Siebte FTTH Conference

Von der letzten Meile zum letzten Zoll

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Der Verband Openaxs hat zur siebten FTTH Conference geladen. Referenten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sprachen über schlaue Städte und was es dazu noch braucht.

Am Mittwoch hat der Verband Schweizer Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Förderung von offenen Breitbandnetzen, kurz Openaxs, zur siebten FTTH Conference gerufen. Openaxs-Präsident Franz Stampfli begrüsste die rund 160 Teilnehmer am Veranstaltungsort Hotel Einstein in St. Gallen mit guten Nachrichten.

Rund zehn Jahre nach Start des Infrastrukturprojekts Glasfaser Schweiz sei ein erstes Ziel erreicht. Dank der "NEAT der Telekommunikationsindustrie", wie Stampfli das Milliardenprojekt nannte, seien die grossen Zentren in der Schweiz mit Glasfaser versorgt. Ende 2016 sei erstmals die Marke von einer Million Haushalten mit Breitbandanschlus geknackt worden. Das entspreche 28,6 Prozent aller Schweizer Haushalte.

Openaxs-Präsident Franz Stampfli mit Moderatorin Barbara Josef (Source: St. Galler Stadtwerke)

Digitales Manifest

Langfristig müssten aber alle Haushalte mit einer Glasfaser bedient werden, um einen digitalen Graben zu verhindern, wie Stampfli forderte. Er bemängelte, dass die Idee einer flächendeckenden Hochbreitbandinfrastruktur in der Schweiz an den Stadtgrenzen ende und nahm die Gemeinden in die Pflicht.

Thema der ganztägigen Konferenz waren die Digitalisierung und Smart Cities. Basis für die vernetzte Stadt ist laut Stampfli die Glasfaserinfrastruktur. Wenn Städte aktiv an ihrer Infrastruktur arbeiten, seien sie auf der Sonnenseite. Auch die Thurgauer Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP) forderte Investitionen in die Grundversorgung der Breitbandabdeckung, dabei müsse aber die Netzneutralität gesichert sein. Gefragt seien volkswirtschaftlich vertretbare Lösungen.

Die Co-Präsidentin der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit erinnerte auch an die bevorstehende Revision des Fernmeldegesetzes, die wohl nächstes Jahr in die zuständige Kommission gelange. Heisse Themen in Bundesbern seien auch Regelungen über die Mobilfunkstrahlungswerte, das neue Datenschutzgesetz, die E-ID und Open Government Data, zu der der Bund eine Strategie verabschiedete. Ausserdem werde ein digitales Manifest erarbeitet, das sich mit den direktdemokratischen Prozessen in der Schweiz beschäftigen soll.

Edith Graf-Litscher, Thurgauer SP-Nationalrätin. (Source: St. Galler Stadtwerke)

Graf-Litscher sprach ausserdem über das künftige Verkehrsnetz. Nächstes Jahr werde entschieden, wie der Verkehr bis 2035 geregelt sein soll. Das sei aber gar nicht so einfach angesichts der Digitalisierung, die Entwicklungen wie das intelligente Auto hervorbringe.

Trial & Error bei der Schweizerischen Post

David Bosshard, CEO des Gottlieb Duttweiler Instituts, sprach darüber, wie die Stadt der Zukunft aussehen könnte, wie etwa wegen Platzmangels vermehrt unterirdisch gebaut werde. Platz für den Detailhandel wird es laut Bosshard immer weniger geben. Er erwartet eine weitere Konsolidierung im Detailhandel. Bis zum Durchbruch der Sprachsteuerung dürfe es nicht mehr lange dauern. Wie Franz Stampfli erwartet auch Bosshard, dass die Sprachsteuerung das Leben nachhaltig prägen wird. "Komplexität und Marge verschieben sich von der letzten Meile zum letzten Zoll, vom Mund zum Screen", sagte Bosshard.

Auch die Post treibt die Digitalisierung voran. Stefan Metzger, Program Head Smart City & IoT, gab einen Einblick ins Versuchslabor bei der Schweizerischen Post. So habe sein Team Bestellbuttons à la Amazon Dash entwickelt und rüstete Briefkästen mit Displays aus, um im Fall eines Blackouts die Bevölkerung zu informieren. Die Post wolle mitreden beim Thema IoT und sei deshalb experimentierfreudig. Zur Kundeninformation würden Testprodukte mit einem Early-Label versehen.

Stefan Metzger, Program Head Smart City & IoT bei der Schweizerischen Post (Source: St. Galler Stadtwerke)

Im Test befinden sich derzeit auch Drohnen als Paketzusteller. Ob die Drohnen aber in naher Zukunft Pakete ausliefern, scheint unrealistisch, weil Privathaushalte über keine Landeplätze verfügen, wie Metzger bemerkte. Unter Paketzustellern herrsche zwar Sorge um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Das sei aber auch deshalb unnötig, weil menschliche Paketzusteller unschlagbar effizient seien. Sarah Genner forscht am Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW. Sie berichtete von den Ergebnissen einer Umfrage bei KMUs und Grossunternehmen, wonach die Angst eines Jobverlusts gross ist. Demnach erlebt zwar die Mehrheit die Digitalisierung positiv, aber viele fürchten sich auch vor einem Stellenabbau dank Digitalisierung. Deshalb müsse die Politik ins Bildungssystem investieren, forderte Genner.

Sarah Genner, ZHAW IAP. (Source: St. Galler Stadtwerke)

Tüfteln im "Verschwörhaus"

Christian Geiger vom IT-Team der Stadt Ulm und künftiger Chief Digital Officer der Stadt St. Gallen, wies darauf hin, dass Digitalisierung auch Veränderung im Zusammenleben bedeutet. Er erwähnte Projekte aus Ulm wie eine App, mit der sich Ulmer in und um Ulm zum Ausgang verabreden könnten. Mit Open Government Data könne die Stadt zudem ihren Haushalt "sexy" darstellen. "Open Data bietet der Verwaltung neue Möglichkeiten, aber auch eine enorme Verantwortung", sagte Geiger. Bevor er nach St. Gallen umzieht, baut Geiger mit Gleichgesinnten eine Geschäftsstelle für die digitale Agenda in Ulm auf und erstellt einen Masterplan für die Stadtentwicklung. Dabei sollen die Bürger in die Prozesse einbezogen werden. Dafür eröffnete die Stadt etwa das "Verschwörhaus", in dem sich Ulms Bürger für Projekte treffen können, um die Stadt digital besser aufzustellen.

Christian Geiger, künftiger CDO von St. Gallen (Source: St. Galler Stadtwerke)

Chirine Etezadzadeh, Leiterin des Smartcity Institute in Stuttgart, erkennt Smart Cities als "extrem wichtigen Markt", weil immer mehr Menschen in Städten lebten. Smarte Infrastrukturen mit eingebetteten Systemen müssten nachhaltig, effizient, flexibel, interoperabel und immun gegen widrige Ereignisse sein. Dafür sei eine Energiewende nötig mit erneuerbarer Energie. Stadtwerke spielten hier eine wichtige Rolle, weil sie das Vertrauen der Bevölkerung geniessen würden.

Chirine Etezadzadeh, Leiterin des Smartcity Institute in Stuttgart (Source: St. Galler Stadtwerke)

Marco Huwiler, Bereichsleiter Innovations- und Technologiemanagement bei den St. Galler Stadtwerken sprach über den Wandel vom Energieversorger zum Energiedienstleister. Ein neuer Lenkungsausschuss Smart City erstelle eine Strategie für den Gesamtstadtrat mit Messsystem und Zielen. Die Stadt St. Gallen könne nächstes Jahr ihr Glasfasernetz fertig stellen und verfüge seit Anfang dieses Jahres über das LoRa-WAN mit rund 80'000 Smart Metern im Einsatz. Das Stadtwerk habe in mehreren Smart-City-Projekten in Quartieren Know-how gewonnen und verhelfe St. Gallen so zur schlauen Stadt.

Marco Huwiler, Bereichsleiter Innovations- und Technologiemanagement bei den St. Galler Stadtwerken. (Source: St. Galler Stadtwerke)

Die nächste FTTH Conference findet am 24. August in Naters im World Nature Forum statt.

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