"Wir wollen Partner, die mit uns mehr als nur eine Transaktionsbeziehung haben möchten"

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von Marc Landis

Seit rund einem Jahr ist Canon Schweiz am neuen Firmensitz in Wallisellen zuhause. Die Océ-Integration ist abgeschlossen. Nun will Canon-Schweiz-CEO Markus Naegeli im B2B-Geschäft vor allem mit Services und Systemintegration zulegen. Wie er das anstellen will, und wie sich Canon in der Schweiz im Digital­kamera- und Printing-Umfeld schlägt, erklärt er im Interview.

Markus Naegeli, CEO, Canon Schweiz (Quelle: Netzmedien)
Markus Naegeli, CEO, Canon Schweiz (Quelle: Netzmedien)

Wie geht es Canon in der Schweiz?

Markus Naegeli: Wir sind in vielen Geschäftsbereichen erfolgreich unterwegs. Natürlich gibt es solche, die besser laufen könnten. Doch so im Grossen und Ganzen sind wir zufrieden. Wir haben zu Beginn des Geschäftsjahres Ziele definiert und dabei grossen Wert darauf gelegt, dass diese Ziele auch von jedem einzelnen Mitarbeitenden und allen Bereichen getragen werden. Unter dem Motto "We deliver", zu deutsch "Wir liefern", kann jeder Mitarbeitende seinen persönlichen Beitrag zum Unternehmensziel formulieren und umsetzen.

Wie fühlen Sie sich am neuen Standort in Wallisellen?

Wir fühlen uns sehr wohl. Als wir uns mit Océ zusammengeschlossen haben, wollten wir das auch zum Anlass nehmen, unsere Infrastruktur zu modernisieren und den Firmenstandort in ein Gebäude zu verlegen, das unseren Bedürfnissen besser entspricht als das alte. Der neue Standort ist ein sichtbar gemachter Teil unserer neuen Unternehmenskultur. Ein wichtiger Aspekt ist eine durchgängige Kommunikationskultur. Das neue Gebäude ist offen, transparent und hell.

Wie ist Canon nach der Océ-Integration nun konkret organisiert?

Wir haben die Strukturen der beiden Unternehmen kombiniert und eine neue gemeinsame Struktur geschaffen. Die Teams wurden vollständig durchmischt und neu aufgestellt. Diese ganze Umstellung ist in vier Monaten über die Bühne gegangen. Das war für alle Beteiligten sehr anspruchsvoll. Was mich gefreut hat, waren die vielen positiven Feedbacks von Kunden während der Integrationsphase. Wir hatten auch in dieser Phase von allen Canon-Gesellschaften die höchste Kundenzufriedenheit in Europa. Ich bin stolz auf alle Mitarbeitenden, dass wir das so schnell und mit so wenig Reibungsverlust hingekriegt haben. Und das war nur möglich, weil wir aus beiden Untenehmen so viele gute Leute zusammenbringen konnten.

Mussten durch die Integration der beiden Unternehmen auch Mitarbeitende gehen?

Während solchen Reorganisationen und auch in der Phase danach gibt es immer Personen, die sich im neuen Set-up nicht wohlfühlen oder sich verändern möchten. Das war bei uns nicht anders. Es ging aber fast ohne Entlassungen und in der Zwischenzeit haben wir sogar wieder mehr Mitarbeitende eingestellt, als uns verlassen haben.

Wie läuft Ihr Digitalkamerageschäft?

Im Geschäft mit digitalen Kompaktkameras hat sich die Konkurrenzsituation verändert. Zu den Mitbewerbern gesellen sich zunehmend auch Smartphone-Anbieter dazu. Dieser Trend hat sich auch dieses Jahr weiter fortgesetzt. Insofern ist das Kompaktkamera­segment schwierig. Besonders stark wurden die Einsteigerlinien bei den Kompaktkameras durch Smartphones verdrängt. Das obere Segment verändert sich auch, aber da werden wir uns weiterhin behaupten können. Wir bewegen uns mit dem Markt und auch gemäss unseren eigenen Erwartungen.

Und wie wollen Sie den Smartphones die Stirn bieten?

Wir werden einerseits noch mehr Connectivity-Funktionalitäten in unsere Produkte einbauen. Und natürlich werden wir weiterhin auf gute Bildqualität und Optik Wert legen.

Wie sieht es bei den Systemkameras und bei Canons Paradedisziplin Spiegelreflexkamera aus?

Wir sind erst sehr spät in den Systemkamera-Markt eingestiegen und bieten im Moment nur ein Produkt, die EOS M, an. Der Schwung ist bei den Systemkameras etwas kleiner geworden. Der D-SLR-Gesamtmarkt war dieses Jahr in der Schweiz zum ersten Mal überhaupt rückläufig. Diese Entwicklung spüren wir natürlich auch. Unter Druck sind in diesem Segment vor allem die Einsteigermodelle. Im Pro-sumer- und im Profisegment sind wir sehr gut unterwegs.

Wo sehen Sie Wachstumsmöglichkeiten im Kameraumfeld?

Der Markt für Bewegtbild wächst sehr stark. Treiber dafür sind das Internet und Social­ Media. Die Nutzer werden immer mehr selbst filmen und diese Videos dann auf Youtube, Facebook etc. publizieren. Das Stichwort lautet User-generated Content. Immer mehr Menschen stellen ihre Fähigkeiten in Lern- oder Dokumentationsvideos auf den Videoplattformen vor. Man kann Kochen lernen oder lernen, ein Instrument zu spielen. Diese Art Videos generieren mehr "Views" als Actionvideos. Unsere kleine Full-HD-Videokamera Legria Mini unterstützt diesen Trend und spricht ein Publikum an, das auf einfache Art sehr gute Videos produzieren und publizieren möchte. Das Gerät ist übrigens nicht grösser als ein Smartphone und bietet neben der tollen Optik zusätzliche Features, die die Produktion von Videos einfach machen.

Welche Trends sehen Sie im Digitalkamerageschäft?

Auch bei Webvideos wird HD-Qualität zum Standard werden. Zudem steht 4K quasi vor der Consumer-Türe, und in dem Bereich sind wir mit unseren D-SLRs ganz vorne mit dabei. Zudem sind Corporate-TV und Corporate-Videos zwei wichtige Wachstumsmärkte für uns. Der Trend im Allgemeinen geht in Richtung Connectivity mit WiFi, Bluetooth und NFC. Die Social-Media-Anbindung spielt eine bedeutende Rolle. Es wird immer wichtiger, dass wir mit unseren Produkten auch Software anbieten, die es einfach macht, Inhalte zu speichern, zu bearbeiten, zu organisieren und zu publizieren.

Wie läuft Ihr Druckergeschäft?

Das klassische Consumer-Hardwaregeschäft ist aufgrund sinkender Preise und Margendruck schwierig und wird auch in den nächsten Jahren schwierig bleiben. Wir freuen uns aber, dass wir mit unseren Fotodruckern Pixma Pro für hochwertige Fotodrucker die Nummer eins im Markt sind. Auch bei den Multifunktionsdruckern waren wir im ersten Halbjahr 2013 die Nummer eins. Sehr bedeutend ist bei uns das Information Management. Mit Softwarelösungen rund um Dokumentenmanagementsysteme und Enterprise Content Management sind wir mit einigen hundert Installationen in der Schweiz führend.

Wie sieht es im Unternehmensdruck aus?

Auch hier ist das klassische Hardwaregeschäft schwieriger geworden. Und wenn wir uns nur in diesem Markt bewegen würden, wäre das sicher eine grosse Herausforderung. Canon ist viel breiter aufgestellt und kann neben dem Hardwaregeschäft auch mit Software, Integration und Dienstleistungen Kunden gewinnen und Projekte realisieren. Durch die Übernahme von Océ ist dieser Bereich bedeutend für uns geworden.

Wie muss man sich dieses Geschäftsfeld vorstellen?

Wir entwickeln gemeinsam mit Kunden auf ihre Ansprüche und Umgebung angepasste Lösungen und meistern so gemeinsam Herausforderungen, die Unternehmen mit unserem Fachwissen und unseren Hard- und Softwarelösungen meistern könnten. Ein gros­ser europäischer Autovermieter etwa hat das Dokumenten-Scanning an uns ausgelagert. Das funktioniert so: Wir lesen Dokumente ein, speisen dann die darin enthaltenen Informationen in sein ERP-System ein und stellen die Dokumente wieder elektronisch zur Verfügung, wann und wo er diese braucht. Solche Business-Services erbringen wir in der Regel als Partner für Outsourcing auch inhouse beim Kunden.

Welche Trends sehen Sie im Druckergeschäft?

Wir sehen, dass insgesamt nicht markant weniger gedruckt wurde. Das komplett papier­lose Büro ist und bleibt vorerst zumindest noch eine Illusion. Business-Services rund ums Drucken zusammen mit Dokumentenmanagement werden wichtig bleiben.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung rund um Managed Print Services ein?

MPS ist für uns nichts Neues. Wir haben damit schon vor etwa zehn Jahren angefangen, und es ist ein wichtiger Wachstumsbereich für uns. Der Markt wird zweifelsohne noch weiter zulegen.

Wie ist das Verhältnis zwischen direktem und indirektem Geschäft bei MPS?

Es ist gesund. Der Kunde entscheidet, ob er mit einem Partner oder mit Canon direkt arbeitet. Wichtig ist für uns, dass das Resultat beim Endkunden stimmt. Wenn Partner unser MPS-Angebot weiterverkaufen wollen, müssen sie sich einfach als "Canon MPS Partner" zertifizieren lassen. Wir können und wollen auch im Channel noch wachsen und wollen da auch weiter investieren.

Welches Geschäft liegt Ihnen näher: das Digitalkamera- oder das Druckerbusiness?

Ich habe keine Präferenzen. Für mich sind diese beiden Bereiche so komplementär zueinander wie Yin und Yang. Das Schöne an meinem Job ist, dass ich beides machen kann. Mich faszinieren die Emotionen, die eine Fotografie oder ein Video auslösen können und auch das Gerät, das dieses Bild einfängt. Und ich habe Freude an der Technik, egal ob sie in einer Legria-Mini-Videokamera steckt oder in einer riesigen Endlosdruckmaschine. Im Weiteren ist es auch unglaublich interessant, welche Lösungen unsere Mitarbeitenden rund um Druck- und Dokumentenmanagement schaffen.

Welche Prognosen geben Sie für das Rest-Jahr 2013 ab, und wie schätzen Sie die Marktentwicklung 2014 ein?

Das Consumer-Geschäft ist nach einer starken Baisse im Sommer wieder angesprungen, und wir werden das Jahr in diesem Bereich anständig beenden. Die Signale aus dem Channel sind positiv. Wir merken das auch am steigenden Bestellungseingang. Wir sind auch zuversichtlich für 2014. Konjunkturprognosen und die Kosumentenstimmung sind positiv. Für das B2B-Geschäft ist zudem der Investitionsindex wichtig. Dieser zeigt für 2014 nach oben.

Ihre Message an den Channel?

Wir möchten mit Partnern arbeiten, die mit uns mehr als nur eine Transaktionsbeziehung haben möchten. Wir freuen uns über Menschen mit guten Ideen, mit denen wir gemeinsam die Zukunft gestalten und wachsen können. Wir sind offen für Partnerschaften.

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