Vis-à-vis

"Wir wollen ein Vorbild­unternehmen sein"

Uhr | Updated
von George Sarpong

Der Strukturwandel in der IT-Branche, weg vom Blech hin zu Servicelösungen, hat im vergangenen Jahr auch den Speicher­hersteller Netapp beschäftigt. In der Schweiz leitet Remo Rossi wieder den Standort, den er Jahre zuvor mit aufgebaut hatte. Im Gespräch erklärt Rossi, wie Netapp seinen Weg zwischen Trendthemen wie Hybrid-Cloud und Big Data gehen möchte und welche Folgen sich daraus für die Partner ergeben.

Remo Rossi, Country Manager Schweiz, Netapp (Quelle: Netzmedien)
Remo Rossi, Country Manager Schweiz, Netapp (Quelle: Netzmedien)

Sie haben zwischen Januar und April des vergangenen Jahres übergangsweise die Leitung bei Netapp Schweiz übernommen. Seit Mai 2013 arbeiten Sie wieder offiziell als Country Manager Schweiz für Netapp. Wie kam es dazu?

Remo Rossi: Da muss ich etwas ausholen: Ich bin seit dem 1. Februar 2000 in der Firma und baute Netapp in der Schweiz mit auf. Ab Mai 2011 änderte unser Mutterhaus die Sales-Organisation, und die Schweiz rapportiere nicht mehr an mich. Während dieser Zeit übernahm ich die EMEA Emerging Markets Area, die sich von Russland bis nach Süd­afrika erstreckte. Für das neue Geschäftsjahr 2014, das bei Netapp am 1. Mai 2013 startete, wurde die EMEA-Organisation neu aufgesetzt, und seit diesem Zeitpunkt verantworte ich wieder die Schweiz sowie auch Österreich und die Türkei.

Was geschah dann?

Nachdem der ehemalige Geschäftsführer Ende 2012 eine neue Herausforderung angenommen hatte, überlegten wir uns, wie wir die Position optimal besetzen könnten. Ich übernahm dann die Aufgabe interimistisch, da ich ja bereits vor Ort war. Nachdem die Planung für das neue Geschäftsjahr abgeschlossen war, habe ich, wie bereits erwähnt, ab Mai 2013 auch die operative Führung in der Schweiz übernommen – zusätzlich zu den Ländern Österreich und Türkei.

Wie war das für Sie?

Für mich war es wie eine Heimkehr. Auch muss ich jetzt weniger Zeit in Flugzeugen verbringen, dafür mehr mit unseren Kunden und Mitarbeitern in der Schweiz und in Österreich. Für Österreich bin ich bereits seit rund zehn Jahren verantwortlich.

Was passierte zwischen dem Weggang Bachofners und Ihrer offiziellen Übernahme der Geschäfte bei Netapp Schweiz?

Bis zu meiner Übernahme der Geschäftsführung fehlte für fast ein Jahr ein offizieller Country Manager, wodurch auf die Mitarbeiter und das Management-Team zusätzliche Verantwortungen zukamen.

Klingt nach Chaos.

Nein, das war absolut nicht der Fall, das Management-Team und die Mitarbeiter kennen ja das Business und wurden durch unsere EMEA-Stellen unterstützt. Nach meiner Rückkehr analysierten wir die Situation und definierten letztlich unseren Kurs, von dem wir glauben, dass er uns voranbringen wird.

Wo mussten Sie den Kurs korrigieren?

Wir mussten nicht wirklich viel korrigieren. Eher wieder verdeutlichen, was unsere Ziele sind, was unsere Strategie ist, und wie wir diese mithilfe unserer Firmenkultur erreichen können.

Wie sieht denn die Netapp-Kultur aus?

Wir wollen ein Vorbildunternehmen für unsere Kunden und für unsere Mitarbeiter sein. Wir pflegen eine offene und transparente Kommunikation. Ausserdem leben wir nach sieben Werten. Die wohl zwei wichtigsten sind «go beyond» und «get things done». Das heisst, jeder von uns ist bereit, Extrameilen zu gehen und sein Bestes zu geben, um unsere Kunden unkompliziert zu bedienen und deren Probleme zu adressieren. Es ist uns aber auch wichtig, dass wir den Spass und die Freude an unserem Job nicht verlieren.

Und wie sieht Ihre persönliche Führungskultur aus?

In meinem Team soll sich jeder als Unternehmer verstehen. Ich gebe meinen Mitarbeitern die Leitlinien vor. In dieser Bandbreite kann sich jeder frei bewegen. Wir glauben, damit die Kreativität zu fördern und jedem Mitarbeiter die nötige Eigenverantwortung zu lassen. Genau das macht das Arbeiten bei Netapp interessant.

Wie lief das Geschäft für Netapp im Jahr 2013?

Wir befinden uns im Fiskaljahr 2014, das im Mai enden wird. Bisher sind wir sehr zufrieden mit dem Verlauf der letzten Monate. Wir geben als Länderorganisation keine konkreten Zahlen zum Schweizer Geschäftsgang bekannt. Wir konnten aber in der ersten Hälfte unseres Fiskaljahres unsere Position am Schweizer Markt signifikant ausbauen. Wir wachsen zudem immer noch schneller als der Markt, was für uns ein wichtiger Gradmesser ist.

Netapp betont immer wieder, die Nummer eins am Speichermarkt werden zu wollen. Wie wollen Sie das schaffen?

Wir wollen nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit Marktführer im Speichergeschäft werden. In Ländern wie Deutschland, Österreich und weiteren europäischen Märkten haben wir dieses Ziel bereits erreicht.

Aber nicht in der Schweiz.

In der Schweiz sind wir klar die Nummer zwei im Speichermarkt. Die bisherige Entwicklung gibt uns die nötige Zuversicht und Motivation, um auch in diesem Markt die Nummer eins zu werden.

Wie sieht Ihre Strategie aus?

Wir adressieren mit unserem Produktportfolio die Businessanforderungen unserer Kunden mit massgeschneiderten Lösungen, um in den kommenden Jahren die Nummer eins zu werden. Wir wollen nicht nur ein Produkt auf den Markt bringen, sondern verstehen, was der Kunde braucht und ihm mit unserer Technologie helfen, seine Geschäftsprozesse schneller, günstiger und sicherer zu gestalten. Hierfür entwickeln wir Produkte für alle Branchen und Firmengrössen. Unsere Partner erweitern darüber hinaus Netapps Produkte zu Gesamtlösungen und helfen somit, unsere Kunden wunschgemäss zu bedienen. Des Weiteren fokussieren wir uns auf bestimmte Wachstumstechnologien und machen grosse Investitionen, um die IT-Herausforderungen von morgen meistern zu können.

Welche Hypes verfolgt Netapp?

Selbstverständlich sind Hypes wie Cloud, Big Data und neue Technologien wie Flash oder Software-defined Storage ein grosses Thema für uns. Oftmals verfolgen wir jedoch einen anderen Ansatz als manch anderer Hersteller.

Das heisst?

Zum Beispiel Cloud: Wir glauben, dass die Zukunft in einem Hybrid-Cloud-Modell zu finden sein wird. Das hilft uns, wie auch unseren Partnern, da wir mit vielen Service­providern eng zusammenarbeiten und unsere Technolgien nutzen,  Daten zwischen den verschiedenen Standorten zu verschieben.

Ein anderer Hype wäre Big Data. Diesem widmen sich bereits Ihre Mitbewerber wie EMC, HP oder IBM. Wie sehen Ihre Pläne in diesem Bereich aus?

Bei Big Data geht es aus unserer Sicht vor allem darum, sehr grosse Datenmengen effizient abspeichern und analysieren zu können. Dabei geht es um sehr grosse Bandbreiten und die Fähigkeit, grosse Datenmengen zielgerichtet auszuwerten. Etwa um zu erfahren, wie Sie oder ich einkaufen. Unser Ansatz zielt darauf ab, mit Herstellern wie SAP zusammenzuarbeiten, um eine vordefinierte und getestete Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die einfach verwaltet werden kann.

Reicht diese Einschränkung, um an die Spitze zu kommen? Andere Hersteller sind deutlich breiter aufgestellt als Netapp. Selbst Ihr direkter Konkurrent, der Speicherhersteller EMC, ist breiter aufgestellt.

Das ist ein Weg, den man gehen kann, aber nicht unser Weg. Netapp ist kein Player, der in die Breite geht und eine Reihe verschiedener Produkte anbieten wird oder Firmen einkauft, um das ganze Spektrum  der IT abzudecken. Wir verfolgen den Ansatz mit unserer Datenmanagement-Lösung, offen für die Systeme von Dritten zu sein und zusammen mit anderen führenden Herstellern eine funktional bessere Lösung bieten zu können. Auch deshalb unterstützen wir den Openstack-Gedanken und die Openstack-Community. Darüber hinaus wollen wir zusammen mit unseren Partnern wachsen und uns auf unsere Kernkompetenzen konzentieren.

Entscheidend wird für Netapp auch die Zusammenarbeit mit dem Channel sein. Wie läuft das Partnergeschäft in der Schweiz?

Unsere Partner sind näher am Kunden dran. Wir bekennen uns deshalb zu 100 Prozent zu den Partnern. Allerdings gibt es global agierende Kunden, die direkt mit uns arbeiten möchten. Dadurch ergibt sich weltweit ein durchschnittlicher Anteil der Partner an unserem Geschäft von über 85 Prozent. Gleiches gilt auch für die Schweiz. Auch wenn wir zufrieden sind, akquirieren wir weiterhin Fachhändler, mit denen wir wachsen wollen und uns neue Bereiche erschliessen können. Denen möchten wir beweisen, dass sie mit Netapp-Produkten mit geringen Ressourcen erfolgreich wirtschaften können.

Welche Kriterien wenden Sie bei Ihrer Suche an?

Wir versuchen unsere Partner so zu akquirieren, dass wir unseren Kunden einen Mehrwert bieten können. Denn deren Ansprüche steigen. Entsprechend gestalten wir unsere Partnerlandschaft auf Basis unserer Lösungen, die durch die Partner mit weiteren Angeboten ergänzt werden können.

In welchen Bereichen?

Insbesondere im Bereich Managed Service. Die IT-Abteilungen unserer Kunden müssen immer mehr Services mit weniger Personal zur Verfügung stellen. Die IT wird in Kernbereichen immer wichtiger, und die Service Level bezüglich Verfügbarkeit und Qualität steigen. Spardruck führt dazu, dass Unternehmenskunden ihre IT-Ansätze überdenken und ihre Ressourcen und finanziellen Mittel in ihre Hauptgeschäftsbereiche investieren wollen. Deshalb lagern immer mehr Organisationen den Betrieb oder Teile der Infrastruktur aus und sind da auf verlässliche Partner angewiesen.

Sind die Serviceprovider die Gewinner dieses Strukturwandels in der IT?

Ich würde es so ausdrücken: Wenn ein Serviceprovider seine Strategie richtig umsetzen kann, dann zählt er eindeutig zu den Gewinnern dieses Wandels. Ein aktuelles Risiko ist etwa die Datenklassifizierung. Durch den NSA-Skandal ist das für viele Kunden wieder zu einem aktuellen Thema geworden. Ein Partner sollte mit seinen Kunden klare Regeln aufstellen, nach denen diese ihre Daten outsourcen möchten. Was uns wieder auf das  Thema Hybrid-Cloud-Modell bringt. Genau da setzen unsere neuesten Lösungen auch an. Anwender behalten die Daten in ihrer Kontrolle, benutzen aber dennoch die flexible Rechenkapaziät in Public Clouds, zum Beispiel Amazon.

Im Gegenzug wird der einfache Reseller zum Verlierer.

Nein, das ist nicht so. Er kann zusätzlich zum Produkt und zu den bestehenden Dienstleistungen seinen Kunden auch weitere Services verkaufen. Ein Reseller wird dadurch, eigentlich wie die IT-Abteilung in einem Unternehmen, zu einem Broker von Services. Zum Beispiel baut er dem Kunden eine Private Cloud und bietet dazu das Disaster Recovery oder das Back-up als Service in eine Cloud an. Auf diese Weise kann auch der klassische Wiederverkäufer zum Gewinner werden,  den Trends folgen und den Kunden innovative und kostengünstige Gesamtlösungen anbieten. Wir sehen mometan, wie viele unserer Partner genau solche Services in ihr Portfolio aufnehmen oder gar selbst für den Wiederverkauf aufbauen.

Die Partner müssen also ihren Wissensstand deutlich erhöhen.

Absolut, und das auf verschiedenen Gebieten: Partner müssen den Wandel des Marktes genauso verstehen wie die Technik. Wir Hersteller werden künftig auch mehr Zertifizierungen von den Partnern erwarten. Hinzu kommt, dass die Ansprüche bei den Zertifizierungen steigen werden. Die gros­sen Partner machen diese Entwicklungen meist automatisch mit. Die kleineren Partner müssen teilweise ihre Arbeitsweise auf ein anspruchsvolleres und marktkonformes Niveau anheben, um von den Entwicklungen nicht überrollt zu werden.

Ihre persönliche Botschaft an die Partner?

Wir setzen auf Partner, die mit uns im Rahmen unseres Strategiewechsels zusammenarbeiten möchten. Denen wollen wir mit unseren Produkten und Lösungen Mehrwerte für deren Kunden bieten. Wir wünschen, dass unsere Partner selbst sagen: Wenn wir mit Netapp zusammenarbeiten, erwirtschaften wir mehr Marge und gewinnen mehr zufriedene Kunden. Hinter einer Zusammenarbeit stehen aber immer Menschen, die sich vertrauen sollten. Netapp ist ein partnerorientierter Hersteller, der diesen Ansatz bereits seit vielen Jahren verfolgt. Auf diese Weise können wir gemeinsam am «Verdrängungsmarkt Storage» auch in Zukunft bestehen, wachsen und letztlich den Kunden grosse Mehrwerte für ihr Business bieten.

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