ZHAW Podium KI und Industrie 4.0

Was künstliche Intelligenz der Industrie 4.0 bringt

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von Coen Kaat

Die künstliche Intelligenz (KI) ist der Pfad zu mannigfaltigen neuen Anwendungen in der Industrie. Welche Möglichkeiten sich durch die KI bieten und was für Herausforderungen sie mit sich bringt, sagt Jürg Meierhofer, Koordinator Industrie 4.0 & Senior Lecturer an der ZHAW.

Jürg Meierhofer, Koordinator Industrie 4.0 & Senior Lecturer an der ZHAW. (Source: MALLAUN MARKUS)
Jürg Meierhofer, Koordinator Industrie 4.0 & Senior Lecturer an der ZHAW. (Source: MALLAUN MARKUS)

Inwiefern ist KI in der industriellen Fertigung heute noch Zukunftsmusik?

Jürg Meierhofer: Wenn wir an die "starke KI" mit menschenähnlichen, intellektuellen Fähigkeiten denken (general AI), dann ist das tatsächlich noch Zukunftsmusik. "Schwache KI" (Narrow AI) hingegen ist heute bereits an vielen Orten Realität. Diese fokussiert sich auf die Lösung konkreter Anwendungsprobleme, wie zum Beispiel die Vorhersage eines Gesundheitszustands einer Maschine, was dann in Richtung Predictive Maintenance geht.

Welche Möglichkeiten eröffnet die künstliche Intelligenz in der Industrie 4.0?

In der Industrie 4.0 geht es vorrangig darum, durch Vernetzung physikalischer Anlagen Nutzen rund um Produkte und Prozesse zu schaffen. Dabei fallen grosse Mengen an Daten an. Das sind beispielsweise Maschinen- und Produktdaten, die in Rohform aber noch keinen direkten Nutzen ausweisen. Erst durch die Anreicherung der Daten mittels Algorithmen (eben KI) entsteht damit Nutzen zur Lösung relevanter Probleme.

Welche Herausforderungen bringt die Nutzung von KI in dem Umfeld mit sich?

In der Produktion werden oft historisch gewachsene Maschinen mit neuen Anlagen kombiniert. In diesen heterogenen Konstellationen besteht dann die Schwierigkeit in der konsistenten Erhebung und Verknüpfung der Daten. Wichtig ist, dass die Unternehmen trotzdem geeignete Nischen für erste Anwendungen identifizieren, mit denen sie frühzeitig den Nutzen der neuen Technik aufzeigen und damit die Bereitschaft für weitere Investitionen schaffen können.

Wo sind die Grenzen der KI für industrielle Anwendungen?

Ich würde nicht von harten Grenzen sprechen. Die Entwicklung geht ja immer weiter. Wichtig ist aber, dass die Unternehmen von Anfang auf den Businessnutzen für die Anwender fokussieren und in jedem Entwicklungsschritt die verfügbaren Technologien nutzen. Eine Service-orientierte Herangehensweise hat sich dabei sehr bewährt.

Welche Chancen bieten sich für Schweizer IT-Dienstleister in dem Umfeld?

Da viele Firmen im industriellen Umfeld mit Industrie 4.0 und KI in neue Kompetenzgebiete vorstossen, stellt sich rasch die Frage nach den verfügbaren Ressourcen mit den richtigen Kompetenzen. Gerade für KMU besteht wegen ihrer Firmengrösse oft nicht die Möglichkeit, dafür eigene Ressourcen aufzubauen. Das öffnet Möglichkeiten für Dienstleister, die in diesen Gebieten Erfahrungen und Referenzprojekte vorweisen können.

Von welchen technologischen Trends profitiert die Industrie 4.0 derzeit am meisten? Und warum?

Ein wichtiger Treiber ist sicher die zunehmende Verbreitung und Akzeptanz von Cloud-basierten Plattformen. Damit verbunden ist auch die Verfügbarkeit von Analytik-Instrumenten, mit denen sich relativ rasch und einfach erste Erfahrungen sammeln lassen. Hinzu kommt, dass die Kosten für Sensoren, Aktoren und Konnektivität – unter dem Begriff "Internet der Dinge" zusammengefasst – rückläufig sind.

Die Antworten der übrigen Podiumsteilnehmer:

  • Gregory Albelda, SAS: "Einige Unternehmen sind allerdings schon recht weit, wenn es um den Einsatz von KI geht."

  • Patricia Deflorin, SATW: "Die Struktur und Dokumentation der Datenbasis stellt oftmals ein Problem dar."

  • Holger Feldhege, Bühler: "Die wesentliche Voraussetzung sind stabile Prozesse und dazugehörige digitale Datenstrukturen."

  • Mario Fürst, Siemens: "Entscheidend für den Erfolg ist nun, dass Industrieunternehmen über das notwendige Fachwissen und die entsprechende Infrastruktur verfügen."

  • Rolf Höpli, Zühlke: "Es mangelt den Unternehmen grundsätzlich nicht an machbaren Ideen und Anwendungsfällen."

  • Christof Oberholzer, BBV: "KI steht in vielen Bereichen der industriellen Fertigung ganz am Anfang."

  • Robert Rudolph, Swissmem: "Der Nutzen entsteht in der eigenen Fertigung oder über eine entsprechende Dienstleistung beim Kunden."

Webcode
DPF8_175351