Interview mit Matthias Gerber

"Der Schweizer Verkabelungsmarkt wird noch mehr unter Druck geraten"

Uhr | Updated

Kupfer wird sich noch auf Jahre hinaus in der Verkabelungstechnik halten. Zumindest auf kurzen Distanzen bis 100 Meter. Davon ist Matthias Gerber, Market Manager Office Cabling bei Reichle & De-Massari, überzeugt.

Matthias Gerber, Market Manager Office Cabling bei Reichle & De-Massari. (Quelle: Reichle & De-Massari)
Matthias Gerber, Market Manager Office Cabling bei Reichle & De-Massari. (Quelle: Reichle & De-Massari)

Welche Technologietrends sehen Sie im Kabel-Markt Schweiz?

Matthias Gerber: 10 Gbit/s Übertragungsraten (10GBase-T) und damit Frequenzen von bis zu 500 MHz sind auch in der kupferbasierten Büroverkabelung nicht mehr Vision, sondern werden sehr bald schon Realität. Die Aktivgerätehersteller beispielsweise rechnen mit exponentiell wachsenden Verkaufszahlen für 10GBase-T Ports ab 2013. Es gilt jetzt, nicht den Anschluss zu verpassen und sich auf diese Anforderungen vorzubereiten. Allerdings hat 10GBase-T zuvor unbekannt hohe Anforderungen an die Verkabelungstechnik. So sind aufgrund der hohen Übertragungsfrequenzen und der komplexen Kodierung die Unterschiede zwischen einer 0 und 1 rund 100-mal kleiner als beim 1000Base-T, und somit ist das Übertragungsprotokoll auch entsprechend empfindlicher gegenüber Störungen. Die bei älteren Übertragungstechnologien noch vorhandenen Reserven, die Schwachstellen in der Verkabelung ausgleichen konnten, sind bei 10GBase-T nicht mehr vorhanden. Eine Klasse-EA-/Cat.6A-Verkabelung muss daher zu 100 Prozent die Spezifikationen erfüllen, um 10GBase-T störungsfrei übertragen zu können.

Welche Prognosen geben Sie für die Preisentwicklung im Kabelmarkt ab?

Die Kabelpreise sind bereits heute aufgrund des sehr starken Wettbewerbs auf einem sehr tiefen Niveau. Die Preise der Kabel werden heute weitgehend von den Materialkosten der verwendeten Materialien (Kupfer und Kunststoff) bestimmt. Die in den vergangenen Jahren realisierten Produktivitätssteigerungen infolge verbesserter Produktionsmaschinen sind bereits in die heutige Preisfindung einbezogen, und ich sehe keine Möglichkeiten von weiteren Prozessoptimierungen voraus. Ich erwarte daher keine signifikanten systematischen Preisänderungen bei den Kabelpreisen mehr, sondern dass diese mit den Materialkosten steigen und sinken werden.

Wie sehen Sie das Spannungsfeld Kupfer versus Glasfaser?

Kupfer ist unter Einbezug der Gesamtkosten für kurze Verbindungen bis 100 Meter noch immer die günstigste Verbindungstechnik für Übertragungsgeschwindigkeiten bis 10GBit/s. Wo die Übertragungsgeschwindigkeit und die Übertragungsdistanzen der Kupferverkabelung ausreichen, meine ich darum, dass sich die Kupferverkabelung noch für geraume Zeit halten wird. Selbst im Rechenzentrenbereich, wo FO wegen der höheren Übertragungsbandbreite bis 40GBit/s und 100GBit/s vermehrt eingesetzt wurde, ist bereits ein IEEE-Projekt im Gange, um die Möglichkeiten für ein 40GBase-T bis 30 Meter zu untersuchen.

Wie schätzen Sie die Entwicklung und die Zukunftsaussichten des Kabelmarktes Schweiz ein?

Der Schweizer Verkabelungsmarkt wird auch weiterhin vermehrt durch ausländische Produkte unter Druck geraten. Der zunehmende Kostendruck wird wohl leider auch Verkabelungsanbieter mit unzureichendem Qualitätsstandard eine Eintrittsmöglichkeit in den Markt bieten. Ich bin aber überzeugt davon, dass vor allem im 10GBase-T-Bereich nur Verkabelungslösungen erfolgreich sein werden, die die geforderten Leistungswerte zuverlässig und über die Jahre hinweg zur Verfügung stellen können. Ich bin darum optimistisch, dass R&M sich im Schweizer Markt auch in den nächsten Jahren erfolgreich behaupten kann.

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