Hintergrundgespräch mit Wolfgang Eger

Update: Post schickt CIO in die Konzernleitung

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von René Jaun und Maximilian Schenner und kfi, cwa

1700 Mitarbeitende umfasst die IT-Abteilung der Schweizerischen Post. In einem Hintergrundgespräch gab der CIO Wolfgang Eger einen Einblick in die Herausforderungen der Post IT während der Pandemie. Ab Januar 2022 ist Eger auch Mitglied der Konzernleitung.

Wolfang Eger, CIO der Schweizerischen Post. (Source: zVg)
Wolfang Eger, CIO der Schweizerischen Post. (Source: zVg)

Update vom 07. Juli 2021: Die Schweizer Post macht CIO Wolfgang Eger zum Mitglied der Konzernleitung. Wie die Post mitteilt, soll Eger per 1. Januar 2022 in die Konzernleitung eintreten. Damit unterstreicht die Post die Bedeutung des IT-Bereichs im Unternehmen.

"Die Post braucht in Zukunft in vielen Bereichen mehr Informatik und Technologie", sagt Eger, bereits seit 2019 CIO der Swiss Post. "Salopp formuliert könnte man gar sagen: Ohne funktionierende IT der Post gibt es auch keine funktionierende Grundversorgung." Eger studierte Mathematik und Informatik an den Universitäten von Mannheim und Karlsruhe und war vor seinem Engagement bei der Post für die Swisscom tätig, ebenfalls mehrere Jahre als Mitglied der Geschäftsleitung.

Originalmeldung vom 09. Februar 2021: Wie der Post-CIO seine Abteilung weiterentwickeln will

Die Schweizerische Post hat die Tage aussergewöhnlich viel zu tun. Die zur Eindämmung des Coronavirus beschlossenen Massnahmen - etwa Ladenschliessungen und Kontakteinschränkungen - sorgten schon im vergangenen Frühling dafür, dass an einem normalen Werktag so viele Pakete verschickt wurden wie normalerweise zur Weihnachtszeit. Bis Ende Jahr waren es mehr als 180 Millionen, ein neuer Rekord, wie der Konzern unlängst bekanntgab. Doch welche Herausforderungen stellen sich der IT-Abteilung eines Grossunternehmens wie der Post während Corona? Und was steht in den nächsten Jahren an? Diese Fragen beantwortete Wolfgang Eger, seit 2019 CIO der Schweizerischen Post, in einem Hintergrundgespräch.

6000 Onlinemeetings pro Tag

Die IT Post beschäftigt rund 1700 Mitarbeitende und gehört damit zu den grössten IT-Abteilungen der Schweiz. Die eine Aufgabe der Post IT sei es, sicherzustellen, dass die IT des Konzerns laufe, so Eger. Zum Aufgabenbereich gehöre aber auch die Weiterentwicklung der Post im digitalen Bereich. Dabei verantwortet die Abteilung nicht nur die Post selber, sondern auch weitere Unternehmen wie Postauto. Nicht dazu gehöre Postfinance, für die wiederum Markus Fuhrer und eine eigene IT-Abteilung zuständig seien.

In einem ersten Themenblock berichtete der Post-CIO, welche Herausforderungen sich seinem Team während der Pandemie stellten. Schon vor Corona habe es Homeoffice bei der Post gegeben, führte er aus, und die Infrastruktur sei für 3000 parallele Remoteverbindungen ausgelegt gewesen. Mit dem grossen Wechsel ins Homeoffice habe man diese Kapazität auf 12'000 gleichzeitige Verbindungen vervierfacht.

Heute seien täglich rund 9000 User online, die sich zu durchschnittlich 6000 Onlinemeetings täglich verabreden, so Eger. Für Meetings habe die Post lange Zeit auf Microsoft Skype gesetzt, jedoch im Zuge der Microsoft-365-Migration nun auf Teams umgestellt. Andere Lösungen, etwa Zoom, werden von der Post IT zwar nicht aktiv unterbunden. Aus Sicherheitsgründen wird aber davon abgeraten.

Homeoffice und Cybersicherheit

Zusätzlich zur Infrastruktur kümmerte sich die Post IT darum, die Mitarbeitende für die Arbeit im Homeoffice fit zu machen, etwa mit Schulungen über den Umgang mit sensiblen Daten. Um die Cybersicherheit zu stärken, habe seine Abteilung die Post-Mitarbeitenden für Phishing sensibilisiert und die E-Mail-Software durch einen "Phishing-Button" ergänzt, der eine verdächtige Nachricht unverzüglich an die Sicherheitsabteilung weiterleitet.

Doch nicht nur die interne IT-Infrastruktur war gefordert. Der Paketverfolgungsdienst "Meine Sendungen" gewann im vergangenen Jahr 17 Prozent mehr Kunden - insgesamt seien es inzwischen mehr als 1,8 Millionen. Verzeichnete das Onlineportal der Post vor Corona im Schnitt 80'000 Besucher am Tag, waren es im vergangenen Frühling bis zu 180'000. aktuell habe sich die Zugriffszahl auf 110'000 am Tag eingependelt. Und aus üblicherweise 29'000 Zustellanweisungen seien im Frühling 62'000 geworden, zählte Eger auf.

Die Umstellung sei herausfordernd gewesen, fasste der IT-Chef der Post zusammen. Gleichzeitig sei sie aber "smooth" verlaufen, sagte Eger, und lobte die Kompetenz seiner Mitarbeitenden.

Kryptografie und Vertrauen

Im weiteren Verlauf des Gesprächs kam Eger auf die Strategie der Post IT zu sprechen. Die Neuausrichtung seiner Abteilung erfolge im Zuge der neuen Strategie der gesamten Post, die das Unternehmen im Mai 2020 präsentiert hatte. Man wolle die Post beim angestrebten Wachstum und bei der digitalen Transformation unterstützen, fasste der CIO die Ziele zusammen.

Etwas konkreter nannte Eger nach aussen und nach innen gerichtete strategische Eckpfeiler. Nach aussen hin wolle seine Abteilung nicht nur eine kundenorientierte IT zur Verfügung stellen, sondern auch die Technologie- und Digitalisierungskompetenz des Konzerns stärken, etwa mit den Themen Cloud oder Homeoffice. Zudem verwies Eger auf ein unlängst eröffnetes Kryptografie-Kompetenzzentrum in Neuenburg, wo man derzeit acht Personen beschäftige.

Als weiteren Eckpfeiler bezeichnete er das Thema digitales Vertrauen. Hier sei das Ziel, das hohe Vertrauen, das die Post in der analogen Welt geniesse, in die digitale Welt zu übertragen. Wie er dieses Ziel ganz konkret erreichen will, sagte Eger noch nicht. Er verwies jedoch auf die Vertrauensformel, wie sie David Maister, Charles Green und Robert Galford im Buch "The Trusted Advisor" vorstellen. Demnach fassen Menschen Vertrauen, wenn ihr Gegenüber

• glaubwürdig handelt,

• zuverlässig ist,

• Nähe und Diskretion garantiert sowie

• sich am Gegenüber orientiert, nicht an sich selbst.

"Ich bin überzeugt, dass wir über diese Formel Hilfestellung bekommen", sagte Eger dazu. Die Transparenz-Initiative im Bereich des E-Votings trage hoffentlich dazu bei, das Vertrauen in die Post zu stärken. Im Januar veröffentlichte die Post das kryptografische Protokoll ihres neuen E-Voting-Systems auf der Entwicklerplattform "Gitlab", um es von unabhängigen Expertinnen und Experten überprüfen zu lassen.

Kompetenz und Diversität

Nach innen gerichtet wolle Eger die Post IT "näher an's Business" transformieren, so der IT-Chef. Das Stichwort hier laute Embedded IT, und erste Umstrukturierungen seien schon Anfang Jahr erfolgt. Ferner wolle er die Lernkultur in der Abteilung fördern. Dazu sei etwa der "Learning Friday" etabliert worden. Demnach erhalte jeder Post-IT-Mitarbeitende die Möglichkeit, an einem Freitag pro Monat einen Kurs zu besuchen. Dies soll helfen, neue Kompetenzen zu erschliessen.

Die Post IT soll schliesslich auch diverser werden. Dabei gehe es ihm zwar auch, aber bei weitem nicht nur um Genderdiversität, sagte Eger. Er sei überzeugt, dass Teams besser arbeiten, wenn sie etwa sowohl aus jungen Talenten wie aus erfahrenen Mitarbeitenden bestehen. Er wolle aber auch die Sprachenvielfalt stärken. Hierbei sollen die Post-IT-Zentren in Bellinzona und Neuenburg eine noch wichtigere Rolle spielen.

Erfolgreiche Inklusionen von Menschen mit Beeinträchtigungen

Wie viele Menschen mit Behinderung bei Post IT arbeiten, beantwortete der CIO nicht. Man schlüssle nicht auf, wie viele Menschen mit sichtbaren oder unsichtbaren Beeinträchtigungen bei der Post arbeiten, schreibt das Unternehmen auf Anfrage. "Einerseits aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes. Andererseits, weil wir uns auf die Stärken unserer Mitarbeitenden fokussieren wollen – und nicht auf die Defizite."

Allerdings nennt das Unternehmen Beispiele von erfolgreicher Inklusion. So habe in der Vergangenheit ein Entwickler mit starker Sehbeeinträchtigung am Standort Neuenburg für IT Post gearbeitet, heisst es in der Stellungnahme weiter. "Aktuell arbeitet IT Post mit dem internationalen IT-Beratungsunternehmen Auticon im Rahmen eines Projekts zusammen. Auticon beschäftigt ausschliesslich IT-Spezialisten auf dem Autismus-Spektrum. Diese werden erfolgreich in Kundenprojekten integriert. Möglich ist dies durch den Einsatz von Job-Coaches, welche die Auticon-Mitarbeitenden betreuen."

Vor etwas mehr als einem Jahr stand Wolfgang Eger der Netzwoche Red und Antwort und verriet etwa, wie er seinen Führungsstil beschreiben würde oder wie sich die Unternehmenskulturen von Post und Swisscom unterscheiden.

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