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Glas ergänzt Kupfer

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Der anhaltende Bauboom und Trends in der Datenübertragung wie Fibre-to-the-Home beflügeln den Schweizer Kabelmarkt. Obwohl immer mehr Glasfasern verlegt werden, dominiert die Kupferleitung den Markt. Doch die ist schwankenden Rohstoffpreisen unterworfen.

(Quelle: Gettyimages)
(Quelle: Gettyimages)

In den letzten Jahren hat sich der Kabelmarkt in Europa unterschiedlich entwickelt: Wegen der europäischen Schuldenkrise sind die Ausgaben in einigen Staaten massiv zurückgegangen. Manche Investitionen in Bauprojekte wurden auch erstmal aufgeschoben oder liegen als Bauruinen brach, wie etwa in Spanien. Anders sieht es in Mittel- und Nordeuropa aus. So entwickeln sich die Umsätze in Deutschland dank des Wirtschaftsbooms gut. Genauso wie in der Schweiz. Auch wenn wegen Witterungseinflüssen, wie etwa wegen des frühen Wintereinbruchs im November des vergangenen Jahres, die Nachfrage im Baugewerbe 2012 um knapp einen Prozentpunkt nachgab: Die Schweiz erlebte während der letzten Jahre einen Bauboom. Neben Glas, Stahl und Beton wurden auch tonnenweise Kabel verbaut. Das hilft auch dem Schweizer Kabelmarkt. Dieser zeigte zuletzt Wachstumsraten von rund fünf Prozent pro Jahr.

2000 Tonnen Datenkabel

Verbaut werden aber nicht nur Stromkabel. Breitbandinternet wird inzwischen von Unternehmen genauso erwartet wie von privaten Mietern. Der Hersteller Reichle & De Massari (R&M) schätzt das Marktvolumen in der Schweiz auf 50 Millionen Franken für 2000 Tonnen Datenkabel. Zu den fünf wichtigsten Anbietern zählen hierzulande Commscope, Dätwyler, Leoni Kerpen, R&M und Tyco.

Wie auch in anderen technischen Bereichen, gerät auch der Markt für Kabelverbindungen um Daten zu transportieren zunehmend unter Druck. Entsprechend leidet auch der Schweizer Fachhandel unter einem wachsenden Preis- und Margendruck. "Datenkabel werden zur Massenware", sagt etwa Matthias Gerber, Market Manager Office Cabling, bei R&M. Als Folge können sich auch Fachhändler immer schlechter differenzieren. Deshalb gehört für Gerber die Behauptung vom margenträchtigen Kabelgeschäft eher ins Reich der Mythen. "Der in der Verarbeitung enthaltene Wertschöpfungsanteil ist sehr stark ausgereizt", erklärt er. Ausserdem werde der Kabelpreis zu einem Grossteil von den Kosten der verwendeten Materialien bestimmt, etwa von dem umgebenden Kunsstoff, der die Leitung gegen aussen isoliert und von seinem Inneren. Wie vom Rohstoff Kupfer, das häufig als Leiter verbaut wird und Strom und Informationssignale wie Telefon, Fernsehen oder Daten transportiert.

Wie bei anderen Rohstoffen schwankt auch der Preis für Kupfer. Im ersten Quartal des Jahres 2011 kostete eine Tonne Kupfer auf dem Weltmarkt 9640 US-Dollar pro Tonne, wie der Branchenverband ICF unter Berufung auf den Marktforscher CRU berichtet. Wegen der Eurokrise sank der durchschnittliche Preis für das Gesamtjahr 2011 auf 8825 Dollar je Tonne. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Preis gegenüber um weitere 10 Prozent und pendelte sich um 8000 Dollar für eine Tonne Kupfer ein.

Für dieses Jahr erwarten die Analysten einen stabilen Preis am Kupfermarkt. Das käme der Kabelindustrie entgegen, berichtet der Verband ICF. Denn stabile Preise würden Risiken minimieren, die sonst durch schwankende Preise entstehen würden. Ein Problem wären etwa volle Lager der Hersteller. Kabel müssten dann günstiger als geplant abverkauft werden, um die Lagerbestände wieder zu verkleinern.

Nächstes und übernächstes Jahr sollen die Kupferpreise wieder auf Talfahrt gehen, prophezeit der Verband. Eventuell sogar auf 6000 Dollar pro Tonne. In Folge müssten Kabelhersteller mit sinkenden Umsätzen für Kupferkabel rechnen, warnt der ICF.

Alternative Glasfaser?

Als preisstabil gelten hingegen Glasfasern, die bei der Datenübertragung eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Faser bringt gegenüber Kupfer verschiedenene Vorteile mit. Die Glasfaser ist häufig nur so dünn wie ein Haar. Dadurch braucht sie weniger Platz. Ausserdem leitet sie Informationen über längere Strecken besser als eine metallene Leitung. In den letzten Jahren wurden rund 240 Millionen Kilometer Glasfaser pro Jahr verlegt. Dieses Jahr im Sommer wird die Glasfaser einen technologischen Meilenstein erreichen, freut sich der ICF. Dann werden weltweit erstmals 2 Milliarden Kilometer Glasfaser installiert sein. Die Glasfaser ist auch deshalb so erfolgreich, weil die Hersteller die Produktionsprozesse immer weiter verbesserten.

Gegenüber den 1990er Jahren hat sich Ausbeute bei der Glasfaserherstellung auf bis zu 95 Prozent erhöht. Vor rund 20 Jahren lag die Ausbeute noch zwischen 91 und 93 Prozent. Auch der Ausstoss hat sich erhöht: Im Verlauf der letzten 10 Jahre um 15 Prozent jährlich. Heute können Fasern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Kilometer pro Stunde produziert, im Fachjargon gezogen, werden. Um die gestiegene Nachfrage nach Glasfasern zu bedienen, wurden zwischen 2007 und 2012 Produktionskapazitäten für 140 Millionen Kilometer Glasfasern aufgebaut. Viele davon in China, das durch sein jährliches Wirtschaftswachstum von knapp 10 Prozent nach neuen Datenleitungen aus Glasfaser verlangt.

Preis um einen Prozent gesunken

Trotz der hohen Nachfrage und neuer Produktionsstätten blieben die Preise für Glasfasern praktisch unverändert. Zwischen 2009 und 2012 sanken die Durchschnittspreise um einen Prozent. Der ICF glaubt, dass liege am aggressiven Wettbewerb zwischen den Herstellern. Sie kämpfen um meist grossvolumige Aufträge für einen Produktionszeitraum von einem bis zu mehreren Jahren. Zudem bedienen die Produzenten eine eher homogene Klientel. 60 Prozent der Abnehmer von Glasfasern waren im vergangenen Jahr die Telekommunikationsanbieter. Die Ausschreibungen der Telkos verlangen nach grossen Volumina zum besten Preis und setzen meist einen erbitterten Bieterstreit unter den Herstellern in Gang. Ein weiterer Grund für die stabilen Preise sind die Vertriebswege. Denn die Hersteller liefern im Schnitt nur 35 Prozent ihrer Produktion direkt an den Handelsmarkt. Fast zwei Drittel ihrer Produktion gehen an Schwester- oder Tochterfirmen, Partner oder Joint-Ventures. Bei Partnern kann man andere Preise verlangen, als am offenen Weltmarkt.

FTTH befeuert den Markt

Glasfaseranwendungen wie Fibre-to-the-Home, erleben seit einigen Jahren eine hohe Nachfrage. Die Telkos investieren gewaltige Summen und hoffen auf das grosse Geschäft mit der hohen Datenbandbreite, bis in die Büros der Unternehmen oder in die Wohnzimmer der Verbraucher. Das erkannten auch die Hersteller und investierten in die Erforschung und Entwicklung neuer Glasfaserprodukte. Als Resultat sind die Fasern heute dünner und lassen sich einfacher sowie kostengünstiger installieren.

Wird also die Glasfaser zur Standardleitung? Eber vom Hersteller R&M glaubt noch nicht daran. Für ihn bleibt die Glasfaser weiterhin eine Ergänzung zur kupferbasierten Verkabelung, alleine schon wegen der finanziellen Investitionen: "Unter Berücksichtigung aller Kosten bleibt die Kupferleitung noch immer um Faktoren die günstigste Lösung", sagt Eber. Glas werde hingegen in Bereichen eingesetzt, die eine sehr hohe Bandbreite für die Datenübertragung über längere Strecken hinweg erfordern.

Neue Normen diskutiert

Neue Entwicklungen sieht Eber dafür im Bereich Kabelummantelung. So werde die Bauprodukteverordnung, die momentan im europäischen Raum vorbereitet wird, flammgeschützte, halogenfreie Verkabelungen begünstigen. Was unter Umständen auch neue Materiallösungen erfordern wird. Als weitere Entwicklung gilt die im Rechenzentrenbereich sich abzeichnende Verkabelungsnorm für Übertragungen mit 40GBit/s. Momentan seien die Anforderungen noch nicht ganz klar, erklärt Eber.

Doch schäle sich eine Präferenz für RJ45 Stecksysteme heraus, mit einer maximalen Verbindungslänge zwischen zwei Geräten von 30 Metern und einem Frequenzbereich zwischen einem und zwei Gigahertz. Entwicklungen wie schnellere WLAN-Standards in Gebäuden oder Richtfunk als Ersatz für Überlandleitungen werden Kabel hingegen nicht so schnell ersetzen, beruhigt Eber. Heute würde die Datenübertragung mittels Funktechniken hauptsächlich als Ergänzungslösungen zu Kabeln eingesetzt. Deshalb sieht er auch keine sinkenden Umsätze am Kabelmarkt die sich auf den Einsatz von Funktechniken zurückführen liessen. "Im Gegenteil", sagt Eber. Denn: "Auch die Basisstationen der Funklösungen wollen verkabelt werden."


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