Kolumne

Wer Digitalisierung sagt, muss Cloud können

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von Heinz Dill, Beirat Eurocloud Swiss

Das neue Schlagwort ist nicht mehr Cloud, sondern Digitalisierung. Dass diese beiden besonders im KMU-Umfeld untrennbar miteinander verbunden sind, wissen die wenigsten. Leider auch die wenigsten ICT-Anbieter.

Heinz Dill, Beirat Eurocloud Swiss
Heinz Dill, Beirat Eurocloud Swiss

Digitalisierung ist ein Begriff, der mittlerweile regelmäs­sig in der Tages- und Wirtschaftspresse zu finden ist und damit zu unser aller Alltag gehört. Besonders freuen können sich darüber die ICT-Anbieter. Denn sie sind am Puls der technologischen Entwicklungen, haben die Digitalisierung schon frühzeitig kommen sehen und sich entsprechend darauf vorbereitet. Sollte man meinen. Die Realität sieht leider anders aus.

Aber beginnen wir von vorn. In der Schweiz sind 99 Prozent der Unternehmen KMUs und diese stellen zwei Drittel der Arbeitsplätze. Sie alle werden sich besser früher als später mit der Digitalisierung auseinandersetzen müssen. Dazu brauchen sie Experten. Denn ein Unternehmen digital auszurichten, ist kein Zuckerschlecken. Das wissen wir alle. Theoretisch.

Macht endlich eure Hausaufgaben!

Digitalisierung für ein KMU bedeutet in den meisten Fällen: Cloud. Denn nur mit Cloud-Services kann sich ein KMU in seinen ICT-Prozessen die Flexibilität und Skalierbarkeit leisten, die notwendig ist. Eine solche Infrastruktur eigens aufzubauen ist ein finanzielles Unding und damit Unsinn. Weil dem so ist, brauchen wir umso mehr Cloud-Kompetenz aufseiten der Anbieter. Wir brauchen Cloud-Anbieter, die all die KMUs kompetent auf dem Weg zu ihrem persönlichen, digitalen Geschäftsmodell begleiten können. Damit sie dies tun können, müssen sie aber zuerst selbst ihre Hausaufgaben gemacht haben. Und hier stelle ich fest: Das haben die wenigsten.

Seit nunmehr 16 Jahren setze ich mich mit Cloud-Geschäftsmodellen auseinander. Einen Grossteil dieser Zeit habe ich bei IBM verbracht und dort beratend für deren Partner gewirkt. Dabei musste ich immer wieder feststellen, dass sich viele ICT-Anbieter mit ihrer eigenen Bequemlichkeit im Weg stehen, nicht konnten oder gewillt sind zu investieren. Sie leben lieber von der Hand in den Mund, als rechtzeitig zukunftsträchtige Geschäftsmodelle aufzubauen. Frei nach dem Motto: «Wir machen dann schon, wenn die Kunden das wollen.»

Bitte mehr Sein als Schein!

Dass sich das nicht auszahlt, habe ich erst kürzlich wieder im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts erlebt. Ein Unternehmen mit 70 Mitarbeitern an drei Standorten, tätig im Bereich Gebäudetechnik, entschied sich, die Digitalisierung proaktiv anzugehen. Der Geschäftsführer ist innovativ und war bereit, wenn nötig den ganzen Laden umzukrempeln. Ein Idealfall also. Zusammen erarbeiteten wir die digitale Strategie der Firma und entschieden uns, cloudbasierte Lösungen für die Kommunika­tion, die gesamten Geschäftsprozesse inklusive neuer Endgeräte einzuführen. Auf dieser Grundlage wurde das Projekt ausgeschrieben und der Partner gewählt.

In der Umsetzung zeigte sich dann aber leider schnell: Cloud «sagen» konnte der Anbieter gut, «machen» hingegen noch lange nicht. Das Cloud-Modell wurde wohl von der Geschäftsleitung gut verkauft, sonst hätten wir uns ja gar nicht erst für diesen Anbieter entschieden.

Von den Mitarbeitern gedacht und umgesetzt wurde aber nach wie vor ein klassisches Geschäftsmodell. Dass der Kunde letztlich doch noch erhielt, was ihm versprochen wurde, verdanken wir hartnäckigem Insistieren und Verhandeln. Das Vertrauen des Kunden in den Partner ist allerdings irreparabel zerstört.

Schaden für die gesamte Wirtschaft

Learning by Doing auf Kosten des Kunden lohnt sich nicht. Anbieter schneiden sich mit dieser Einstellung nicht nur ins eigene Fleisch, sondern schaden damit letztlich auch der gesamten Wirtschaft. Und dabei ist es gerade im Zeitalter des digitalen Wandels unabdingbar, dass wir unsere Kompetenz unter Beweis stellen und uns damit das Vertrauen unserer Kunden sichern. Für deren und unseren eigenen Erfolg.

Eurocloud Swiss

Eurocloud Swiss ist eine Interessengruppe des ICT-Anbieterverbands Swico und bezweckt die Förderung von Cloud Computing in Theorie und Anwendung sowie den Einsatz von Technologien, Konzepten und Methoden in der Schweiz. Sie vertritt die Interessen der Cloud Computing Community in der Schweiz und pflegt eine enge Zusammenarbeit mit Anbietern, Herstellern, Anwendern, Beratern, Hochschulen/Universitäten, Fachhochschulen, anderen Verbänden und dem Bund im Bereich Cloud Computing.

Mitgliedern bietet sie eine umfassende Schweizer Plattform für den nationalen und internationalen Wissens- und Erfahrungsaustausch. Zudem setzt sich Eurocloud Swiss ein, globale und europäische Entwicklungen in Bezug auf Recht, Datenschutz, Standards und Guide­lines zu erarbeiten und nach Bedarf auf Schweizer Bedürfnisse anzupassen.

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