SATW im Podium KI und Industrie 4.0

Wo die Schweizer Industrie auf dem Weg zur Industrie 4.0 steht

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von Coen Kaat

Die künstliche Intelligenz (KI) ist der Pfad zu mannigfaltigen neuen Anwendungen in der Industrie. Welche Möglichkeiten sich durch die KI bieten und was für Herausforderungen sie mit sich bringt, sagt Patricia Deflorin, Forschungsleiterin am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship der Fachhochschule Graubünden sowie Leiterin der Themenplattform "Industrie 4.0" der SATW.

Patricia Deflorin, Forschungsleiterin am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship der Fachhochschule Graubünden sowie Leiterin der Themenplattform Industrie 4.0 der SATW. (Source: FOTOBOLLHALDER)
Patricia Deflorin, Forschungsleiterin am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship der Fachhochschule Graubünden sowie Leiterin der Themenplattform Industrie 4.0 der SATW. (Source: FOTOBOLLHALDER)

Inwiefern ist KI in der industriellen Fertigung heute noch Zukunftsmusik?

Patricia Deflorin: Studien zeigen, dass sich industrielle Betriebe in der Phase der Analyse und Visualisierung von Daten befinden. Die Auswertungen sind meist algorithmischer Natur und die Daten werden oft von Menschen interpretiert. Mit Methoden des maschinellen Lernens oder des Deep Learnings wird experimentiert. Zukunftsmusik ist bei vielen Unternehmen, den Systemen auf Basis künstlicher Intelligenz weitreichenden Einfluss auf die physikalische Welt zu erlauben, ohne weitere Kontrolle durch den Menschen.

Welche Möglichkeiten eröffnet die künstliche Intelligenz in der Industrie 4.0?

In der intelligenten Fabrik stehen Cyber-Physische-Systeme (CPS) im Zentrum. Maschinen wird dabei ermöglicht, in Echtzeit zu kommunizieren und sich an neue Situationen anzupassen. Beispiele finden sich in der Prozessoptimierung und Steuerung, bei Assistenzsystemen oder der Instandhaltung.

Welche Herausforderungen bringt die Nutzung von KI in dem Umfeld mit sich?

Der Einsatz künstlicher Intelligenz benötigt Zugang zu Daten sowie viele und qualitativ brauchbare Daten. Dabei stellt die Struktur und Dokumentation der Datenbasis oftmals ein Problem dar. Experten schätzen den Aufwand für die Analyse von Daten auf 10 bis 30 Prozent, während die Vorbereitung der Daten 70 bis 90 Prozent des Gesamtaufwands verursacht. Im Gegensatz zu algorithmischen Systemen, denen eine Modellierung des Problems und ein damit verbundener Erkenntnisprozess von Menschen zugrunde liegt, werden Systeme auf der Basis von Deep Learning mit Daten angelernt und funktionieren als Blackbox. Fragen nach Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse von Deep Learning sind Gegenstand aktueller Forschung. Ebenfalls sind beim Einsatz von KI die Anpassungen aus sozio-technischer Gesamtsystemoptimierung zu betrachten, in dem die Anforderungen des Menschen und der Organisation gleichermassen zu berücksichtigen sind.

Wo sind die Grenzen der KI für industrielle Anwendungen?

Die Grenzen sind noch nicht absehbar, da viele KI-Technologien noch im Entwicklungsstadium sind und grosse Potenziale aufweisen.

Welche Chancen bieten sich für Schweizer IT-Dienstleister in dem Umfeld?

Viele Voraussetzungen für die Sammlung, Speicherung und Analyse von Daten liegen in der IT-Technologie. Cloud-Systeme, Cybersecurity, Standards wie OPC-UA und Wireless-Communication sind Technologien, deren Entwicklungen von IT-Anbietern weiter vorangetrieben werden müssen. Aufgrund der heutigen Heterogenität liegt die grosse Herausforderung im Erkennen der geeigneten Standards und deren zeitnahen Umsetzung.

Von welchen technologischen Trends profitiert die Industrie 4.0 derzeit am meisten? Und warum?

Trends in der Kommunikationstechnologie wie 5G oder Lora-WAN erlauben es, immer mehr Systeme zuverlässig miteinander zu verbinden. Cloud Computing und Software-as-a-Service ermöglichen die Umsetzung von hochskalierbaren IoT-Systemen mit hohem Sicherheitsstandard.

Die Antworten der übrigen Podiumsteilnehmer:

  • Gregory Albelda, SAS: "Einige Unternehmen sind allerdings schon recht weit, wenn es um den Einsatz von KI geht."

  • Holger Feldhege, Bühler: "Die wesentliche Voraussetzung sind stabile Prozesse und dazugehörige digitale Datenstrukturen."

  • Mario Fürst, Siemens: "Entscheidend für den Erfolg ist nun, dass Industrieunternehmen über das notwendige Fachwissen und die entsprechende Infrastruktur verfügen."

  • Rolf Höpli, Zühlke: "Es mangelt den Unternehmen grundsätzlich nicht an machbaren Ideen und Anwendungsfällen."

  • Jürg Meierhofer, ZHAW: "Wichtig ist, dass die Unternehmen trotzdem geeignete Nischen für erste Anwendungen identifizieren."

  • Christof Oberholzer, BBV: "KI steht in vielen Bereichen der industriellen Fertigung ganz am Anfang."

  • Robert Rudolph, Swissmem: "Der Nutzen entsteht in der eigenen Fertigung oder über eine entsprechende Dienstleistung beim Kunden."

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DPF8_175323