SAS IoT Forum

Es braucht Beispiele für das Potenzial des IoT

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Der Spezialist für Datenmanagement SAS hat in Zürich einen Event zum Internet der Dinge abgehalten. Referenten zeigten, wie das Potenzial des IoT genutzt werden kann. Es braucht vor allem Beispiele, um Firmen Möglichkeiten aufzuzeigen.

Am 1. März hat SAS zu seinem "IoT Forum 2017" ins Baur au Lac in Zürich geladen. Der Datenspezialist lud namhafte Referenten von Swisscom, Roland Berger und der Hochschule St. Gallen ein, um über die Potenziale und Gefahren des Internets der Dinge (IoT) zu informieren.

Den Anfang machte Björn Bloching. Er ist Senior Partner bei Roland Berger Strategy Consultants. Bloching sprach über die Digitalisierung. Sein Vortrag hatte den nach eigenen Angaben typischen Beratertitel: "Digitalisierung: Jahrhundertchance oder Riesengefahr?" Bei ihm überwogen jedoch die Gefahren. Durch die Digitalisierung wandle sich nicht nur die Kundenbasis, sondern es veränderten sich auch die "Assets", also die Besitzverhältnisse, sagte er.

Dies bezog Bloching insbesondere auf die Daten. Sogenannte Intermediäre wie Amazon, Check24 oder auch Booking.ch würden die Schnittstelle zwischen Kunden und Herstellern blockieren. Dadurch werde der Zugang zu Daten für den Hersteller unterbrochen, was eine grosse Gefahr sei. Denn die Intermediäre kennen die Kunden deutlich besser als die Hersteller. Bald könnte etwa eine Software entscheiden, welche Produkte am besten zu einem Kunden passten. Dadurch sinke die Bedeutung der Marke, und diese werde im Prinzip austauschbar. Gleichzeitig erhöhe sich die Transparenz für die Kunden. Die Hersteller haben lange Jahre "sehr gut von der Intransparenz gelebt", wie Bloching sagte, dies werde sich aber ändern.

Deutsche und auch Schweizer Firmen hätten diese Gefahr noch nicht erkannt. Sie würden sich zu stark auf die Verbesserung der Produkte konzentrieren, ohne dabei die Bedürfnisse der Kunden wirklich im Blick zu behalten. Die "Ingenieursdenke" und das "Streben nach Perfektion" stünden den Unternehmen beim Wandel im Weg.

Heutige Spitzenprodukte könnten irgendwann zu austauschbaren Produkten werden, sagte Bloching. Dadurch bestehe die Gefahr, dass das auf Wachstum ausgerichtete Geschäftsmodell obsolet werden könnte. "Die grösste Gefahr ist, das wir uns nicht vorstellen können, dass es für unsere Region nicht immer nur ein Vorwärts, sondern auch ein Rückwärts geben kann", warnt er. Europa müsste schneller und experimentierfreudiger werden, um den Herausforderungen gerecht werden zu können.

Vernetzte Wärmepumpen

Im Anschluss zeigte Ralf Günthner, Head of Industrial IoT & Industry 4.0 Swisscom, am Beispiel der Schweizer Firma Walter Meier, wie ein zukunftsfähiges IoT-Geschäftsmodell aussehen könnte. Walter Meier handelt mit fossilen Heizungen und zunehmend auch mit Wärmepumpen.

Zusammen mit Swisscom baute Walter Meier auf Basis der Swisscom-IoT-Plattform eine neue IoT-Anwendung. Alle neuen Wärmepumpen stattete Walter Meier mit einer SIM-Karte aus, um die Daten der Sensoren somit in Echtzeit analysieren zu können. Der Techniker müsse bei der Installation nur noch ein LAN-Kabel einstecken und schon würden die 35 Sensordaten übertragen. Damit liesse sich die Wartung der Wärmepumpen optimieren, sagte Günthner.

Mit dem neuen Service "Smart Guard" garantiere Walter Meier einen Schutz vor Ausfallzeiten und eine automatische Regelung der Anlage nach Kundenwünschen. So werde die Anlage etwa bei Abwesenheit in den Ferien heruntergefahren. Auch überwache Walter Meier die Anlagen kontinuierlich, und bei Fehlfunktionen werde ein Alarm ausgelöst. Wenn die Fernwartung nicht funktioniere, werde ein Techniker losgeschickt. Mit den Sensordaten könnte sich dieser auch genauer auf die Störung vorbereiten und die entsprechenden Werkzeuge einpacken, erklärte Günthner weiter.

Es braucht mehr Beispiele

Momentan nutze Walter Meier aber noch nicht alle Daten vollständig, schränkte Günthner ein. Bisher fokussiere sich das Unternehmen auf das Kerngeschäft, die Wartung. Mit den Daten liessen sich aber auch neue Arten von Services entwickeln, etwa indem die Angaben zu den Umgebungstemperaturen von vielen Wärmepumpen zusammengeführt würden.

In einem Gespräch sagte Günthner, dass viele Firmen noch nicht wüssten, wie sie mit all diesen Daten umgehen sollten. Firmen seien oft noch nicht so weit, die Möglichkeiten zu erkennen. Das operative Geschäft stehe für Entscheidungsträger im Fokus. In Workshops versuche Swisscom, weitere Felder aufzuzeigen, dies sei aber schwierig, sagte Günthner. Es brauche noch Zeit, bis die Firmen weitere Anwendungsgebiete mit den Daten ausserhalb des Kerngeschäfts auch nutzen würden. Vor allem brauche es Beispiele von Firmen, die schon so arbeiteten, fügte Günthner an. Viele Kunden sprächen aber nicht gerne über diese Projekte, was er bedaure.

Favela oder Reissbrett

Robert Winter, Professor am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen, zeigte, wie die Unternehmenskultur auf die Digitalisierung reagieren muss. Er veranschaulichte dies am Beispiel der Stadtstruktur von São Paulo in Brasilien. Im Kern habe die Stadt eine gut geplante, reissbrettförmige Struktur. Die Funktion der Strassen und Gebäude seien hier genau definiert. Dieses Zentrum ist umgeben von einer ausufernden Favela. Das Gebiet wurde wenig geplant, und die Wohnungen sind nach dem Zweckmässigkeitsprinzip und auch nur für eine kurze Zeit gebaut, wie Winter erklärte.

Ähnliche Strukturen fänden sich in Unternehmen und Unternehmensprozessen. Gut geplante Kernprozesse, wie etwa ERP-Systeme, die funktionieren müssten, stünden im Zentrum. Um dieses herum sammeln sich immer stärker agile Prozesse an, die schnelles Agieren ermöglichen, wie Winter sagte. Ähnlich wie die Favelas entstünden diese rasch, und sie seien auch nur für eine kurze Zeit gedacht.

In vielen Unternehmen existierten beide Welten in verschiedenen Zwischenformen nebeneinander. Die ideale Form für ein Projekt zu finden, sei nicht immer einfach. Das Verhältnis zwischen diesen Welten zu bestimmen, ist aber kein IT-Aufgabe, wie Winter betonte. Die IT müsse dies nur ermöglichen. Eines der Kernprobleme sei es, herauszufinden, wer eigentlich zuständig sei. In vielen Unternehmen sei es die Aufgabe des Chief Digital Officer (CDO), sagte Winter.

Winter sieht den CDO jedoch eher als ein "Übergangsphänomen". Der CDO werde nur für die Zeit gebraucht, in der die Digitalisierung durchgeführt werde. Winter verglich die Situation mit der vor 100 Jahren. Damals habe es in Grossbritannien einen "Chief Electrification Officer" gegeben. Dessen Rolle sei nach der vollständigen Elektrifizierung überflüssig geworden. Ein ähnliches Schicksal könnte den CDOs bevorstehen, wenn die Digitalisierung erst einmal überall ungesetzt worden sei.

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