Was Unternehmen daran hindert, KI in der Industrie zu nutzen
Die künstliche Intelligenz (KI) ist der Pfad zu mannigfaltigen neuen Anwendungen in der Industrie. Welche Möglichkeiten sich durch die KI bieten und was für Herausforderungen sie mit sich bringt, sagt Rolf Höpli, Branchenvertantwortlicher Industrie bei Zühlke.
Inwiefern ist KI in der industriellen Fertigung heute noch Zukunftsmusik?
Rolf Höpli: Es mangelt den Unternehmen grundsätzlich nicht an machbaren Ideen und Anwendungsfällen. Wir stellen aber fest, dass viele Organisationen noch nicht bereit sind, diese Projekte auch umzusetzen. Die Gründe dafür sind vielfältig: etwa eine zurückhaltende Innovationskultur, ungenügendes Investment oder schlicht fehlendes Know-how.
Welche Möglichkeiten eröffnet die künstliche Intelligenz in der Industrie 4.0?
Wir haben bei Zühlke drei Handlungsfelder mit folgenden Prioritäten identifiziert: Erstens Prozessoptimierungen – also die Fertigungsqualität sicherstellen, automatische Angebotserstellung umsetzen und Prozessoptima finden –, zweitens das Thema datenbasierte Entscheidungen und drittens Innovationen für neue Prozesse oder Produkte auf Basis von KI.
Welche Herausforderungen bringt die Nutzung von KI in dem Umfeld mit sich?
Grundsätzlich gilt es, den richtigen Anwendungsfall auszuwählen und sich nicht von technologischen Möglichkeiten verführen zu lassen. Hier sprechen wir von einem sogenannten Technology Push. Dabei wird dann in einem Unternehmen gesagt: "Wir müssen jetzt auch Predictive Maintenance machen". Stattdessen müsste gefragt werden: "Wo liegen die Probleme, und bietet der Einsatz von künstlicher Intelligenz Lösungen für diese Herausforderungen?" KI-Anwendungen sollten also stets aus dem Business motiviert sein.
Wo sind die Grenzen der KI für industrielle Anwendungen?
Heute wird künstliche Intelligenz oft mit Machine Learning gleichgesetzt. Man assoziiert, dass KI unfehlbar ist. Aber: Algorithmen machen Fehler. Man muss sich sehr gut überlegen, was diese Fehler hinsichtlich des Business Cases bedeuten. Darum braucht es Spezialisten, die nicht nur die Technologie beurteilen können, sondern den Business Case mit dem Kundenerlebnis und der Technologie zu einem ganzheitlich stimmigen Resultat zusammenführen.
Welche Chancen bieten sich für Schweizer IT-Dienstleister in dem Umfeld?
Es bietet sich für diejenigen Unternehmen eine Chance, die echte Interdisziplinarität anbieten können. Für uns bei Zühlke ist dies das Zusammenspiel von Technologie, Business und Mensch. Es geht darum, Applikationen zu entwickeln, in denen die Stärken von Mensch und Maschine geschickt kombiniert werden können.
Von welchen technologischen Trends profitiert die Industrie 4.0 derzeit am meisten? Und warum?
Computer Vision ermöglicht es, durch optische Inspektion die Produktqualität aus Produktionsprozessen automatisch zu überwachen oder aber auch die manuelle Fertigung zu unterstützen. Die Methoden der Time Series Analysis sind die Grundlage für Algorithmen, die zudem die Prozessqualität automatisch hochhalten – oder aber im Bereich Services die prädiktive Wartung ermöglichen. Eine Methode, welche gerade in ersten Anwendungen erprobt wird, ist Reinforcement Learning. Diese kann beispielsweise zur Optimierung von Prozessen eingesetzt werden – bis hin zur Lösung des "Traveling Salesman"-Problems im Kundenservice.
Die Antworten der übrigen Podiumsteilnehmer:
Gregory Albelda, SAS: "Einige Unternehmen sind allerdings schon recht weit, wenn es um den Einsatz von KI geht."
Patricia Deflorin, SATW: "Die Struktur und Dokumentation der Datenbasis stellt oftmals ein Problem dar."
Holger Feldhege, Bühler: "Die wesentliche Voraussetzung sind stabile Prozesse und dazugehörige digitale Datenstrukturen."
Mario Fürst, Siemens: "Entscheidend für den Erfolg ist nun, dass Industrieunternehmen über das notwendige Fachwissen und die entsprechende Infrastruktur verfügen."
Jürg Meierhofer, ZHAW: "Wichtig ist, dass die Unternehmen trotzdem geeignete Nischen für erste Anwendungen identifizieren."
Christof Oberholzer, BBV: "KI steht in vielen Bereichen der industriellen Fertigung ganz am Anfang."
Robert Rudolph, Swissmem: "Der Nutzen entsteht in der eigenen Fertigung oder über eine entsprechende Dienstleistung beim Kunden."