dürfte. Und, wichtig: Nokia ist wieder cool. Dies legen zumindest die unzähligen positiven Kommentare auf Tech-Blogs und Twitter in den ersten Stunden nach der Ankündigung der neuen Lumia-Smartphones nahe.

Der Konsument profitiert

Von Nokias Auferstehung zu sprechen, wäre aber verfrüht. In diesen Minuten verkündet Google-Aufsichtsratschef Eric Schmidt an einer Veranstaltung von Motorola, dass der Konkurrent jeden Tag 1,3 Millionen Geräte auf Android-Basis aktiviere. Und Apple könnte seinen laut IDC zuletzt rückläufigen Anteil am weltweiten Smartphone-Markt (16,9 Prozent) mit dem iPhone 5 wieder vergrössern. Die Anleger sind zudem skeptisch: Der Aktienkurs von Nokia brach während der Präsentation ein und einen Veröffentlichungstermin für seine neuen Lumia-Geräte konnten die Finnen auch nicht nennen.

Trotzdem: Stephen Elop scheint es geschafft zu haben, die Wahrnehmung von Nokia wieder ins Positive zu wandeln. Ob sich dies auch in steigende Umsatzzahlen ummünzt, muss sich erst noch weisen. In einem Markt, der mit den beiden Rivalen Apple und Samsung auf ein Duopol zusteuert, wäre eine Wiedererstarkung von Nokia aber auf jeden Fall zu begrüssen. Profitieren sollte davon nämlich vor allem auch der Konsument - und somit wir alle.

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