Marktbericht

Stabil und sicher – der Digital-Signage-Markt

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von Florian Rotberg, Geschäftsführer, Invidis Consulting

Das rasante Wachstum und permanente Veränderungen des Digital-Signage-Marktes gehören der Vergangenheit an. Die lang erwartete und gesunde Konsolidierung kam 2016 und nahm 2017 Schwung auf. Die marktführenden Integratoren und Distributoren bauten ihre Spitzenpositionen aus, da sie über ausreichende finanzielle Mittel verfügten, um Grossprojekte zu stemmen. Alle anderen Unternehmen profitierten aber wenig bis gar nicht vom Wachstum an der Spitze.

(Source: Oez / iStock.com)
(Source: Oez / iStock.com)

Der Schweizer Markt für Digital Signage (DS) bleibt weiterhin mehr oder weniger isoliert, weil die meisten marktführenden Unternehmen nur am heimischen Markt agieren. Der starke Franken und hohe Lohnkosten behindern weiterhin das Wachstum insbesondere bei internationalen Projekten. Für den Grossteil der Schweizer Systemintegratoren liegt der Fokus auf nationalen Projekten. Allerdings beteiligen sich eidgenössische Digital-Signage-Anbieter zunehmend auch aktiv im europäischen Konsolidierungsprozess. So übernahmen Westiform und Richnerstutz jeweils deutsche Digital-Signage-Unternehmen im benachbarten Baden-Württemberg. Aufsteiger des Jahres 2017 ist der Westschweizer Softwareanbieter Navori, der am besten von den europäischen Marktverschiebungen profitierten konnte. Auch der Schweizer Distributor Littlebit punktete in den vergangenen 24 Monaten mit innovativen Lösungen – teilweise auch als White-Label-Angebote für Partner. Insgesamt wuchs der deutschsprachige Markt 2016 und 2017 jeweils um mehr als 15 Prozent. Vom gut laufenden Hardwaregeschäft profitierten und profitieren selbstverständlich alle Dienstleistungs-, Content- und Softwareanbieter. Sie wuchsen schneller als der Hardwaremarkt, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Hardwarepreise weiter gefallen sind. Der Treiber des Marktes waren die Electronic Shelf Labels (ESL), deren Nachfrage geradezu explodierte. Mit ihnen verlassen Anbieter wie das Göttinger Unternehmen Xplace das klassische DS-Geschäft und erschliessen sich neue Märkte. Allein beim Vertrieb zeigt sich die Erweiterung: ESL werden über Spezialdistributoren angeboten, die bisher im DS-Markt wenig oder gar nicht aktiv waren.

Die Top 5 stemmen Grossprojekte

Besonders vom ESL-Geschäft profitierte Xplace, das von 2015 bis April 2017 als Integrator und Full-Service-Provider 1000 Saturn- und Media-Markt-Filialen mit elektronischen Preisschildern ausgestattet hat. Das entspricht 10 Millionen ESL – entsprechend explodierte der Umsatz des Unternehmens. Allein in Deutschland wurden 430 Filialen umgerüstet. Die ESL dienen nicht nur dazu, Preise zu aktualisieren, sondern sie sind mit der datengestützten Sortimentsgestaltung und der Lieferkette verknüpft. Zudem ist geplant, dass Kunden per Near Field Communication (NFC) zusätzliche Informationen zu den Produkten abrufen können.

Florian Rotberg, Geschäftsführer von Invidis Consulting. (Source: Invidis)

Ebenfalls eine überdurchschnittliche Umsatzsteigerung verzeichnete Cancom, das im vergangenen Jahr T-Systems als führendes IT-Systemhaus in Deutschland überholte und von Platz zwei verdrängte. Grund für den Vormarsch der Münchner ist die Übernahme von Didas 2014, durch die sich Cancom die notwendige Kompetenz aufbauen konnte, um professionell und in grossem Massstab am Markt agieren zu können. Ausserdem sind IT-Systemhäuser bei Enterprise-Unternehmen häufig schon mit IT-Projekten gesetzt und können sich bei aufkommenden Digital-Signage-Projekten von Anfang an optimal als Dienstleister positionieren.

Durch eine strategische und formalisierte Kundengewinnung unterscheiden sich die Top-5-Integratoren von den restlichen Marktteilnehmern. Sie verfügen über eigene Abteilungen, welche die grosse und zunehmende Zahl an Ausschreibungen professionell bearbeiten und Angebote erstellen können. Kleine und mittlere Unternehmen können diese weder personell noch finanziell stemmen und konzentrieren sich daher auf kleinere Projekte und Ausschreibungen, die entsprechend weniger Umsatz generieren.

US-Schwergewicht sucht Zugang zu Europa

Interessant am DACH-Markt sind die Entwicklungen der Soft- und Hardwareanbieter. Sie versuchen sich zunehmend als Komplettlösungsanbieter zu etablieren, um sich breiter aufzustellen und in Folge mehr Umsatz zu generieren. Eine grosse Überraschung war Mitte 2016 der Verkauf von Scala an Stratacache. Dessen Geschäftsführer Chris Riegel hat grosse Pläne: Er will das amerikanische Unternehmen durch weitere Zukäufe und Wachstum zum ersten Full-Service-Anbieter für Digital Signage mit einer Milliarde Dollar Umsatz umbauen. Dazu erweitert er das Portfolio um Hardware, aber insbesondere auch um Services. Mit dem Softwaremarktführer Scala ist Stratacache ein Coup gelungen. Denn nun hat das Unternehmen nicht nur zusätzliche Softwareexpertise im Haus, sondern über das Kunden- und Partnernetzwerk von Scala auch erstmals einen Erfolg versprechenden Zugang zum europäischen Markt. Umgekehrt profitiert Scala von der internationalen Aufstellung. Die Unternehmen bilden zusammen ein Schwergewicht und könnten den Markt gründlich verändern. Ihre Stärke wird die Konkurrenz unter Druck setzen und die Konsolidierung noch einmal vorantreiben.

Bemerkenswert ist auch die Entwicklung von LEDs im Digital-Signage-Markt. Der weltweite LED-Modulmarkt wird fast ausschliesslich von Chinesen mit Sitz in Shenzhen dominiert. Im Gegensatz zum Display-Produktgeschäft können LEDs nicht schlüsselfertig geliefert und installiert werden. Ein grosses Konstruktions-Know-how auf Integrationsseite ist ebenso wichtig wie ein richtiger Einkauf vor Ort in China. Die technologische Entwicklung bei LEDs ist im Vergleich zu den ausgereiften professionellen Displays atemberaubend. Super Fine Pitch von 3 Millimetern Pixel Pitch und feiner kommen reihenweise zu zunehmend budgetkonformen Preisen auf den Markt.

Somit entwickelt sich der Digital-Signage- Markt in den kommenden drei Jahren sowohl bei den ganz kleinen Displays (ESL) wie auch bei Videowalls (LEDs) am stärksten. Neue Marktteilnehmer werden in den Markt eintreten, und die Konsolidierung wird noch einmal spürbar zunehmen.

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