Im Gespräch mit Maria Neustifter

Warum Equinix Channel-Partner braucht

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Maria Neustifter kennt den Schweizer Channel gut. Mehr als 20 Jahre arbeitete sie hierzulande mit Partnern von Oracle, CA Technologies und Lawson zusammen. Seit rund 10 Monaten ist sie bei Equinix. Im Interview erklärt sie, warum Equinix Partner braucht und was diese von der Firma erwarten können.

Maria Neustifter, Channel Managerin bei Equinix Schweiz (Quelle: Netzmedien).
Maria Neustifter, Channel Managerin bei Equinix Schweiz (Quelle: Netzmedien).

Wie unterscheidet sich Ihr Job bei Equinix von Ihren ­bisherigen Aufgaben?

Maria Neustifter: Bei den Herstellern sieht die Channel­arbeit natürlich anders aus als bei Equinix. Bei den Herstellern sucht man Reseller oder Systemintegratoren. Und man versucht, bei ihnen Exklusivität zu erreichen. Bei Equinix ist das völlig anders. Wir arbeiten mit allen Softwareanbietern und Allianzen zusammen. Ich bin nicht mehr gezwungen, nur die Lösungen eines einzelnen Herstellers unter die Partner zu bringen. Das macht es spannender. 

Was ist sonst noch anders? 

Bei Oracle arbeitete ich zum Schluss vor allem mit globalen Systemintegratoren zusammen, welche die grossen Kunden in eine bestimmte Lösungsrichtung lenken. Aber ich hatte auch mit lokalen Resellern zu tun. Jetzt arbeite ich eher mit internationalen Resellern zusammen, die ihre Dienste in unseren Rechenzentren auch in der Schweiz anbieten wollen. 

Arbeiten Sie also weniger mit Schweizer Partnern zusammen? 

Nein, das stimmt so nicht. Natürlich gibt es viele internationale Kunden, die einen Teil ihrer Daten in der Schweiz lagern wollen. Die gehen über die internationalen Partner. Ansonsten arbeite ich aber ausschliesslich mit lokalen Managed-Service-Providern zusammen. Die sehen sich jedoch auch immer mehr in anderen Ländern um. 

Wie meinen Sie das?

In der Schweiz haben wir ja leider nicht die grossen Cloud-Provider. Die befinden sich aber in unseren Rechenzen­tren in Europa. Unsere Partner können aus Zürich heraus über eine gesicherte Leitung Rechenleistung dieser Anbieter beziehen. 

Sie sprechen von der Leitung zu Microsoft Azure.

Nicht nur. Wir haben inzwischen über 500 Cloud-Provider in unseren Rechenzentren. Von Azure über Amazon und Oracle bis zu SAP Hana und Salesforce sind alle dabei. 

Die Anbieter sind in Ihren Rechenzentren eingemietet? 

Ja, das ist der grosse Vorteil. Denn unsere Rechenzentren sind weltweit alle miteinander verbunden. Unsere Partner und Kunden können diese geschützte Umgebung nutzen, um ihre hybriden Lösungen umzusetzen. 

Wie genau funktioniert diese Verbindung? 

Diese Verbindung läuft abseits des normalen Internets. Die Leitung gehört aber nicht uns. Wir arbeiten da mit gros­sen Carriern zusammen. Normalerweise sagen wir immer, dass wir Carrier-neutral sind. Im Endeffekt arbeiten wir aber mit einigen Carriern enger zusammen als mit anderen. 

Das heisst? 

Hier in der Schweiz bin ich vor allem mit EU-Networks intensiv in Kontakt. Die stellen für uns die Verbindungen nach Frankfurt, London, Paris und Amsterdam bereit. 

Wenn ein Partner seinem Kunden über diese Leitung etwa Azure anbietet, muss er für Azure und für die Verbindung zahlen? 

Ja, die Verbindung muss er bezahlen. Das läuft dann aber direkt über den Carrier. Und die Verbindung zu unserem Cloud-Exchange kostet auch etwas.

Wie hat Sie der Channel in Ihrer neuen Rolle aufgenommen?

Eigentlich sehr gut. Ich habe in meinen 22 Jahren in der Schweiz und im Schweizer Channel ein grosses Netzwerk aufgebaut. Ich habe immer versucht, in diesem kleinen, überschaubaren Markt den Partnern gegenüber loyal zu sein. Das zahlt sich jetzt aus. Die meisten Kontakte, die ich anspreche, reagieren sehr positiv. Aber nicht nur meinetwegen, sondern auch wegen des Angebots, das wir haben.

Was bietet Equinix dem Schweizer Channel denn genau? 

Als Equinix 2015 sein Channelprogramm vorstellte, hatte die Firma schon 15 Jahre Direktverkauf hinter sich. Wenn solche Firmen in den Channel gehen, gleicht das oft einer Wellenbewegung. Erst heisst es: "Wir brauchen unbedingt Partner." Dann beginnt man damit, die Partner aufzubauen. Das braucht Zeit und geht nicht von heute auf morgen. In vielen Firmen fehlt aber die Geduld dafür. Oft heisst es dann: "Das bringt doch nicht das, was wir wollen." Ich habe das mehr als einmal erlebt. Equinix ist anders. Die Firma holte sich erfahrene Channel-Leute und ist flexibel genug, das Partnerprogramm immer wieder anzupassen. Wir diskutieren jetzt etwa über neue Partnerstatus. Statt vier wird es wahrscheinlich nur noch zwei geben. Ausserdem unterscheiden wir jetzt zwischen Managed-Service-Providern und Referral-Partnern. Letztere bekommen von uns eine Provision, wenn sie uns neue Kunden bringen. 

Und was bieten Sie den Managed-Service-Providern?

Wir bieten ihnen die Plattform, auf der sie ihre Services zusammen mit unseren Flächen im Rechenzentrum verkaufen können, und wir unterstützen sie dabei. 

Wie unterstützen Sie diese Partner?

Wir versuchen, die Partner bei der Planung ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen. Viele Managed-Service-Provider bieten heute Hosting- oder Infrastrukturdienstleistungen an, die sie aber bei sich in einem kleinen privaten Rechenzentrum bereitstellen. Wohl wissend, dass sie ihren Kunden zunehmend auch Lösungen aus der Public Cloud anbieten müssen. Hier helfen wir den Partnern mit unserer Plattform. Wir bieten Workshops mit Spezialisten, die wirklich wissen, was es braucht, um Kunden auf dem Weg in die Cloud zu begleiten. 

Als kleiner Managed-Service-Provider mit 50 Kunden in ­meinem eigenen kleinen Rechenzentrum kann ich also meine ganze Hardware nehmen, zu Ihnen bringen und dann ­zusätzlich Cloud-Dienste von Microsoft und Co. anbieten?

Das wäre ein denkbares Szenario. In den meisten Fällen läuft es aber anders. Es beginnt projektspezifisch. Das heisst, der Partner hat einen Kunden, der unbedingt einen Zugang zu Amazon oder Azure möchte. Der Partner fängt dann mit diesem Kunden an und schaut wie es läuft. Er kann eine Plattform auf Basis unseres Angebots entwickeln. Wir unterstützen ihn dabei. 

Wie sieht es aus, wenn sich der Partner am Anfang keine ­eigene Infrastruktur leisten kann, um sie zu Ihnen ins ­Rechenzentrum zu stellen? 

Wir selbst bieten keine Infrastruktur an. Aber wir haben Plattformpartner, die genau darauf spezialisiert sind. Aktuell haben wir zusammen mit Netapp eine erste Testplattform in Zürich ZH5 installiert.

Was umfasst diese Testplattform?

Es ist ein Private Storage von Netapp. Von unserer Seite kommt die Verbindung zu AWS in Frankfurt. Erste Partner testen jetzt diese Verbindung und die Rechenleistung. 

Sind das Partner von Ihnen oder von Netapp? 

Momentan sind das Netapp-Partner. Wir versuchen, diese nun auch als Equinix-Partner zu gewinnen. Ich will auf­ längere Sicht ein Partnerökosystem in unseren Rechenzentren aufbauen. 

Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Es gibt viele spezialisierte Partner. Partner, die sich um die letzte Meile kümmern, Partner, die sich auf SAP konzen­trieren, Partner, die auf hybride Applikationen spezialisiert sind. Ich versuche, sie zusammenzubringen und eine gemeinsame Plattform für sie zu kreieren, damit sie Syner­gien untereinander nutzen können. 

Was können die Partner mit dieser Plattform anfangen?

Ein Partner, der bei uns im Rechenzentrum ist, hat Zugriff auf alle Kunden und Partner weltweit. Das heisst, es gibt einen Marktplatz, eine geschützte Umgebung, in der er seine Services auf der ganzen Welt verkaufen kann, wenn er möchte. Das ist ein grosser Vorteil für Partner, die in diese Richtung wachsen wollen. 

Das erinnert mich stark an die Cloud-Marktplätze der ­Distributoren. 

Wir nennen zwar unser ganzes Ökosystem auch Marktplatz, aber wir machen keinerlei Abrechnung oder SLAs darüber. Die Distributoren-Marktplätze sind eigentlich dafür da, dass man die Cloud managen und abrechnen kann. Wir arbeiten deshalb auch mit den Distributoren zusammen. In der Schweiz etwa mit Arrow ECS. Irgendwann soll es dann auch so weit sein, dass Kunden Services über ein Portal einkaufen können. 

Wie viele Partner hat das bisher überzeugt? 

Momentan haben wir in der Schweiz zehn Referral-Partner und Managed-Service-Provider, die einen Vertrag unterschrieben haben und bereits aktiv mit uns arbeiten. 

Was ist das Ziel? 

Ich will nicht allzu viele. Vielleicht werden es 20, 25 sein. Die will ich zusammenbringen, bestmöglich unterstützen und mit ihnen wachsen. 

Seit 2016 bieten Sie Trainings und Zertifizierungsprogramme. Wie sehen die genau aus?

Als ich bei Equinix anfing, waren die Zertifizierungsprogramme meiner Meinung nach nicht optimal ausgerichtet. Seither diskutieren wir intern darüber. Auch auf globaler Ebene. Es wird aber weiterhin Zertifizierungen geben. Gerade wenn ich an unseren Cloud-Exchange denke, der die Verbindung zu anderen Rechenzentren herstellt. Da muss ziemlich viel konfiguriert werden. Ich will hier in meinem Ökosystem einen Partner haben, der das für alle macht. 

Die Zertifizierungen sind also nur für einen Partner gedacht? 

Nein. Es wird noch weitere geben. Die betreffen aber nur relativ kleine Bereiche wie die Anforderungen verschiedener Applikationen oder die verschiedenen Anforderungen an die Stromversorgung in den Racks. Viel wichtiger sind für mich die Workshops für die Managed-Service-Provider, mit denen wir ihnen zeigen wollen, wie sie ihr Geschäftsmodell erweitern können. 

Arbeiten Sie mit Herstellern zusammen? Microsoft bietet für seine Partner ja auch solche Workshops an. 

Wir versuchen, mit den Herstellern zusammenzuarbeiten. Die haben ja schon Erfahrung damit und auch die passenden Partner. Ende Januar hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit Yvonne Bettkober von Microsoft. Wir werden uns wieder zusammensetzen und schauen, welche Partner wir gemeinsam angehen. Gleiches passiert mit Amazon und Oracle. 

Sind die Workshops gratis? 

Die Zertifizierungen und Trainings sind gratis. Bei den Workshops arbeiten wir mit einer Agentur zusammen. Die hilft uns, für jeden Partner den richtigen Inhalt zusammenzustellen. Das ist teuer, und wir werden die Partner an den Kosten teilweise beteiligen. 

Von welchen Problemen oder Herausforderungen hören Sie, wenn Sie mit bestehenden oder neuen Partnern sprechen? 

Die Partner stehen vor einer Entscheidung: Public Cloud oder Hybride Cloud. Sie brauchen neues Know-how, sie müssen den Kunden beraten, wenn er in die Cloud will. Denn ohne Partner sind viele Kunden verloren. Ich merke, dass sich jetzt Partner im Markt herauskristallisieren, die das wollen und können. Und wir haben das Glück, dass wir bereits Partner in unseren Rechenzentren haben, die an vorderster Front dabei sind.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Schweizer ­Channel? 

Jeder Hersteller, bei dem ich in den letzten 22 Jahren gearbeitet habe, weiss um den Wert des Channels. Einige müssen ihre Ausrichtung ändern, aber ohne Partner geht es nicht. Für die Partner bedeutet das, dass sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren müssen. Das heisst auch, sich neuen Technologien und der Digitalisierung gegenüber zu öffnen. Ihre Kunden verlangen kompetente Beratung und werden es ihnen mit Aufträgen danken.

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