Marktbericht

Trendsetter mit eigenen Gesetzen

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von In Kooperation mit Invidis Consulting

Von wegen klein: Geht es um Digital Signage, ist die Schweiz gross. Ihr Markt steht in der DACH-Region an zweiter Stelle. Und die Nachfrage ist rege.

Das Team von Invidis Consulting (v.l.): Daniel Russell, Thomas Kletschke, Theresa Amann, Oliver Schwede, Jörg Sailer, Christine Koller und Florian Rotberg. (Quelle: Invidis)
Das Team von Invidis Consulting (v.l.): Daniel Russell, Thomas Kletschke, Theresa Amann, Oliver Schwede, Jörg Sailer, Christine Koller und Florian Rotberg. (Quelle: Invidis)

Seit jeher ist die Schweiz sehr technologie­affin. Das betrifft auch den Digital-Signage-­Markt. Mit insgesamt 15 Prozent Anteil am DACH-Volumen ist das kleine Land relativ gesehen sehr gross. Und die Entwicklung hält an. Denn mit 20 Prozent Wachstum gilt die Schweiz als der dynamischste der drei Teilmärkte.

Hatte das Jahr 2013 zahlreiche kleine und mittelgrosse Projekte sowie Piloten gesehen – kleinere Retail-Ketten und mittelständische Filialisten waren die Auftraggeber – kam es 2014 vermehrt zu Rollouts mittlerer und grösserer Projekte. Deren Planungen waren zumeist im Vorjahr bereits angelaufen.

Nationale Player dominieren

Profitiert haben in diesen Fällen in erster Linie die originär Schweizer Anbieter. Beispielsweise wurde im ersten Halbjahr 2014 das mit 900 Standorten grösste Retail-Netz der Schweiz aufgebaut, das sich in den «k kiosken» von ­Valora befindet. Damit hat die PoS-Werbung für Tabakwaren eine neue, zeitgemässe Plattform. Als Generalunternehmer konnte Screenfoodnet profitieren.

Übersichtlich ist der Softwaremarkt in der Schweiz: Wenige Anbieter teilen ihn sich auf. Als nationaler Champion ist Screenfoodnet der Top-Anbieter. Mit Navori gibt es ein zweites wichtiges Unternehmen, das in der Schweiz sitzt und international von Bedeutung ist – hier vor allem in Asien und in der MENA-Region.

Auch bei den Distributoren setzen die Schweizer auf Unternehmen aus dem eigenen Land. Mobilepro und Littlebit sind hier die beiden Schwergewichte. Mit Mobile­pro hat allerdings auch Österreichs wichtigster Distributor Omega/Panatronic einen Fuss in der Tür, weil Mobilepro zur Omega-Gruppe gehört.

Die Integratorenlandschaft ist wiederum fest in eidgenössischer Hand: JLS Digital, Invertag und Habegger sind die Top 3. Während JLS als klassischer Full-Service-Integrator vor allem in den vertikalen Märkten Retail und Banking unterwegs ist, ist Invertag im Transportbereich aktiv, besonders bei den SBB in den Zügen sowie an den Bahnhöfen. Habegger ist traditionell im Eventgeschäft gut vertreten. Viele stationäre Projekte einschliesslich Leuchtturmprojekte wie die Ausstattung des Hallenstadions in Zürich gehören dazu.

Vertikale Märkte: unterschiedliche ­Impulse

Das Geschäft hat sich allgemein gut entwickelt. Beispiel Retail: Im Handel, der schon über eine Vielzahl von klassischen DS-Installationen verfügt, wurden 2014 und 2015 erste Pilotierungen mit Beacons vorgenommen. Ein Zeichen dafür, dass Multi-Channel die Digitalisierung vorantreibt. Damit ist der Detailhandel, der mit 7 Prozent einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Schweiz ist, offen für weitere Multi-Channel-Innovationen. Der Einzelhandel profitiert hier von der allgemein hohen Technologieaffinität der Schweizer Bevölkerung.

Cross-Channel-Angebote im Bereich Food etwa gehen weg wie geschnitten Brot: Bereits 2013 bestellten die Schweizer Lebensmittel im Wert von 740 Millionen Franken direkt im Internet – laut GfK-Erhebungen deutlich mehr als in anderen Ländern. Schweizer Lebensmittelhändler verknüpfen deshalb früher als die LEH-Kollegen in Deutschland die Online- und Offlinewelt. Bei den Onlinetöchtern der Handelsketten Coop und Migros können Kunden seit einiger Zeit entscheiden, ob ihre Onlinebestellung direkt nach Hause oder an spezielle Abholstationen an Bahnhöfen oder in der Nähe von Autobahnen geliefert wird. Wichtig ist allerdings – nicht nur im Lebensmittelhandel –, dass der Kunde die für ihn relevanten Informationen in jedem beliebigen Kanal komplett und ohne Abstriche erhält und hierdurch einen Anbieter als die beste Wahl für seinen Einkauf wahrnimmt.

Auch Digital Signage an Tankstellen – in Deutschland kein Boom-Geschäft – ist in der Schweiz nach wie vor gefragt. Hier existieren diverse Forecourt-Netze, die aktiv gepflegt, modernisiert und ausgebaut werden. Mit ­Coop Pronto pilotierte 2015 ein Tankstellennetz auch Screens in Schaufenstern. Die Digitalisierung im öffentlichen Nahverkehr gab der Branche ebenfalls weitere Impulse. Weniger dynamisch verlief die Entwicklung im Sektor Retail Banking. Hier gibt es traditionell eine hohe DS-Penetration. Aktuell liegt der Fokus bei Banken auf Multi-Channel-Projekten, sodass sich hieraus mittelfristig wieder mehr Bewegung ergeben kann.

Ein weiterer Trend, den es in dieser Ausprägung aktuell nur in der Schweiz gibt: Digital Signage in Education-Anwendungen. Hardwarehersteller, und besonders Vertreter der Displayindustrie, berichten übereinstimmend von mehr Projekten in diesem Bereich.

Schweizer in Deutschland, Deutsche in der Schweiz

In Deutschland sind Schweizer Branchenunternehmen tendenziell selten unterwegs. Wenn, dann oft mit eigenen Töchtern, die auf Euro-Basis arbeiten können. Doch trotz Franken-Stärke gibt es einen Austausch: Navori etwa hat 2014 seine Bemühungen verstärkt und wird von einigen deutschen Händlern beziehungsweise Integratoren genutzt. Auch Spinetix hat sich in Deutschland als Lösungsanbieter etabliert. Hier ist es die Kombination aus Player und Software, die erfolgreich auch ausserhalb der Schweiz vertrieben wird.

Und umgekehrt? Seit Ende 2013 hat die Schweizer Marke Victorinox ihren weltweiten Flagship- und Brandstores mit Digital Signage und LED Signage eine Neuausstattung spendiert. Hier konnte etwa Netvico aus Deutschland punkten – bei Umsetzungen in der Schweiz, Deutschland und China.

Besonders wichtig sind die grenz- (und währungsraum-)überschreitenden Geschäfte im Bereich Hardware. Das dürfte künftig so bleiben. Denn der Wechselkurs des Schweizer Franken zum Euro macht Cross Border Selling interessant. Es rentiert sich immer mehr, Hardware wie hochwertige Ultra-HD-Screens oder grössere Mengen von Large-Format-­Displays im Euro-Raum einzukaufen, trotz aufwendiger Zollformalitäten. Statistisch sind diese Cross-Border-Deals schwer zu erfassen. Dennoch berichtet der Markt häufiger von ­ihnen.

Unter den drei DACH-Ländern gilt die Schweiz nach wie vor als das Land, in dem durch alle Branchen sehr viele Unternehmen von Digital Signage überzeugt sind. Bei neuen Technologietrends können die Eidgenossen zudem aufgrund schneller, kompletter, landesweiter Rollouts den Vorsprung wahren. Um allgemein als Motor für DACH zu gelten, ist der Markt zu klein und zu speziell. Aber Trendsetter ist die Schweiz ohne Zweifel auch weiterhin.

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