Frühwarnsystem

KI warnt anhand von Schallwellen vor Tsunamis

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von Rodolphe Koller und Übersetzung: Joël Orizet

Forscher der Universität Cardiff haben ein KI-basiertes System entwickelt, das Erdbeben erkennen und anhand von Schallwellen im Wasser den Ausbruch von Tsunamis vorhersagen kann. Die Lösung könnte die derzeitigen Systeme ergänzen und frühzeitigere Warnungen ermöglichen.

Eine Aufnahme von der japanischen Stadt Natori in der Präfektur Miyagi vom 6. April 2011, nachdem die Stadt vom Tōhoku-Erdbeben und dem darauffolgenden Tsunami getroffen wurde. (Source: ChiefHira / CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)
Eine Aufnahme von der japanischen Stadt Natori in der Präfektur Miyagi vom 6. April 2011, nachdem die Stadt vom Tōhoku-Erdbeben und dem darauffolgenden Tsunami getroffen wurde. (Source: ChiefHira / CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Am Freitagmorgen des 5. Mai wurde Japan von einem Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala im Norden der Region Ishikawa, etwa 300 Kilometer von Tokio entfernt, erschüttert. Laut der japanischen Wetterbehörde löste das Beben keinen Tsunami aus, aber in der betroffenen Präfektur stellte man einen Anstieg des Meeresspiegels um 10 Zentimeter fest. Es ist also weit entfernt von der Katastrophe von 2011, als das Erdbeben der Stärke 9,1 einen Tsunami mit Wellen von mehreren Dutzend Metern auslöste und zum Atomunfall in Fukushima führte.

Japan ist eines der am stärksten von Erdbeben gefährdeten Länder der Welt – hat wahrscheinlich aber auch eines der ausgefeiltesten Tsunami-Erkennungs- und Warnsysteme. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz könnte dieses System zuverlässiger werden. Forscher der Universität Cardiff haben in einem Ende April erschienenen Artikel erklärt, dass sie ein System zur Früherkennung von Flutwellen entwickelt haben, das auf maschinellem Lernen basiert.

Während sich aktuelle Systeme auf Seismographen stützen und Alarm schlagen, wenn die Wellen Meeresbojen erreichen, beruht die Lösung der Forscher darauf, dass Unterwasserbeben, die einem Tsunami in den meisten Fällen vorausgehen, Schallwellen erzeugen, die sich im Wasser sechsmal schneller ausbreiten als die Energie des Wassers selbst, die in flachen Küstengewässern gewaltige Wellen auslöst. "Die Schallwellen enthalten Informationen über den Ausgangsort. Sie können an entfernten Orten, sogar Tausende von Kilometern von der Quelle entfernt, aufgezeichnet werden. Die Ableitung analytischer Lösungen für das Druckfeld ist ein Schlüsselfaktor in der Echtzeitanalyse", sagt Usama Kadri, Co-Autor der Studie. 

Durch die Analyse der Schallwellen, die von Unterwassermikrofonen aufgenommen werden, kann das von den Forschern entwickelte System die Stärke des Erdbebens bestimmen und feststellen, ob es sich um ein vertikales Erdbeben handelt. Ist dies der Fall, kann das von ihnen entwickelte Machine-Learning-Modell weitere Schlüsselattribute ermitteln: die Breite, die Länge und vor allem das plötzliche Aufsteigen einer riesigen Wassermenge, die für einen Tsunami charakteristisch ist. Mithilfe von Ausbreitungsmodellen kann das Modell anschliessend die Höhe der Wellen an weit entfernten Orten vorhersagen. 

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir in der Lage sind, die Art des Erdbebens zu klassifizieren und seine wichtigsten Eigenschaften aus akustischen Signalen nahezu in Echtzeit zu ermitteln", sagt Usama Kadri. Das Modell solle die bisherigen Frühwarnsysteme allerdings nicht ersetzen, sondern ergänzen. 

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