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"Der ganze Druckermarkt ist unter Druck"

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Ende 2015 hat sich Hewlett-Packard in Hewlett Packard Enterprise und HP Inc. aufgeteilt. Adrian Müller übernahm die ­Leitung von HP Inc. in der Schweiz. Im Interview spricht er über den Start und wie es weitergeht.

Adrian Müller, Managing Director bei HP Schweiz. (Quelle: Netzmedien)
Adrian Müller, Managing Director bei HP Schweiz. (Quelle: Netzmedien)

Seit November 2015 ist Hewlett-Packard (HP) zweigeteilt. Wie lief es bisher für Sie in der Schweiz?

Adrian Müller: Es ist sehr gut gelaufen. Seit November rollen wir hier in Eigenregie und hatten keinerlei Probleme. Weder mit den Systemen noch mit der Kommunikation oder der Zusammenarbeit mit unseren Partnern.

Wie haben die Partner in der Schweiz die Spaltung auf­genommen?

Die Antwort der Partner war eigentlich immer die Gleiche: «Wir haben nichts vom Split gemerkt.» Wie es für die Partner im Einzelnen lief, können Ihnen unsere Distributoren sagen. Die sind noch näher an den Partnern dran und hatten während der Spaltung viel zu tun.

Was mussten die Distributoren denn machen?

Die Distributoren hatten vorher natürlich nur einen Vertrag mit HP, nur eine Schnittstelle mit uns. Das mussten sie alles duplizieren. Technisch ist das nicht ganz trivial. Aber es hat alles bestens funktioniert.

Marcel Borgo von Hewlett Packard Enterprise sagte ja auch schon, dass der Split sehr glatt über die Bühne ging. Wieso lief es so problemlos?

Wir hatten ein sehr gutes Separation Management Office, das im Hintergrund arbeitete. Da waren nicht nur unsere eigenen Leute beteiligt, sondern auch Partnerfirmen. Unsere internen Strukturen halfen uns ebenfalls.

Inwiefern?

Die Sales- und Partnerorganisationen waren vor dem Split schon in zwei Divisionen getrennt. Die tägliche Arbeit unserer Mitarbeiter veränderte sich kaum. Ich glaube, deswegen lief alles so ruhig ab.

Wie reagierten Partner, die schon vor dem Split mit beiden Divisionen zusammenarbeiteten? Sind Partner abgesprungen?

Es gab natürlich Partner, die befürchteten, dass nach der Spaltung alles noch komplizierter würde. Es war – wie bei jedem Grossunternehmen – nie sonderlich einfach, mit HP zusammenzuarbeiten. Wir haben das aber alles sehr gut kommuniziert und mit den Partnern besprochen. Die Partner reagierten entsprechend gut. Kurz: Nein, wir haben keine Partner verloren.

Im Januar sagten Sie uns, dass der SNB-Entscheid vor einem Jahr «deutliche Bremsspuren» hinterlassen habe. Was genau meinten Sie damit?

Die KMUs, das Herzstück der Schweizer Wirtschaft, investierten bedeutend zurückhaltender. Und das ist absolut nachvollziehbar. Als Kleinunternehmer hätte ich das genauso gemacht. Es gab ganz klar ein Vor und ein Nach dem 15. Januar.

Wie unterschied sich die Situation von der Finanzkrise 2009?

Nach dem letztjährigen SNB-Entscheid veränderte sich nur das Verhalten der KMUs. Die öffentliche Hand beschaffte unverändert weiter. Grosskonzerne hielten an ihren Beschaffungszyklen fest, da sie meistens vom Dollar und nicht vom Schweizer Franken abhängen. 2009 war es umgekehrt. Grosskonzerne verhielten sich damals sehr zurückhaltend, das KMU-Geschäft lief aber weitgehend unverändert weiter.

Wie gingen Ihre Partner mit dem «Frankenschock» um?

Gleich geschockt wie alle. Es ist ein zweischneidiges Schwert. Die Kaufkraft der Endverbraucher stieg. Für den Unternehmer kletterten dagegen die Kosten auf einen Schlag um 20 Prozent. Wir entschieden uns damals ­innerhalb von drei Tagen, unsere Preise um 20 Prozent zu senken.

Wie kam das bei den Partnern an?

Wir erhielten sehr gutes Feedback von ihnen. Immerhin waren wir der erste Hersteller, der die Preise senkte. Dadurch gerieten die anderen unter Zugzwang, und wir brachten das Geschäft wieder zum Laufen.

Gab es keinen Ausfall?

Wir haben effektiv ein paar Tage lang nichts verkauft. Das war eine sehr schwierige Situation. Nach etwa zwei Wochen konnten wir dann abschätzen, was das für uns bedeutete. Wir hatten aber auch gute Unterstützung vom HP-Mutterhaus. Ausserdem half es, dass sich das Ganze nur auf die Schweiz beschränkte. Wäre ganz Europa betroffen gewesen, hätte die Situation wohl anders ausgesehen.

Und was bedeutete es konkret für Sie?

Nach der Preisanpassung gingen unsere Umsätze natürlich zurück. Wenn Sie gleich viele Geräte 20 Prozent günstiger verkaufen, haben Sie 20 Prozent weniger Umsatz. Durch die Zurückhaltung im Markt verkaufen Sie aber weniger. Das drückt auf den Umsatz. Von der sowieso schon geringen Marge müssen wir in dem Geschäft ja ohnehin nicht reden.

Also sind Sie ziemlich stark getaucht letztes Jahr.

Ich glaube, die ganze Schweiz ist getaucht. Wenn Sie die aktuellen Marktanteile anschauen, die IDC vor ein paar Monaten publizierte, sehen Sie genau, was passiert ist: Der Grosse gewinnt, der Kleine verliert.

Demnach haben Sie Marktanteile gewonnen und Umsatz ­verloren?

Unsere Marktanteile stiegen. Zum Umsatz geben wir keine Landeszahlen bekannt. Aber Sie können sich denken, dass der Umsatz nicht explodiert, wenn der Markt rückläufig ist.

In einem Interview vor dem Split sagten Sie, dass 80 Prozent Ihres Geschäfts über Partner läuft. Wo ziehen Sie die Grenze?

Wir betreuen Grosskunden selbst. Das sind die grossen internationalen Kunden. Wir kommunizierten unseren Partnern schon vor vielen Jahren, welche das sind und welche auch das Bedürfnis haben, direkt von uns betreut zu werden. Punktuell beziehen wir dort Partner mit ein.

Betreuen Sie auch Schweizer Konzerne direkt?

Ja. 

Namen dürfen Sie keine nennen?

Nein. Wenn aber ein Grosskunde einen globalen Vertrag mit HP abschliesst, gehen die Bestellungen direkt aus den Systemen des Grosskunden in die Systeme von HP. Pro Land gibt es dann vielleicht Rollout-Partner, aber so ein Vertrag läuft nicht über das Partnergeschäft oder die Distribution. Das würde nicht funktionieren.

Wie rechtfertigen Sie das vor Ihren Partnern?

Die Partner wissen das. Sie wissen genau, wo wir tätig sind. Und sie wissen auch ganz genau, dass es überall dort, wo sie tätig sind, keine Direktgeschäfte gibt. Auch wenn Kunden das von uns verlangen. Im schlimmsten Fall setzen wir uns dann mit dem Partner zusammen und suchen eine Lösung. Channel-Konflikte, wie man sie früher von einem anderen grossen PC-Hersteller kannte, gibt es bei uns nicht. Viele unserer Partner arbeiten seit über 20 Jahren mit uns zusammen.

Über Ihre Website kann man direkt Produkte bestellen. Wie passt das dazu?

Ja, das kann man. Wir streben aber keine Preisführerschaft mit unserem Store an.

Also weisen Sie im Store nur die UVP-Preise aus?

Es gibt vielleicht auch mal eine Aktion auf einzelne Produkte. Wenn wir bei den Preissuchmaschinen auf Platz 57 sind, werden wir gar nicht gefunden. Wenn wir auf Platz vier oder fünf sind, schaden wir niemandem, haben aber mehr Traffic.

Gemäss aktuellen Swico-Zahlen hat sich das PC-Geschäft letztes Jahr trotz Windows 10 eher schlecht entwickelt. Die Desktop-Stückzahlen gingen um 17 Prozent zurück, die der Notebooks verloren 11 Prozent. Was bedeutet das für HP?

Je nach Sichtweise sehen die Zahlen etwas anders aus. Wichtig ist aber, dass die Stückzahlen zurückgingen. Das hat zwei Gründe. Einerseits hatten wir im Jahr vorher, also 2014, das Support-Ende von XP. Viele Unternehmen nutzten die Gelegenheit und tauschten ihre Geräte, die unter XP liefen, aus. Das führte zu einem grossen Plus gegenüber 2013. Letztes Jahr fehlte das. Zusätzlich kam der Frankenschock.

Aber es kam auch Windows 10.

Windows 10 hat sicher eine gewisse Attraktivität. Aber Windows 10 können Sie auch auf älteren Geräten installieren. Sie sind nicht gezwungen, ein neues Gerät zu kaufen. Früher sind die Verkaufszahlen mit Erscheinen eines neuen Betriebssystems in die Höhe geschnellt. Heute hat es sich etwas geglättet. Ich will deswegen aber nicht schlecht von Windows 10 reden. Es ist ein gutes Betriebssystem.

Der Druckermarkt ist hinsichtlich des Seitenvolumens in der Schweiz relativ stabil. Die Margen sinken aber immer weiter. Wie geht HP damit um?

Die gedruckte Büro-Seite ist ein stabiler Markt, das stimmt. Gleiches gilt aber auch für den Consumer-Markt. Der ist relativ stabil. Es kommt da mehr auf die Lebenssituation an. Ein Paar, das zu zweit ohne Kinder lebt, druckt wenig. Anders sieht es aus, wenn Sie Kinder haben, die in die Schule gehen. Generell erkennen wir eine Marktkonsolidierung im Druckergeschäft. In Märkten, die sich konsolidieren, schrumpfen die Margen. Das ist im Druckermarkt nicht anders als im PC-Markt. Auch hier steht das Grossunternehmen tendenziell besser da als das kleine. Ausser es findet eine Nische. Aber Drucken ist natürlich ein Massenmarkt. HP selbst ist darin vom Consumer-Drucker für wenige Seiten bis zum Grossdrucker im Büro vertreten. Wenn es im einen Markt etwas schwieriger ist, hilft der andere. Aber grundsätzlich ist der ganze Druckermarkt unter Druck.

Was bedeutet das für die Partner?

Stichwort Managed Print Services. Man geht weg vom Transaktionalen und hin zum Vertragsgeschäft. Für Fotokopierer kennt man das ja schon lang. Beim Drucken läuft das nun auf einem ganz anderen Level. Heute managen Sie komplette Flotten, optimieren, messen, wer wie viel druckt, damit Verbrauchsmaterialien automatisch bestellt werden. Das ist nicht nur für Grossunternehmen interessant und eine gute Möglichkeit für HP-Partner, die sich weiterentwickeln wollen. Mit der Druckerflotte können sie auch gleich noch alle PCs für Kunden verwalten. HP ist der einzige Hersteller, der Drucker und PC liefert. Da gibt es viele Partner, die sich nun differenzieren und den kompletten Arbeitsplatz zu einem bestimmten Monatspreis anbieten.

Das macht Swisscom doch auch.

Swisscom macht so etwas für Grosskunden. Ich spreche hier aber von kleineren Unternehmen, wo noch sehr viel transaktional läuft. Das, was Swisscom und HP Grosskunden anbieten, wird nun für diese kleineren Unternehmen attraktiv und bietet unseren Partnern Chancen.

Machen das schon alle Partner von HP, oder gibt es noch die klassischen Reseller?

Es gibt beides. Wir haben Partner, die nur Hardware verteilen. Auch wenn das sicher immer weiter abnimmt. Auf der anderen Seite gibt es Partner, die ihre Kompetenz, die sie eigentlich schon haben, in ein neues Geschäftsmodell transferieren. Die meisten unserer Partner können heute schon IT-Umgebungen managen. Sie setzen nicht nur PCs auf und installieren Drucker. Sie warten die Systeme, tauschen aus. IMAC nennen wir das. Install, Move, Add, Change. HP hilft den Partnern, solche Modelle zu entwickeln.

Kann ein HP-Partner allein davon leben?

Ich glaube, ein Partner, der solche Services anbietet, macht ein gutes Geschäft. Er kann Kunden viel stärker an sich binden. HP bietet ausserdem Finanzierungslösungen, damit der Kapitaleinsatz eines Partners nicht zu hoch ist. Ich glaube, die Partner, die auf diesen Zug frühzeitig aufgesprungen sind, haben einen Vorsprung gegenüber den anderen.

Was macht einen guten HP-Partner aus?

Ein guter HP-Partner kennt uns und wir kennen ihn. Das ist eines unserer wichtigsten Assets. Wir waren immer schon sehr auf den Channel fokussiert. Klar haben wir das Direktgeschäft für Grosskunden. Aber wir sind für die Partner berechenbar. Umgekehrt wissen wir, was der Channel kann und wo er Unterstützung braucht. Das führt zu Loyalität, die über viele Jahre wächst. Die können Sie nicht kaufen, die müssen Sie sich erarbeiten. Von beiden Seiten.

Aber hat diese Loyalität nicht ein wenig unter HPs Schlingerkurs gelitten? Erst kündigte Léo Apotheker an, sich vom Hardwaregeschäft trennen zu wollen, dann kam Meg Whitman und sagte «One HP» und jetzt gibt es zwei getrennte Unternehmen. Ging da nicht auch Vertrauen verloren?

Das ist eine Frage der Kommunikation. Wir sind in einer Industrie, die sehr dynamisch ist. Da können Sie jeden Hersteller anschauen. Das Entscheidende ist, mit wem die Partner sprechen. Bei uns sind es die gleichen Leute geblieben. Die Partner wussten, wen sie anrufen mussten.

Wie unterstützen Sie die Partner, abgesehen von der Kommunikation?

Jeder Partner hat seine Strategie, die er vielleicht schon seit Jahren entwickelt hat und verfolgt. Und jeder Partner ist für sein eigenes Geschäft verantwortlich. Aber die Partnerlandschaft in der Schweiz ist umkämpft. Deshalb bieten wir jedem Partner unser Wissen an. Wir helfen ihm, sich zu positionieren, sich zu entwickeln, zu erreichen, was er will. Es liegt aber nicht an uns, dem Partner zu sagen, was er darf und was er nicht darf.

Sie können das trotzdem steuern, indem Sie Vorgaben machen.

Klar. Wir haben gewisse Vorgaben, die Partner erfüllen müssen. Das können Zertifizierungen oder eine gewisse Qualität gegenüber dem Kunden sein. Das sind aber Vorgaben, die fest im Partnerstatus verankert sind.

Was kommt auf die Partner dieses Jahr zu?

Die Transformation geht weiter. Wir sagen nicht, dass der Frankenschock überwunden ist, wir sind wieder bei 1.10, die Wirtschaft läuft super, die Börse steigt. Das entspricht nicht der aktuellen Situation. Es wird kein einfaches Jahr. Aber die Krise wird die Transformation unseres Geschäfts und das der Partner vielleicht noch beschleunigen. Es wird Partner geben, die aussteigen, es wird Partner geben, die erst recht dabei sein wollen. Und es wird Partner 

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Schweizer Channel?

Der Schweizer Channel sollte die Veränderungen, die vor uns liegen, als Chance sehen. So wie wir als HP die Veränderungen als Chancen sehen. Gemeinsam haben wir schon so viel erreicht. Ich glaube, wir können mit einem gewissen Selbstvertrauen in die gemeinsame Zukunft schauen.

Zur Person: Adrian Müller ist seit 2003 bei HP beschäftigt, seit August 2015 als Managing Director der HP Schweiz GmbH. Er bringt mehr als 15 Jahre IT-Erfahrung mit – seit 2012 als Mitglied der HP-Geschäftsleitung. Davor hatte er mehrere leitende Positionen inne, sowohl in der Schweizer Organisation als auch auf internationaler Ebene. Seit 2013 ist er Vorstandsmitglied im ICT-Wirtschaftsverband Swico. Müller schloss 1999 sein Studium an der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule in Baden (Aargau) ab. Sein Arbeitsort ist Zürich. Quelle: HP Schweiz.

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