Report der Digitalen Gesellschaft

Westschweizer Behörden überwachen am meisten

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2015 haben Bund und Kantone etwas weniger Telefone abgehört, Handys geortet und Vorratsdaten abgefragt als im Vorjahr. Schwere Straftaten machten nur einen kleinen Teil der Überwachungen aus. Zwischen den Kantonen zeigten sich grosse Unterschiede.

Die Digitale Gesellschaft Schweiz hat die Überwachungsaktivitäten von Bund und Kantonen untersucht. Die Erkenntnise präsentierte die Gesellschaft im "Swiss Lawful Interception Report". Darin schlüsselte sie die Überwachungsmassnahmen nach Delikten auf.

Die Zahl der Überwachungen und Anfragen summierte sich 2015 demnach auf rund 200'000 Fälle. Als Grundlage für die Zahlen zog die Digitale Gesellschaft öffentlich zugängliche Berichte und Statistiken heran.

Konstante Zahlen

Die Zahl der reinen Überwachungen im Rahmen des "Dienstes Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr" (ÜPF) sank von rund 14'500 auf 14'300. Darunter waren 3623 Überwachungen in Echtzeit, bei denen die Behörden Telefongespräche abhörten oder Mobiltelefone orteten. Dazu kamen 6326 Abfragen von Metadaten im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung und 4364 administrative Anfragen, wie etwa Vertrags- und Rechnungskopien.

Den grössten Teil der Überwachungsaktivitäten machten "einfache Anfragen" aus. Rund 180'000 Mal fragten Bund und Kantone etwa Telefonnummer oder bestimmte IP-Adressen ab. Im Vorjahr waren es knapp 191'000.

Laut der Digitalen Gesellschaft fielen für die Massnahmen Kosten von etwa 14,5 Millionen Franken an. Davon waren zwei Drittel Entschädigungen an die Fernmeldedienstanbieter. Ein Drittel bekam der Dienst ÜPF. Die Kosten blieben im Vergleich zum Vorjahr konstant.

Ein Drittel der Massnahmen im Zusammenhang mit Drogendelikten

Aufgeschlüsselt nach Deliktgruppen dominierten drei Bereiche:

  • Drogendelikte mit rund einem Drittel
  • Vermögensdelikte mit 21,1 Prozent
  • Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) mit 20,2 Prozent

Unter den letzten Punkt fallen Überwachungen ohne Strafverfahren sowie Notsuchungen, heisst es im Bericht.

Die sogenannten "Schweren Straftaten" kommen zusammen auf einen Anteil von etwas mehr als 10 Prozent. Dazu zählen Delikte wie:

  • Geldwäsche: 4,9 Prozent
  • Terrorismus: 2,2 Prozent
  • kriminelle Organisationen: 1,6 Prozent
  • Pädokriminalität: 0,7 Prozent
  • Menschenhandel: 0,5 Prozent
  • verbotener Nachrichtendienst (Spionage): 0,3 Prozent

Im Vergleich zum Vorjahr blieben diese Werte in etwa gleich. Einzig die Zahl der Terrorismus-Überwachungen stieg deutlich von 123 auf 317.

Grosse kantonale Unterschiede

Gemessen an der Einwohnerzahl führten die Westschweizer Kantone die meisten Überwachungen durch. Ganz weit an der Spitze steht der Kanton Genf mit 38 Überwachungsaufträgen pro 10'000 Personen. Danach folgen Waadt, das Tessin und Freiburg.

In absoluten Zahlen nimmt Zürich den Spitzenplatz ein. Mehr als 2200 Mal wurden die Behörden im Kanton aktiv. Danach folgen Genf mit 1925, Waadt mit 1713 und das Tessin mit 1414 Aufträgen.

Die Digitale Gesellschaft bereitete die Daten auf ihrer Website nach Kantonen, Bund und Bundesanwaltschaft in interaktiven Grafiken auf. Die Zahlen zeigen, dass die Kantone sehr unterschiedliche Schwerpunkte bei den verfolgten Delikten setzten. Drei Viertel aller Überwachungen im Kanton Schaffhausen bezogen sich auf Drogendelikte. Im Kanton Thurgau waren es hingegen nur 4,4 Prozent. Dafür waren Büpf-Massnahmen im Thurgau mit fast 75 Prozent domnierend.

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