Informationspflicht für Telkos

Update: Parlament erteilt Netzsperren zum Jugendschutz eine Absage

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von René Jaun und msc, jor

Das Parlament will Jugendliche besser vor pornografischen Onlineinhalten schützen. Es will Telkos dazu verpflichten, Erziehungsberechtigte über Möglichkeiten zum Blockieren solcher Angebote zu informieren. Netzsperren gegen Inhalteanbieter soll es aber nicht geben.

(Source: Glenn Carstens-Peters / unsplash.com)
(Source: Glenn Carstens-Peters / unsplash.com)

Update vom 22.9.2023: Der Bundesrat muss neue Massnahmen zum Schutz minderjähriger vor pornografischen Onlineinhalten ausarbeiten. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat der Motion des EVP-Politikers Niklaus Gugger zugestimmt. Allerdings entschieden beide Kammern, die kontrovers diskutierten Netzsperren aus dem Antrag zu streichen.

Stattdessen soll der Bundesrat Telekomanbieter dazu verpflichten, "die Erziehungsberechtigten auf die technischen Möglichkeiten bei Endgeräten und Angeboten hinzuweisen sowie ihnen Tools und Apps anzubieten, mit denen Jugendliche wirksam vor pornografischen Inhalten geschützt werden können".

Wie die Parlamentsdienste mitteilen, machte sich die vorberatende Kommission des Nationalrats für eine Ablehnung der Motion stark. Dies mit dem Argument, dass das Fernmeldegesetz und die dazugehörige Verordnung bereits Bestimmungen in Richtung Informationspflicht enthalte.

Originalmeldung vom 30.5.2023:

Wie Politiker Minderjährige vor pornografischen Inhalten schützen wollen

"Unter-16-Jährige wirksam vor pornografischen Inhalten auf dem Internet schützen" – den Vorstoss mit diesem Titel reichte Nationalrat Niklaus Gugger bereits am 6. Mai 2020 ein. Darin erteilt er dem Bundesrat den Auftrag, mit gesetzlichen Anpassungen die Möglichkeit zu schaffen, Netzsperren gegen Anbieter pornografischer Onlineinhalte zu verhängen – genauer: Gegen jene Anbieter, die solche Inhalte "verbreiten, ohne hinreichende technische Vorkehrungen zum Schutz von Personen unter 16 Jahren zu treffen".

In der Begründung beklagt Gugger, dass das blosse Wegklicken einer Warnung, wie sie viele Online-Pornodienste aktuell anzeigen, keinen hinreichenden Jugendschutz gewährleiste. Es gebe "zahlreiche technische Möglichkeiten, das Alter der Nutzer zu bestimmen und den Jugendschutz im Internet wirksamer durchzusetzen".

Netzsperren in der Kritik

Guggers Anliegen stösst nicht auf vollumfängliche Zustimmung. Der Nationalrat stimmte dem Vorstoss im Mai 2022 zwar noch mit 109 zu 66 Stimmen bei 11 Enthaltungen zu. Der Bundesrat jedoch hatte die Ablehnung des Vorstosses empfohlen und dabei insbesondere die von Gugger geforderte Massnahme der Netzsperren kritisiert. Dabei handle es sich um "ein Instrument, das leicht umgangen werden kann", argumentierte die Exekutive. Netzsperren funktionieren demnach nur in bestimmten Bereichen, namentlich zur Bekämpfung nicht bewilligter Geldspiele und qualifizierter (harter) Pornografie.

Auch in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates kamen die geforderten Netzsperren nicht gut an. Nach mehreren Beratungen entschied sich die Kommission schliesslich, dem Ständerat einen abgeänderten Motionstext zu empfehlen. Anstatt Netzsperren verlangt die Kommission darin, Fernmeldeanbieter dazu zu verpflichten, "die Erziehungsberechtigten auf mögliche Schutzmassnahmen aufmerksam zu machen", wie das Gremium mitteilt. Die kleine Kammer wird voraussichtlich Anfang Juni 2023 über den Vorstoss beraten.

Doch auch bezüglich der geforderten Schutzmassnahmen Seitens Anbieter pornografischer Onlineinhalte besteht Uneinigkeit. Gegenüber "20 Minuten" erklärt Motionär Gugger eine SMS-Lösung via SIM-Karte: Demnach müsste, wer eine Pornoseite aufruft, künftig eine Handy-Nummer eingeben und dann den per SMS empfangenen Bestätigungscode eingeben. Für die Alterskontrolle wären dann die Netzanbieter zuständig, die wüssten, ob die Handynummer auf jemanden registriert ist, der älter als 16 Jahre ist, wie der Politiker ausführt. Alternativ könnte die Altersverifizierung auch an eine Drittstelle delegiert werden, wie das laut Gugger in Frankreich der Fall sei. Inakzeptabel findet diese Methoden Tobias Vögeli, Präsident der Jungen Grünliberalen Partei (JGLP). "Wir sind für das Prinzip der Datensparsamkeit", lässt er sich von 20 Minuten zitieren und kündigt an, sich zu wehren, wenn für den Schutz der relativ kleinen Gruppe der unter 16-Jährigen "ein grosser Apparat" aufgebaut würde.

Bereits im Herbst 2022 haben National- und Ständerat das neue "Gesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele" (JSFVG) verabschiedet. Dieses nimmt Anbieterinnen und Anbieter von Onlinediensten für Videos oder Videospiele - also beispielsweise Youtube und Twitch. Diese sogenannten Abruf- oder Plattformdienste müssten Minderjährige mit geeigneten Massnahmen schützen. Auch gegen dieses Gesetz regte sich Widerstand, wie Sie hier lesen können.

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