Providermarkt Schweiz

Ein Stück vom 17-Milliarden-Franken-Kuchen

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Rund 430 Telko-Unternehmen bieten ihren Kunden Services rund um die Themen Telefon, Mobilfunk und Internet an. Zunehmend ergänzen TV-Angebote die Servicepalette. Auf diese Weise erwirtschaftet der Schweizer Telekommunikationsmarkt ein Volumen von 17 Milliarden Franken – Zeit sich eine Scheibe vom Kuchen abzuschneiden.

Gut 430 Telko-Provider bieten derzeit ihre Kommunikationsdienste feil. Darunter sind neben Tochterfirmen sehr selektive Anbieter wie etwa 20 Minuten oder kleinregionale Firmen wie EW Buchs. Allerdings dominieren fünf bis sechs grössere Provider den Markt zu über 90 Prozent.

Allen voran Swisscom: Diese profitiert von ihrem ausgezeichneten Image und Marktanteil im Geschäftskundenmarkt und der hohen Trägheit des Markts. Darüber hinaus besteht mehr als die Hälfte des Schweizer Telekommunikationsmarkts aus dem Mobilfunk und auch hier behauptet Swisscom ihre Position als grösster Schweizer Telko-Provider.

Jörg Halter von der Unternehmensberatung Ocha analysiert seit rund 30 Jahren den Schweizer Telekommarkt. Seiner Meinung nach verliert Swisscom im direkten Wettbewerb Anteile an die Kabelnetzbetreiber.

Verschmelzung von Services

Die Kabelnetzbetreiber bieten neben Fernsehen zunehmend auch Bundles wie Telefon und Internetservices in einem an – einige sogar zusätzlich Mobilfunk. "Die Verschmelzung von Telekom, IT und Fernsehen begann vor 15 Jahren und wird sich noch einige Jahre hinziehen", ist sich Halter sicher. Er prophezeit: "Die Verschmelzung bringt ganz neue Wettbewerbspositionen, viel schnellere Produktinnovationen, vollständig geänderte Verkaufsstrategien und ein neues Preis-Leistungs-Verhältnis."

Diese Bundle-Angebote wie etwa die Quadruple-Dienste von Finecom oder Vivo Tutto von Swisscom scheinen aber die Zukunft zu sein und bieten neue Geschäftsmöglichkeiten – wenn auch eher für Radio-TV-Händler, also für Anbieter von Consumer Electronics. "Momentan lohnt sich das Geschäft nicht!", sagt Adrian Bühlmann vom Sony Center Schweiz in Bern. Sein Unternehmen verkauft seit Anfang dieses Jahres Provider-Abos des Kabelverbunds Quickline.

Kunden brauchen mehr Aufklärung

Allerdings sieht er derzeit noch viel Aufklärungsbedarf: "Kunden fragen: Was ist überhaupt Fiber-to-the-Home? Wie sieht es mit der Installation aus? Und was kostet mich das?"

Dennoch setzt Bühlmann auf die Erweiterung seines IT- und Consumer-Electronics- Geschäfts. "Sobald das Netz grösser ist, wird sich auch eine Bewerbung solcher Angebote lohnen." So sieht sich Bühlmann derzeit eher noch als TV-Händler denn als Service-Provider, hofft aber, dass sich dies zukünftig ändern wird.

Halbe Million Haushalte bis 2015

Darauf hofft auch Nicolas Perrenoud von Finecom. Der Bieler Fullservice- Provider Finecom vereint unter dem Dach des Brands Quickline derzeit 16 unabhängige Kabelnetzbetreiber. Diese bedienen 200 000 Haushalte im Schweizer Kabelnetz und sind die Nummer zwei im Markt. Doch diese Grösse wird schon bald nicht mehr ausreichen: "Wir glauben, dass ein Kabelnetzbetreiber mit 15 000 Kunden bis in fünf Jahren nicht mehr überlebensfähig sein wird."

Um zu überleben, will der Quickline-Verbund wachsen und bis 2015 eine halbe Million Haushalte in 230 Gemeinden mit seinen Services versorgen. Dafür braucht es Partner, was auch kleinen Anbietern und Start-ups die Tür zum Provider-Markt öffnet. "Momentan erleben wir einen regen Zulauf", erklärte Perrenoud.

Partner als Aktionäre

Ein Provider sollte jedoch mindestens 700 angeschlossene Haushalte mitbringen. "Grundsätzlich ist aber jeder willkommen." Partner sind bei Finecom mehr als nur Partner: "Praktisch alle Quickline-Partner sind auch Quickline-Aktionäre", so Perrenoud. Neben den Partner-Aktionären arbeitet Finecom aber auch mit Händlern zusammen, wie dem Radio-TV-Fachhändler Bühlmann. Denn diese erreichen über ihr Händlernetz die Endkunden und holen diese über den Verkauf eines Fernsehers ins Boot des Quickline-Verbands.

Für die Vermittlung erhält der Fachhändler eine Gebühr. "Das sind pro vermitteltem Abonnement zirka 100 Franken. Zusätzlich betreuen wir unsere Partner mit Schulungen zur Quickline-Technik und an Point-of-Sales-Material", sagt Perrenoud und lacht, als er anfügt: "Ausserdem erhalten unsere Händler den Internet- und Fernsehanschluss gratis." Dafür müssen diese pro Jahr 3 bis 40 Kunden gewinnen – je nach Grösse des Geschäfts.

IT-Dienstleister müssen sich profilieren

Jörg Halter sieht das eher skeptisch und betrachtet die Radio-TV-Händler auch künftig nicht als Service-Vermittler für Provider-Dienste. "Erstens wollen die Consumer-Electronics-Anbieter ihre Wahlfreiheit behalten, zweitens sind die Anbieter zu häufig regional tätig, und drittens ist die Marge vermutlich zu gering."

Laut Halter generiert der Schweizer Telekommunikationsmarkt ein Volumen von knapp 17 Milliarden Franken. IT-Dienstleistern, die sich ihr Stück vom Kuchen abschneiden wollen, empfiehlt er, als Gesamtanbieter am Markt aufzutreten. Oder aber sich in einer kleinen Nische stark zu profilieren: "Der Kunde trennt seine IT-Infrastruktur immer weniger von der Telko-Infrastruktur. Unabhängig davon, ob er nun seine IT vor Ort betreibt oder Cloud-Services nutzt – Telefonie und Internetzugang werden immer stärker zu einem ergänzenden IT-Dienst und müssen daher aus einer Hand angeboten werden können."

VoIP bald mit 50 Prozent Marktanteil

Dennoch dürfte der Telko-Markt in fünf Jahren nicht viel anders aussehen als heute. "Änderungen benötigen viel Zeit", weiss Halter. Im Festnetzbereich werde VoIP voraussichtlich die 50-Prozent-Schwelle erreichen und damit das Ende der traditionellen Telefonie einläuten. Gleichzeitig erschwere dies das Fortbestehen derjenigen Anbieter, die auf einzelne Dienste oder den Tiefpreis gesetzt haben.

Eine deutlich führende Rolle bei den Umsätzen werde der Mobilfunk spielen, obwohl dieses Marktsegment als gesättigt gilt. Dennoch sehen einige Unternehmen auch hier noch Geschäftsmöglichkeiten. Wie zum Beispiel das Zuger Unternehmen Willitel. Letzten Monat gegründet, schickt sich der Provider an, das Feld der rund 430 Marktteilnehmer mit Tellscher Attitüde anzugehen.

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