Datenschutzkonflikte

Meta droht mit Abschaltung von Facebook und Instagram in Europa

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von Corsin Manser, watson.ch

Der Tech-Konzern Meta hat damit gedroht, Facebook und Instagram in Europa auszuschalten. Grund dafür sind mögliche Datenschutzkonflikte. In Frankreich und Deutschland gibt man sich trotz der Drohung gelassen.

(Source: Barefoot Communications / Unsplash)
(Source: Barefoot Communications / Unsplash)

Instagram ist in der Schweiz äusserst populär. Im Jahr 2021 verzeichneten nur gerade drei Apps mehr Downloads als die Foto-Plattform. Auch Facebook wird hierzulande nach wie vor sehr häufig genutzt. Nur wenige Webseiten werden häufiger aufgerufen.

Doch den beiden Apps droht nun plötzlich das Aus. Dies geht aus dem Jahresbericht des Tech-Konzerns Meta an die US-Börsenaufsicht SEC hervor (PDF). Komme es nicht zu einem "neuen transatlantischen Rahmen für den Datentransfer", sehe sich Meta "wahrscheinlich nicht in der Lage, eine Reihe unserer wichtigsten Produkte und Dienstleistungen, einschliesslich Facebook und Instagram, in Europa anzubieten".

Wovor hat Meta Angst?

Der Mutterkonzern von Facebook und Instagram schreibt, es sei Gegenstand von Gesetzesvorhaben und Regulierungsbestrebungen, ob, wie und unter welchen Umständen er Daten transferieren und verwenden dürfe.

Meta warnt vor negativen finanziellen Auswirkungen auf das eigene Unternehmen:

Wenn wir nicht in der Lage sind, Daten zwischen den Ländern und Regionen, in denen wir tätig sind, zu übertragen, zu verarbeiten und/oder zu empfangen, oder wenn wir daran gehindert werden, Daten zwischen unseren Produkten und Dienstleistungen auszutauschen, könnte dies unsere Fähigkeit beeinträchtigen, unsere Dienstleistungen zu erbringen.

Im Bericht beschreibt Meta Probleme beim Austausch der Nutzerdaten zwischen der EU und den USA. Der Konzern hat sich auf den "EU-US Privacy Shield" verlassen. Dieser besagt, dass Unternehmen personenbezogene Daten unter gewissen Schutzvorkehrungen zwischen der EU und den USA transferieren dürfen. Mit "Privacy Shield" hätte die EU die US-Datenschutzregeln als grundsätzlich angemessen erklärt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erklärte den "Privacy Shield" im Juli 2020 für ungültig – nach jahrelangem juristischen Kampf des Datenschutzaktivisten Max Schrems. Seither dürfen personenbezogene Daten nicht mehr ohne Prüfung in die USA übermittelt werden.

Max Schrems reagiert auf Metas Jahresbericht und die mögliche Abschaltung von Diensten.

Das Problem für Mark Zuckerberg, CEO von Meta: Mit den Userdaten verdient er Geld. "Wenn er weniger Daten brauchen darf, wird das Geschäft weniger attraktiv", erklärt Datenschutzspezialistin Ursula Uttinger. "Meta verkauft in Millisekunden Daten für Werbung."

Genau dieses Geschäft soll jetzt mit dem "Digital Markets Act" noch strenger reguliert werden. Das von der EU geplante Gesetz soll die Macht der Tech-Giganten beschränken. Das Tracking, das Sammeln und Speichern von Daten, um den Usern Werbung ausspielen zu können, soll zukünftig strengeren Regeln unterliegen.

Zuckerberg befürchtet also Einbussen in einem höchst lukrativen Geschäftsumfeld. Dies zu einem Zeitpunkt, in dem sein Konzern sowieso schon angeschlagen ist. Die Aktien verloren in der vergangenen Woche rund 30 Prozent an Wert. Der Zwist mit der EU führte am Montag erneut zu Verlusten.

Schaltet uns Zuckerberg nun wirklich Instagram ab?

Stellt sich die Frage: Wie ernst meint es Meta mit seinen Drohungen? Müssen wir bald wirklich auf Instagram und Facebook verzichten? "Das kann ich mir fast nicht vorstellen", sagt die Datenschutzspezialistin Uttinger. "Der europäische Markt ist viel zu attraktiv für Meta."

Eine Abschaltung der Social-Media-Plattformen würde wohl auch die Schweiz betreffen, sagt Uttinger. "Bereits heute beurteilt die Schweiz, analog zur EU, die USA nicht als Land mit gleichwertigem Datenschutzniveau."

Wirklich realistisch scheint dieses Szenario derzeit aber nicht. Noch am Montag kommentierte ein Meta-Sprecher gegenüber "T-Online" die Abschalt-Äusserungen. "Wir haben weder den Wunsch noch die Absicht, uns aus Europa zurückzuziehen."

Marc Zuckerberg, CEO von Meta. Dass sein Konzern tatsächlich Dienste wie Instagram aus Europa abziehen wird, gilt als unwahrscheinlich. (Source: Facebook)

Der Konzern sei aber, wie viele andere Unternehmen, auf den Datentransfer zwischen der EU und den USA angewiesen, um globale Dienste anbieten zu können. Grundsätzlich bräuchten "Unternehmen klare, globale Regeln, um den transatlantischen Datenverkehr langfristig zu schützen."

Und falls Meta seine Drohungen doch wahr macht? "Dann werden sich schnell Alternativen durchsetzen", sagt Uttinger. Dass die User anpassungsfähig sind und sich auch auf anderen Social-Media-Plattformen austauschen können, zeigt der rasante Aufstieg der App TikTok. Die chinesische App wird immer mehr zum ernsthaften Rivalen von Instagram und Facebook. In der Schweiz lag TikTok im Jahr 2021 auf Rang sechs der App-Downloads.

Was waren die Reaktionen aus der EU?

Hatte Zuckerberg gehofft, mit seiner Drohung, den europäischen Politikern Angst einzujagen, so täuschte er sich gewaltig. Der neue Wirtschaftsminister Deutschlands, Robert Habeck, sagte am Montagabend: "Nachdem ich gehackt wurde, habe ich vier Jahre lang ohne Facebook und Twitter gelebt und das Leben war fantastisch."

Ins gleiche Horn blies der französische Finanzminister Bruno Le Maire. "Ich kann bestätigen, dass das Leben ohne Facebook sehr gut wäre und dass wir ohne Facebook sehr gut leben würden."

Dieser Beitrag erschien zuerst bei watson.ch.

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