HP entdeckt seine Grösse

HP Discover 2013 Barcelona

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Wo sonst zahlreiche grosse Hersteller ihre Produkte anbieten, war diesmal nur Platz für einen: IT-Gigant HP hat auf
dem Messegelände des Mobile World Congress ein Produkt-Feuerwerk gezündet und den Weg für 2014 vorgezeichnet. Die Stationen lauten Cloud, Big Data und Storage.

Mehr Cloud, mehr Analytik und vor allem: mehr HP. "Go big or go Home" könnte das Motto von HPs Hausmesse "Discover" (zu Deutsch "entdecke") in Barcelona im Dezember des letzten Jahres gelautet haben. Machtkampf mit Lenovo am PC-Markt? Egal. Erodierende Hardwarepreise? Geschenkt. Zum neunten Mal in Folge Quartalszahlen unter dem Vorjahresergebnis präsentiert? Sei's drum.

Mit 10'000 Kunden, Partnern und HP-Mitarbeitern feierte HPs Führungsspitze um CEO Meg Whitman ein neues Selbstbewusstsein. Hierfür füllte der weltgrösste IT-Anbieter die Messehallen des Mobile World Congress. An Ständen wurden Produkte präsentiert, vor Videowänden diskutierten HP-Spezialisten mit Partnern in Break-out-Sessions über Neuerungen und Möglichkeiten mit HPs Systemen.

Earth Insight - Beispiel für Big Data

An anderer Stelle rankten Schling- und Kletterpflanzen eine Mauer empor. Mit dieser "lebenden Wand" versinnbildlichte HP das Projekt Earth Insight. Naturwissenschaftler und Umweltschützer sammeln im Rahmen des Projekts Daten von Sensoren, die in aller Welt platziert sind. Dadurch leiten sie Entwicklungen wie die Sterberate von bedrohten Arten ab.

Dahinter steht das Analytiksystem Vertica, das in der neuen Version 7 vorgestellt wurde. Es analysiert unstrukturierte Daten eines Blogs genauso wie strukturierte Daten von Maschinen, erklärte Luis Maldonado, Director Product Management Vertica Systems. Vertica bildet mit weiteren Softwareprodukten die Big-Data-Plattform Haven. Zu dieser zählt auch Autonomy. Ob Haven die 9-Milliarden-Abschreibung auf die Software wieder hereinholen wird?

Haven soll Unternehmen, aber auch Organisationen wie Staaten helfen, Big-Data-Anwendungen aufzubauen. HPs Plattform könnte ein geschickter Schachzug auch gegenüber seinen Mitbewerbern sein. Denn Haven soll mit Analytikprodukten von Drittherstellern nicht konkurrieren. Es soll deren Fundament bilden. Haven spielt zudem den Partnern in die Hände, da sich HPs Analytikplattform nicht einfach ab Stange beziehen lässt, sondern in die IT-Umgebung des Endkunden integriert und an dessen Anforderungen angepasst werden muss.

Der Knaller zu Beginn

"Big" war auch die Ankündigung zu Beginn der Messe. HPs Manager enthüllten die neue Generation seiner Converged-Infrastructure- und Speicher-Systeme, das Ergebnis des Projekts Sharks. Dieses wurde in Las Vegas zwar angekündigt, aber erst in Barcelona der Weltöffentlichkeit präsentiert.

HP entwickelt bereits seit einigen Jahren Converged-Infrastructure-Systeme, die Speicher, Switche und Server zu einer standardisierten Cloud in einem schrankgrossen Gehäuse vereinen. HP bietet die Systeme gleich für drei verschiedene Zwecke an: Die Converged Systems 300, 700 und 700 x für Virtualisierung, um virtuelle Maschinen zu betreiben. Das Converged System 300 für die Datenanalytik, um Kunden eine Big-Data-Maschine anbieten zu können.

Und das vielleicht spannendste Produkt: das Converged System 100. Die Servertechnik basiert auf HPs Minergie-Servern der Moon­shot-Baureihe. Tom Joyce, Leiter des Bereichs Converged Systems, pries das Modell 100 als ideal für Schulen an, da das System auf den Betrieb von VDI-Umgebungen ausgelegt sei. Hierfür wird es mit Xen Desktop von Citrix ausgeliefert.

Anwender können über das System 5000 Hosted-Desktops unterhalten. Eine Möglichkeit wäre etwa, Schüler, Studenten und Lehrpersonal mit Tablets auszurüsten, auf denen die Desktop-Umgebungen administriert, also auch kontrolliert verwaltet werden. Dabei wird jeder Desktop auf einem dedizierten Chip betrieben. HPs Manager, die an Anlässen eher wie Ingenieure argumentieren und auf Understatement bedacht sind, präsentierten sich erstaunlich angriffslustig. Die Systeme trennten Jungs von Männern sagte Joyce völlig unbescheiden.

"Ein Hai ist die effizienteste Jagd­maschine der Welt"

Mit der neuen Generation will HP seine Mitbewerber überrunden und hat es besonders auf ein Unternehmen und dessen Mitstreiter abgesehen: EMC mit seinen Partnern VMware und Cisco. Denn aus HPs Sicht ist es speziell der Vblock des Konsortiums VCE (VMware, Cisco, EMC), den man schlucken will.

Ob der Projektname der neuen HP-Systeme deshalb Sharks hiess? "Ein Hai ist die effizienteste Jagdmaschine der Welt", betonte Joyce. Immerhin würden die neuen Systeme um über 240 Prozent schneller arbeiten. Das Modell 300 soll im Vergleich zu VCEs Vblock 100 Dx3P in gut der halben Zeit fertig gebaut sein, und die Kosten pro virtuelle Maschine lägen während drei Jahren bei 42 Prozent von denjenigen des Vblocks.

"Wir lieben es, EMC den Tag zu verderben!"

HPs Vertreter gaben sich jedenfalls schon einmal äusserst zuversichtlich, wie etwa HPs Storage-Chef David Scott, der vor rund 100 Pressevertretern betonte: "Wir lieben es, EMC den Tag zu verderben!" Neben Converged In­frastructure präsentierte Scott auch das neue Speicher-Line-up. Bei seiner Präsentation auffallend oft zu hören, war der Satz: "Und das ist noch nicht alles." So bietet HP nicht nur einen Speicher, sondern gleich drei Baureihen an: Store Once, Store-All-Archive und 3Par Storeserv Storage.

Besonders die Back-Lösung Store Once hob Scott hervor. Diese arbeite zweimal schneller als das Vorgängermodell und sei auch im Hinblick auf Partner im Bereich Independent Software Vendors konzipiert worden. Auch im Speichersegment schiesst HP gezielt gegen EMC: "Im High-End-Bereich fegt HP EMCs Data Domain hinweg", glaubt Scott. Schliesslich könne HPs Produkt Daten zehnmal schneller wiederherstellen als Data Domain.

Eine kleine Sensation war dagegen das Upgrade des All-Flash-Speichers HP All Flash. Schliesslich hatte HP den Speicher erst im Sommer dieses Jahres vorgestellt. HPs Ingenieure unterzogen ihn einem Software-Tuning, wodurch die Input-Output-Leistung um 60 Prozent gestiegen sein soll.

Preise und Verfügbarkeit

Das Converged System für die Virtualisierung kostet ab 136'000 US-Dollar aufwärts. Die Preise für die Hosted-Desktop-Variante Converged System 100 beginnen bei knapp 138'000 Dollar für 180 Arbeitsplätze. Die Converged Systems für Analytik werden erst im Frühjahr 2014 auf den Markt gebracht.

Die Back-up-Appliance Store Once 6500 kann ab Januar 2014 für 375'000 Dollar bestellt werden. Das Store-All-System 8200 kann ab Februar 2014 für knapp 35 000 Dollar bezogen werden, drei Jahre Support inklusive. Das grössere System 8800 soll im Februar auf den Markt kommen, ab 97 Cent pro Gigabyte, drei Jahre Service inklusive.

Zu den Speichern liefert HP auch aktualisierte Software: HP bietet das Store Once Security Pack an. Das Betriebssystem für die neuen 3Par-Speicher in der Version 3.1.3 wird ab Januar 2014 verfügbar sein. Ebenfalls ab Januar lanciert HP eine Speicheroptimierungssoftware. Genauso wie die Version 6.5 des Betriebssystems für das Store-All-System.

Partner, auf zu den Systemen!

HP wollte nicht nur den Kunden den Gedanken näherbringen, künftig Systeme statt nur Blech und Programme zu kaufen, sondern auch den Partnern. HPs Partner müssten ihre Geisteshaltung an die Strategieentwicklung anpassen, erklärte Sue Barsamian, Senior Vice President Indirect Sales.

Das gelte insbesondere für einfache Reseller, etwa im Bereich der Personal and Printing Systems (PPS), zu denen PCs, Drucker und Zubehör zählen. Der Grund ist einfach, wie es ihr Kollege Jos Brenkel, Senior Vice President PPS bei Hewlett-Packard, auf den Punkt brachte: "Marge auf Hardware wird künftig weniger wichtig, als Marge auf Services." Und schloss: "Ich sehe unsere Partner im Fachhandel nicht ausschliesslich im Bereich PPS."

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