Agisoft Metashape

Schweizer Polizeien setzen auf russische Software

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von Yannick Züllig und rja

Mehrere Schweizer Polizeikorps nutzen oder nutzten die russische Software Agisoft Metashape zur Tatortvermessung. Der Hersteller der Software hat eine direkte Verbindung zum Kreml und der russischen Präsidentenfamilie.

(Source: banglds / Fotolia.com)
(Source: banglds / Fotolia.com)

Die Polizeikorps der Schweiz setzen auf russische Software zur Tatortvermessung. Mehrere Kantonspolizeien nutzen die Software Metashape zur Fotogrammetrie, wie der "Tages-Anzeiger" berichtet. Fotogrammetrie ist ein Verfahren zur Erstellung von 3-D-Modellen anhand von Fotografien und Sensordaten.

Metashape ist eine Entwicklung des russischen Unternehmens Agisoft. Das Softwareunternehmen aus St. Petersburg arbeitet gemäss Bericht eng mit Geoscan, dem grössten Drohnenproduzenten Russlands zusammen, Ausserdem besitzt ein Eigentümer Anteile beider Unternehmen. Geosoft bezeichnet Metashape auf seiner Unternehmenswebsite als "unsere Software".

An Geosoft wiederum beteiligt ist die Innopraktika, eine staatliche russische Stiftung für die Entwicklung von geistigem Eigentum. Chefin von Innopraktika ist die Tochter des russischen Präsidenten: Katerina Tichonowa. Wie ihr Vater Wladimir Putin steht Tichonowa wegen des Überfalls auf die Ukraine auf der Sanktionsliste des Schweizerischen Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco).

Risiko Hintertür

Dass ein staatsnahes russisches Unternehmen Software an Schweizer Sicherheitskräfte liefert, sei ein Risiko, da so russischen Cyberakteure über Hintertüren Zugriff auf die Systeme erhalten könnten.

"Man weiss, dass Staaten in Applikationen Hintertüren einbauen oder Sicherheitslücken ausnutzen, um Spionage und Cyberattacken zu orchestrieren", zitiert der "Tages-Anzeiger" den Nationalrat und IT-Unternehmer Gerhard Andrey.

Wechsel erst 2023 - oder gar nicht

Die Kantonspolizeikorps in Zürich, Bern, St. Gallen und Luzern bestätigen gegenüber dem "Tages-Anzeiger", Metashape eingesetzt zu haben. Inzwischen habe man allerdings den Anbieter gewechselt. 

In Bern und St. Gallen kam die Software von 2016 bis 2023 zum Einsatz. Dann habe man "von der Möglichkeit, dass die Software eventuell zur Verbreitung von Schadsoftware genutzt werden könnte", erfahren, schreibt die St. Galler Kantonspolizei.

In Luzern wird die Software noch zum Lesen alter Datenbestände eingesetzt. Die Baselbieter Kantonspolizei derweil verwendet Metashape noch aktiv. Aktuell befinde sich der Betrieb in einer Pilotphase. Erst in den kommenden Monaten werde über die weitere Verwendung entschieden.

Die Software-Supply-Chain ist ein beliebter Angriffsvektor für Cyberkriminelle. Deswegen führen viele Unternehmen in diesem Bereich verstärkte Kontrollen durch, wie Sie hier nachlesen können.

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