Was Kunden wollen

Warum Tamedia am liebsten direkt beim Hersteller einkauft

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von Coen Kaat

Warum zuhören zu können die wichtigste Eigenschaft eines IT-Dienstleisters ist, erklärt Franz Bürgi, CIO von Tamedia. Im Interview spricht er zudem darüber, warum die Mediengruppe am liebsten direkt beim Hersteller einkauft und wo er bei Projekten keine Kompromisse macht.

Franz Bürgi, CIO von Tamedia. (Source: zVg)
Franz Bürgi, CIO von Tamedia. (Source: zVg)

Was beinhaltet Ihre tägliche Arbeit, und wo kommen Sie mit IT-Dienstleister in Berührung?

Franz Bürgi: Meine tägliche Arbeit ist besonders spannend, weil sich die Informatik von Tamedia in einer Phase des grossen Umbruchs befindet. Die digitale Disruption beeinflusst unser klassisches Geschäft der gedruckten Zeitungen stark, und wir begegnen diesem Trend durch den Ausbau des Digitalgeschäfts und durch die konsequente Optimierung und Digitalisierung von Prozessen. Es gibt daher kaum einen technologischen Trend, der nicht in mindestens einem unserer grossen Projekte zu finden ist. Wir haben eine deklarierte Cloud-Strategie, und bei der Erneuerung unserer Kernapplikationen gehen wir konsequent diesen Weg.

Welches sind die drei wichtigsten Eigenschaften, die Ihre IT-Dienstleister mitbringen müssen?

Die für mich wichtigste Eigenschaft ist, zuhören zu können. Als CIO werde ich von Sales-Vertretern für jedes erdenkliche Produkt kontaktiert. Unsere konkreten Herausforderungen liegen aber selten dort, wo das gerade angepriesene Produkt seinen Schwerpunkt hat. Die zweite wichtige Eigenschaft eines IT-Dienstleisters ist Flexibilität und Modularität, sowohl aus technischer Sicht als auch aus vertraglich-kommerzieller Sicht. Die Zeiten der grossen monolithischen Systeme, mit denen man auf Jahrzehnte an einen Hersteller oder Dienstleister mehr oder weniger gefesselt war, sind vorbei. Die dritte Eigenschaft ist Innovationskraft. Wenn wir uns zwischen mehreren Lösungen entscheiden müssen, wählen wir fast immer jene, die den Markt durch Innovation anführt.

Wo kaufen Sie die Komponenten, die Sie benötigen? Direkt beim Hersteller oder bei einem Fachhändler?

Wann immer möglich, kaufen wir Hardware, Software und Dienstleistungen direkt bei den Herstellern ein, weil diese einerseits selbst die besten technischen Experten für ihre Produkte im Haus haben, andererseits sehen wir so die besten Gestaltungsmöglichkeiten für eine Partnerschaft. Es gibt natürlich Ausnahmen, etwa bei Herstellern, die grundsätzlich nicht direkt verkaufen, oder wenn ein Integrator ein bewährter Partner ist.

Welche Bereiche Ihrer Unternehmens-IT haben Sie ausgelagert?

Es gibt derzeit keinen IT-Bereich, den wir zur Gänze ausgelagert haben, aber natürlich bedeutet der Fokus auf Cloud-Lösungen selbst schon eine Auslagerung von Tätigkeiten.

Welche Bereiche würden Sie hingegen nie auslagern?

Ich sehe da zwei Bereiche: Erstens würden wir das Management unserer Kernapplikationen nicht auslagern. Diese sind so zentral für unser Geschäft, dass wir sie direkt unter Kontrolle haben wollen. Und zweitens wollen wir die Entwicklung von Softwarelösungen, bei denen uns die Technologie dabei hilft, uns am Markt zu differenzieren, konsequent selbst steuern. Ich denke hier zum Beispiel an die Web-Frontend-Entwicklung für unsere News-Portale oder an den Bereich Rubriken und Marktplätze.

Was werden in der nächsten Zeit die grössten technischen ­Herausforderungen im Bereich IT für Sie sein?

Die grösste Herausforderung stellen sicher unsere Grossprojekte dar, bei denen es um die Gesamtablösung und "Cloudifizierung" geht. Aktuell betrifft dies insbesondere die Bereiche ERP und Redaktionssysteme. Diese Projekte beinhalten vor allem bei Prozessdesign, Architektur und Projektmanagement grosse Herausforderungen. Das allerwichtigste Prinzip bei allem was wir tun ist: Keine Kompromisse bei der Sicherheit. Die Cyber Security ist ein stark wachsender Bereich in unserer IT.

Wie können IT-Dienstleister Sie dabei unterstützen?

Bei Beratungs- und Integrationspartnern geht es um die genannten Eigenschaften: Zuhören können und flexibel sein. Bei Anbietern von SaaS-Lösungen geht es um Produkte, die in ihrer Kategorie State of the Art sind und über gute Referenzen und ein starkes Partnernetzwerk verfügen.

Die Redaktion fragt in der "IT-Markt"-Rubrik "Was Kunden wollen", was Unternehmen von ihren IT-Dienstleistern erwarten und wo die grössten Baustellen liegen. Die Auswertung der Interviews der vergangenen drei Jahre zeigt: IT-Dienstleister sollten auf ihre Kunden eingehen, einen Blick über den Tellerrand wagen und ruhig mal etwas mutiger auftreten. Lesen Sie hier die komplette Analyse.

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