Cebit 2011

Zurück in alter Frische

Uhr | Updated
von Marc Landis

Sieben Millionen Geschäftskontakte in 45 Stunden, dazu mehr Aussteller und Besucher – die Cebit zeigt sich fast wieder in altem Glanz. Und wie es scheint, sind alle zufrieden. Auch die 36 Schweizer Aussteller, die am zweitletzten Messetag Besuch von der ICT-Switzerland-Delegation mit Präsident Ruedi Noser bekamen. Dieser hatte das Dossier Digitale Agenda 2020 im Gepäck.

Am 5. März ist in Hannover die diesjährige Cebit zu Ende gegangen. Veranstalter und Aussteller ziehen eine positive Bilanz. Mit 339 000 Besuchern haben sich 5000 mehr als letztes Jahr registriert.

Die Veranstalter, Deutsche Messe und der Branchenverband Bitkom, glauben mit der Wahl des Messethemas «Cloud Computing» auf die richtige Karte gesetzt zu haben: «Die Cloud beschäftigt sämtliche Sparten der ICTBranche und führt zu tiefgreifenden Veränderungen in allen Branchen. Die Cebit hat eine Fülle von Anwendungen präsentiert, die Akzeptanz für Cloud-Technologien erhöht und signifikante Geschäftsabschlüsse realisiert. Die fünf Tage von Hannover haben das grosse Potenzial des Cloud-Ansatzes aufgezeigt», sagte Ernst Raue, der für die Cebit zuständige Vorstand der Deutschen Messe AG. Als grosser Erfolg kann auch der um 15 Prozent Ausstellungsfläche angewachsene Planet Reseller gewertet werden. 85 000 Besucher lockte der speziell auf den Fachhandel ausgerichtete Bereich in den Hallen 14 und 15 während der Messe an. Das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. So äusserten sich die mehr als 200 Aussteller des Planet Reseller denn auch positiv und lobten die gute Stimmung, wie die Messeveranstalter durch Ausstellerstimmen untermauern und wie ITMarkt vor Ort von Schweizer Messebesuchern aus der Schweiz erfuhr. Zu den meist diskutierten Themen im Planet Reseller gehörte wenig überraschend das Cebit- Leitthema «Work and Life with the Cloud» und natürlich die Flut der neuesten Tablet-PCs. Letztere präsentierten die verschiedensten Hersteller gleich dutzendfach.

Rund 40 neue Tablet-PCs

Die Tablet-PCs und Webpads, die fast nur noch aus einem Bildschirm bestehen und grösstenteils mit Android 3.0 Honeycomb oder Microsoft Windows 7 betrieben werden, würden sich als eigenständige Geräteklasse neben Desktoprechnern, Notebooks und Netbooks etablieren, sagte der Präsident des deutschen Branchenverbands Bitkom August- Wilhelm Scheer auf der Messe. Neue Geräte mit Androids Honeycomb zeigten LG, Samsung, Acer, Asus und andere mehr. Die neusten Betriebssystemversionen benötigen allerdings auch entsprechende Rechenleistung: In einigen Geräten arbeiten bereits Dual-Core-Prozessoren im 1-Gigahertz-Takt. Ähnlich viel Rechenleistung bieten auch schon die Smartphones einiger Hersteller des Jahrgangs 2011. Diesen prognostiziert der deutsche Branchenverband Bitkom einen Absatzanstieg in Deutschland um 36 Prozent. Die Schweiz ist in dieser Hinsicht bereits ein etwas reiferer Markt und überdurchschnittlich gut mit Smartphones versorgt. Gemäss Marktforscher Robert Weiss wurden in der Schweiz letztes Jahr 1,5 Millionen Smartphones abgesetzt. Das EITO prognostiziert dem Gesamtmobiltelefonmarkt für 2011 in der Schweiz, vor allem getrieben durch Smartphones, ein Wachstum von 12 Prozent.

Rückkehr der Grossen

Neben der Cloud und den Tablets waren mobiles Web, Smart Grids (intelligente Stromnetze) und die Chancen von Social Media in Unternehmen wichtige Themen auf der Cebit. Dazu präsentierten insgesamt mehr als 4200 Unternehmen (50 mehr als letztes Jahr) aus über 70 Ländern ihre Produkte und Lösungen. Darunter auch Firmen, die nach mehrjähriger Pause zur Cebit zurückgekehrt waren, wie etwa Oracle, HP, Xerox, Canon, Epson und Siemens Enterprise Communications.

Für Epson etwa bot sich eigenen Angaben zufolge die Teilnahme nach vierjähriger Cebit-Pause an. Denn das Unternehmen könne so seine Strategie unterstreichen, verstärkt Lösungen für Geschäftskunden anzubieten und den indirekten Vertrieb über den Fachhandel auszubauen, erklärte Giordano Sticchi, Branch Office Manager von Epson in der Schweiz, auf der Messe. Mit dem Cebit- Auftritt sollte bestehenden und künftigen Fachhandelspartnern die Möglichkeiten zu erfolgreichem Cross-Selling mit Espon Produkten aufgezeigt werden. Dafür zeigte das Unternehmen Lösungen aus den Bereichen Managed Print Services, Dokumentenmanagement und Projektion an seinem Stand im Planet Reseller ebenso wie Tinte im Büroumfeld. Dies besonders eindrücklich durch eine Versuchsanordnung, anhand der Epson die massiv geringeren Kosten von Epsons Tintenstrahl- im Vergleich zu Laserdruckern demonstrierte. Die erwarteten neuen Business- Ink-Geräte zeigte Epson allerdings nicht. Dass solche aber in der Pipeline sein dürften, versteht sich von selbst.

Zu den weiteren prominenten Cebit-Rückkehrern zählten auch Druckerhersteller wie Canon und Xerox. Auf der Cebit 2011 ging der Trend zu intelligenten Managed Print Services (MPS). Diese wurden in einem gesonderten Bereich demonstriert. Auch mobile und cloudbasierte Drucklösungen, mit denen sich zum Beispiel auf einem Handy oder Tablet-PC gespeicherte Dokumente ausdrucken lassen, drängen in den Markt. Neues brachte die IT-Schau auch beim Enterprise Resource Planning: Längst beschränkt sich ERP in gut aufgestellten Unternehmen nicht mehr auf die Finanzbuchhaltung oder Steuerung von Maschinen. Die an der Cebit gezeigten Lösungen lassen sich flexibel um Cloud-Services und Apps erweitern.

Ein wichtiger Wachstumsmarkt ist zudem die Vernetzung von Maschinen (Machineto-Machine-Communication, M2M). Milliardenfach kommunizieren sie künftig untereinander per mobilen Datentransfer. Das wird allerdings auch ein massives Datenwachstum nach sich ziehen, dem die heutigen Infrastrukturen noch nicht gewachsen sind. Studien zufolge steigt der Datenverkehr im Festnetz bis 2013 um das Fünffache, im Mobilfunk sogar um das 60-Fache. Um dieser steigenden Nachfrage gerecht zu werden, kündigten die beiden führenden deutschen Netzbetreiber auf der Cebit 2011 an, dass der Ausbau der erforderlichen leistungsstarken Breitbandnetze weitergehe. Dabei setzen die Unternehmen auf einen Mix aus Glasfaser- und Kupferanbindungen sowie breitbandige Mobilfunktechnologien wie HSPA+, LTE und WLAN. Auch in der Schweiz sind die Ausbauten der Netzwerkinfrastruktur im Festnetz-und Mobilfunk in vollem Gange. LTE von Swisscom soll hierzulande allerdings frühestens 2011, eher wohl 2012 in Betrieb gehen. Auch internetfähige Fernsehgeräte, sogenannte Smart-TVs, gehen 2011 vermehrt auf Empfang. Der neue offene Übertragungsstandard, der dabei eingesetzt wird, heisst HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband Television). Er wird von vielen Unternehmen der Consumer-Electronics-Branche unterstützt und soll den zurzeit noch herrschenden Wildwuchs von proprietären Standards beenden. HbbTV bringt neben dem normalen Fernsehprogramm viele neue Dienste wie Spiele, Social Networks, Onlineabstimmungen, oder Video on Demand und auch programmbezogene Anwendungen, wie Videotext oder EPGs auf dem – natürlich 3-D-fähigen – Fernsehschirm.

Dreidimensionale Bilder erobern in diesem Jahr übrigens auch die PC-Displays und die Welt der Spielekonsolen. Mehrere Hersteller präsentierten in Hannover entsprechende Geräte. Mit der Sonderschau «Next Level 3 D» widmete die Cebit dem Thema 3-D sogar einen eigenen Ausstellungsbereich. Dort waren auch Displays zu sehen, die keine Spezialbrille mehr erfordern: Autostereoskopische Displays verfolgen mithilfe von Kameras die Augen der Betrachter und errechnen auf Basis dieser Daten, wie die für die 3-D-Darstellung nötigen Teilbilder anzuordnen sind.

Clusterkonzept und Global Conferences

Abgesehen von einem gelungenen Auftritt des Planet Reseller und einer Vielzahl von Neuheiten und Innovationen, zeigten sich die Veranstalter auch zufrieden über die Premiere der neuen «Cebit life», einer Begegnungsplattform für professionelle Anwender und Technikbegeisterte. «Diese Plattform werden wir weiter ausbauen, denn der Konsument ist inzwischen entscheidender Treiber für Innovationen und Geschäft», betonte Messeleiter Raue. Auch die Gliederung der Messe in die vier Plattformen Pro, Gov, Lab und Life soll nächstes Jahr sinngemäss weiter geführt werden.

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