Provisorische Lösung

Swisscom und Netflix beheben Streaming-Problem

Uhr | Updated

Nachdem es bei Swisscom zu Streaming-Problemen mit Netflix-Inhalten kam, haben die beiden Unternehmen nun eine Lösung gefunden. Dennoch bleiben offene Fragen.

(Quelle: Netzmedien-Archiv)
(Quelle: Netzmedien-Archiv)

Der Netflix-Empfang ist für Swisscom-Kunden wieder geregelt. Wie Watson berichtet, haben die beiden Unternehmen für die Streaming-Probleme eine provisorische Lösung gefunden. Swisscom soll die Netflix-Inhalte nun direkt vom Anbieter selbst einspeisen.

Seit einigen Tagen empfingen Swisscom-Kunden die Inhalte des Streaming-Anbieters Netflix mit Unterbrechungen oder auch gar nicht mehr, wie SRF berichtet. Wegen den Übertragungsproblemen beschuldigen sich die beiden Unternehmen gegenseitig.

Probleme wegen neuer Streaming-Partner

Wie die NZZ berichtete, sieht Swisscom die mangelhafte Übertragung in den neuen Streaming-Partnern von Netflix begründet. Ursprünglich führte das Unternehmen sein Signal über das direkte Peering der Deutschen Telekom ins Swisscom-Netz.

Dies habe reibungslos funktioniert. Dennoch habe Netflix ab August 2015 begonnen, auf sogenannte Transit-Partner umzusteigen. Etwa auf Cogent, der "branchenintern für überbuchte Kapazitäten bekannt" ist, wie Swisscom gegenüber der NZZ mitteilt.

Kunden von UPC Cablecom hatten ähnliche Probleme, die der Telko aber behob – mit einem direkten Transfer der Netflix-Streams ins Cablecom-Netz, wie die NZZ schreibt. Auch Sunrise, Quickline und andere Netzanbieter beziehen die Streaming-Daten direkt via Peering von Netflix.

Eine entsprechende Lösung strebte auch Swisscom an. Doch wie Swisscom-Sprecher Armin Schädeli gegenüber Watson mitteilt, kamen die Verhandlungen wegen kommerzieller Differenzen zu keinem Ergebnis.

Schädeli dementiert den Verdacht einiger User, Swisscom selbst würde einen reibungslosen Zugang zu den Netflix-Inhalten verhindern. Bereits letzten Frühling leitete die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) Untersuchungen ein, um herauszufinden, ob Internetanbieter fremde Streaming-Inhalte drosseln, um die eigenen Angebote attraktiver zu machen.

Machtkampf auf Kosten der Nutzer

Computerworld nennt hingegen andere Gründe, weshalb die Bandbreite gerade bei Swisscom – dem grössten Schweizer Telko – für Netflix-Inhalte nicht ausreiche. Wie das Portal berichtet, könnte Swisscom problemlos für einen besseren Netflix-Empfang sorgen.

Swisscom könne Cache-Server in ihren Rechenzentren aufstellen und hätte so eine direkte Verbindung zu Netflix. Der Telko entscheide sich aber bewusst gegen diese Lösung, heisst es weiter. Das Unternehmen beharre auf dem Standpunkt, dass die Kosten für das Betreiben der Server viel teurer wären als die Bereitstellung. Der wahre Grund sei allerdings Profitgier, schreibt Computerworld. Swisscom wolle nicht, dass ein Content-Provider Bedingungen diktieren könne.

Bei Verhandlungen zu Netzverbindungen beharre Swisscom auf das sogenannte 2:1-Verhältnis. Dieses besagt, dass ein Peering bei Swisscom für den Anbieter nur dann kostenlos bleibt, wenn er weniger als die doppelte Anzahl an Daten liefert als er erhält. Für OTT-Anbieter wie Netflix, Zattoo und andere sei dies aber nicht realistisch, schreibt Computerworld. Der Endkunde würde mehr Daten konsumieren als senden, heisst es weiter.

Keine genauen Angaben

Mit der nun gemeinsam gefundenen Lösung soll Swisscom die Netflix-Daten nun trotzdem direkt per Peering ins eigene Netz leiten. Fredy Künzler, Gründer und CEO des Internetproviders Init7, zeigte gegenüber Computerworld die Routingtabelle, die eine direkte Verbindung zwischen Swisscom und Netflix bestätigt.

Dass Netflix eingeknickt sei und für die direkte Verbindung zu Swisscom trotzdem bezahle, sei allerdings nicht richtig. Künzler habe dies "aus erster Hand" erfahren, wie er in einem Tweet mitteilt. Gemäss Watson hat dies zur Folge, dass Swisscom weiterhin schlechte Publicity in Kauf nehmen müsste oder Netflix seine Inhalte kostenlos einspeisen könnte.

Gegenüber der Redaktion machte Swisscom keine genauen Angaben zur Lösung und den Vertragskonditionen mit Netflix. "Swisscom und Netflix haben über die Art der getroffenen Lösung sowie die Bedingungen Stillschweigen vereinbart, da diese Bestandteil von laufenden Verhandlungen sind und damit der Geheimhaltung unterliegen", sagt Swisscom-Sprecher Armin Schädeli. "Wann die Verhandlungen abgeschlossen sind, lässt sich nicht abschätzen. Unsere Peering-Politik gilt nach wie vor, da hat sich nichts verändert."

Sollte das ausgehandelte Peering für Netflix kostenlos sein, könnte dies grosse Auswirkungen für den Schweizer Telko haben. Andere Provider würden in diesem Fall ebenfalls auf eine Gratis-Anbindung bestehen. Swisscom behandle Netflix aber wie jeden anderen Anbieter auch, teilte Schädeli gegenüber Watson mit.

Die neue Lösung soll nun auch grösseren Datenübertragungen standhalten. Etwa aufkommenden Ultra-HD-Streams. "Was Ultra HD angeht, so sind wir wie auch Netflix überzeugt, dass die jetzige Lösung über genügend Kapazität verfügt", teilt Schädeli gegenüber der Redaktion mit. Ultra HD werde es aber nicht nur bei Netflix geben, sondern auch bei Swisscom, schreibt der Telko. "Deshalb bauen wir unsere Kapazitäten im eigenen Netz kontinuierlich aus und investieren allein in diesem Jahr mehr als 1,7 Milliarden Franken in den Ausbau der IT- und Netzinfrastruktur in der Schweiz."

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