Fachbeitrag

SSDs – schnell und zuverlässig, aber nicht günstig

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von Marc Büchel, Ocaholic

Solid State Disks, kurz SSDs, sind heutzutage state-of-the-art, wenn es um Massenspeicher geht. Geräuschlosigkeit, Schockresistenz, Energieeffizienz und die hohe Leistungsfähigkeit sprechen für die schnellen Speicher. Aber das alles hat auch seinen Preis.

SSD Corsairforce GT 120 GB.
SSD Corsairforce GT 120 GB.

Vier Jahre ist es mittlerweile her, dass Intel mit der X25-M sowie der X18-M zwei SSDs vorstellte, die den Massenmarkt adressierten. Diese beiden Laufwerke sollten in dem bis dahin chaotischen Markt zeigen, wohin die Reise gehen soll. Laufwerke, die damals zum Bruchteil des Preises eines Hochleistungs-Storagesystems erhältlich waren, konnten es in puncto Performance mit einem solchen aufnehmen.

Seit gut 30 Jahren war es das erste Mal, dass die Evolution bei den Massenspeichern ähnlich schnell voranschritt wie bei den Prozessoren. Entwickelte sich die Leistung Letzterer exponentiell, konnte bei Massenspeichern lediglich eine lineare Kurve beobachtet werden. Dadurch entstand hinsichtlich der Leistung eine enorme Lücke zwischen Massenspeichern und Prozessoren. In vielen Anwendungsbereichen ist mittlerweile gut sichtbar, dass ein sogenannter "I/O-Flaschenhals" vorhanden ist. Das heisst, dass die Festplatten nicht ausreichend Daten zur Verarbeitung schicken können, damit der oder die Prozessor(en) ausgelastet ist/sind.

Teure Vorteile

SSDs haben erstmals das Potenzial, diese Lücke zu schliessen. Um zu verstehen warum, muss man die Funktionsweise von Flash-Speichern kennen, auf denen heutige SSDs basieren. Im Gegensatz zu Festplatten werden Daten in Flash-Speichern nicht magnetisch, sondern elektronisch gespeichert. Dies bedeutet, dass auf mechanische Bauteile vollständig verzichtet werden kann. So verursacht das Speichermedium keinen Lärm, keine Vibrationen und auch die berüchtigten Head-Crashes gehören der Vergangenheit an. Zentral ist auch, dass der Energiebedarf sinkt, wenn keine Platten gedreht und keine Lese-/Schreibarme bewegt werden müssen.

Diesen Vorteilen steht ein deutlich höherer Preis gegenüber. Hinzu kommt, dass SSDs den Festplatten bezüglich der maximalen Speicherkapazität noch deutlich unterlegen sind. Daher rührt hauptsächlich ihr Ruf als Nischenprodukt. Nun könnte man das Argument der drastisch gesteigerten Leistung, die SSDs bieten, anführen. Am Ende aber entscheidet die Frage, ob es sich lohnt, eine alte, bewährte Technologie durch eine neue, leistungsfähigere, aber teurere zu ersetzen.

Gleichmässige Abnutzung

Immer wieder hört und liest man von Horrorgeschichten, die beschreiben, wie SSDs bereits nach kurzer Zeit den Geist aufgeben. Dies hängt mit dem Aufbau von Solid State Disks zusammen. Die verwendeten Flash-Speicherzellen unterliegen einer Abnutzung. In diesem Zusammenhang findet man die sogenannten P/E-Zyklen, wobei P/E für "Program and Erase" steht. Ein Single-Level-Cell-Speicher (SLC) übersteht durchschnittlich 100 000 P/E-Zyklen, wohingegen Multi-Level-Cell-Speicher (MLC) maximal 10 000 P/E-Zyklen erreicht.

Dazu muss man Folgendes wissen, um die Unterschiede und Auswirkungen zu verstehen: Single-Level-Cells können ein Bit, also eine "Null" oder eine "Eins" speichern. Im Gegensatz dazu können Multi Level Cells zwei Bits speichern, was tiefere Herstellungskosten, aber auch eine geringere Abnutzung zur Folge hat. Dem Problem der Abnutzung wirken die Hersteller von SSD-Controller-Chips mit sogenannten "Wear-Levelling-Algorithmen" entgegen. Diese sind dafür verantwortlich, dass jede einzelne Zelle, über ihre Lebensdauer hinweg, gleichmässig abgenutzt wird.

Multiplizierte Schreibvorgänge

In diesem Zusammenhang tritt eine weitere Eigenheit von Flash-Speichern auf, die sich "Write Amplification" nennt. Dieses Phänomen beschreibt einen Prozess, bei dem Daten erst verschoben werden müssen, bevor neue Daten gespeichert werden können. Dies wiederum führt zu einer Multiplikation der benötigten Schreibvorgänge, bis ein Datenpaket final geschrieben werden kann.

Bis 2009 wurde angenommen, dass ein "Write-Amplification-Faktor" von weniger als 1 nicht möglich sei. Der mittlerweile renommierte und erst kürzlich von LSI übernommene SSD-Controller-Hersteller Sandforce zeigte das Gegenteil. Mittels Kompressionsverfahren wird bei den derzeit aktuellen SSD-Controllern der SF-2200-Serie ein "Write-Amplification-Faktor" von 0,5 möglich.

Schnell und zuverlässig

Anhand der P/E-Zyklen, der Speicherkapazität sowie eines möglichen Nutzungsmusters ist es möglich, die Lebensdauer von derzeit aktuellen SSDs abzuschätzen. Zu diesem Zweck nehmen wir an, dass wir ein Laufwerk mit 200 Gigabyte Speicherkapazität besitzen. Weiter nehmen wir an, dass dieses täglich mit 10 Gigabyte Daten beschrieben wird. Demnach würde es 20 Tage dauern, bis alle Speicherzellen einmal beschrieben worden sind. Bis jetzt haben wir aber die "Write Amplification" nicht berücksichtigt. Um ein Worst-Case-Szenario abzuschätzen, nehmen wir einen Faktor 20 an. Dies würde einem äusserst ineffizienten Laufwerk entsprechen, das mittlerweile nicht mehr auf dem Markt angeboten wird. Somit würde es einen Tag dauern, bis alle Zellen der SSD einmal beschrieben sind. Derzeit erhältliche SSDs mit MLC-Speicher sind für 3000 bis 5000 P/E-Zyklen spezifiziert. Das heisst, jede einzelne Speicherzelle kann 3000 bis 5000 Mal beschrieben werden, bevor sie ihren Dienst verweigert. Im schlimmsten Falle würde es somit 3000 Tage dauern, bis die P/E-Zyklen aller Zellen einer 200-Gigabyte-SSD aufgebraucht sind. Dies entspricht knapp 8,5 Jahren. Womit die durchschnittliche Betriebsdauer einer Festplatte deutlich übertroffen wäre.

Dass SSDs mittlerweile im Enterprise- wie auch im Desktop-Sektor akzeptiert werden, ist hauptsächlich auf Entwicklungen bei der Zuverlässigkeit zurückzuführen. Die derzeit aktuellen Modelle für Desktops und Server sind nicht nur schnell, sondern auch zuverlässig. Hinzu kommt, dass diese Laufwerke den Arbeitsalltag wesentlich angenehmer gestalten können. Das kann sich schon in ganz einfachen Dingen äussern, beispielsweise, wenn man am Morgen seinen Rechner hochfährt und seinen überladenen Mail-Client startet. Mit einer Festplatte wird es dann Zeit, einen Kaffee zu holen. Ein Rechner mit SSD hingegen erledigt diese und viele andere Tasks in wenigen Sekunden.

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