Mirko Casarico, Trend Micro

"Die kleinen Partner können künftig von den grösseren profitieren"

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Mirko Casarico ist seit etwas mehr als einem Jahr Schweiz-Chef von Trend Micro. Vor seinem Antritt gab es keinen Länderchef, die Verantwortung lag in Deutschland. Im Gespräch erzählt er, was sich für die Partner seither verändert hat und wie es weitergeht.

Mirko Casarico, Schweiz-Chef von Trend Micro
Mirko Casarico, Schweiz-Chef von Trend Micro

Seit Juli 2015 sind Sie Schweizer Country Manager bei Trend Micro. Die Position gab es vorher nicht bei Trend Micro. Wie ist es Ihnen bisher ergangen?

Mirko Casarico: Am Anfang musste ich mich erst einmal einarbeiten. Mit der Kunden- und Partnerlandschaft vertraut werden, das Team kennenlernen. Das hat alles sehr gut geklappt.

Wie haben die Partner auf Sie reagiert?

Die Partner und auch Kunden waren froh, dass sich Trend Micro entschieden hatte, einen Country Manager im Land einzusetzen. Es war ein klares Zeichen Trend Micros, dass wir es ernst meinen mit dem Geschäftsmodell Schweiz.

Was war denn vorher so schlecht?

Die Schweiz gehörte für Trend Micro zur DACH-Organisation. War also mit Deutschland und Österreich zusammengefasst. Damit beschränkte sich Trend Micro vor allem auf den deutschsprachigen Teil der Schweiz. Die Westschweiz hatte ihre Bezugspunkte in Frankreich, das Tessin in Italien. Das war nicht schlecht, aber auch nicht optimal.

Wie hat sich die Situation unter Ihrer Regie verändert?

Ich definierte die neue Geschäftsstrategie und begann damit, sie umzusetzen. Schon im dritten Quartal des letzten Jahres ging es los. In diesem Jahr geht es jetzt mit Nachdruck weiter. Im ersten Halbjahr sind wir im Vergleich zu letztem Jahr 32 Prozent gewachsen. Ich konnte das Team ausbauen und etwa unseren Marketing Manager Daniel Schmutz sowie einen zusätzlichen Account Manager einstellen. Dieses Jahr kann ich weitere Leute dazu­holen. Insgesamt zwei oder drei Stellen sind geplant.

Seit Januar dieses Jahres kümmern Sie sich auch um Österreich. Ist das nicht ein bisschen so wie vorher mit der DACH-Organisation?

Die Schweiz und Österreich sind sich sehr ähnlich. Vergleichbare Marktgrösse, eine ähnliche Anzahl Einwohner. Es konzentriert sich alles in zwei, drei vielleicht vier verschiedenen Regionen. Wenn jemand den ganzen deutschsprachigen Markt unter sich hat, hilft das nichts. Der deutsche Markt allein absorbiert ihn. Deshalb benötigen wir in Österreich und der Schweiz ein eigenes Team. Aus Sicht der Partner in Österreich hat sich die Situation genauso verbessert wie bei uns.

Wie äussert sich das in Ihrem Alltag?

Schon im ersten halben Jahr verbrachte ich viel Zeit in Österreich. Und wenn ich nicht dort bin, dann immer jemand anderes aus der Geschäftsleitung. Das Feedback der Partner dort ist entsprechend positiv. Sie sind froh, sie fühlen sich ernst genommen.

Wie gross ist Ihr Team insgesamt?

Wir haben vier Personen fest in Wien, und ich versuche, einen Ableger in Salzburg aufzubauen. Für dort suchen wir gerade jemanden. Ausserdem überlegen wir, in Österreich ein Büro zu eröffnen. Bis jetzt arbeiten nämlich alle von zuhause aus. In der Schweiz haben wir eine Niederlassung in Zürich und eine in Lausanne. Dort beschäftigen wir insgesamt elf Mitarbeiter.

Sie sagen, Sie seien stark gewachsen im ersten Halbjahr. Wie hat sich das auf Ihre Partnerlandschaft ausgewirkt?

Wir haben heute schon eine relativ grosse Partnerlandschaft. Schweizweit zählen wir zirka 100 Partner. Diese Zahl ist historisch gewachsen, sie stammt noch aus der Anti-Virus-Zeit. Damals konnte sich ein Partner vergleichsweise einfach zertifizieren lassen und die Produkte verkaufen. Oftmals war das ein Selbstläufer. Heute reicht das nicht mehr. Unsere strategischen Enterprise-Lösungen sind ungleich anspruchsvoller.

Was heisst das für die Partner konkret?

Wir verändern an der Grundstruktur nichts. Die bestehenden Partner bleiben weiterhin unsere Partner. Aber wir wollen mit einigen wenigen strategischen Partnern enger zusammenarbeiten als bisher. Schweizweit werden das etwas zehn oder zwölf Partner sein.

Was ist ein strategischer Partner?

Ein strategischer Partner kann Kunden mit hoher Qualität beraten. Er kennt und versteht unsere Lösungen im Cloud- und Hybrid-Cloud-Security-Umfeld, im Custom Defense innerhalb der Unternehmen. Er verkauft und er implementiert. Von einem strategischen Partner erwarte ich, dass er die entsprechenden Ressourcen aufbringt. Sprich Sales oder Presales. Ich erwarte, dass er seine Leute ausgebildet hat und so selbstständig wie möglich oder mit Unterstützung des Distributors komplexe Projekte umsetzt.

Wie kommen Sie zu diesen strategischen Partnern?

Wir suchen sie gezielt aus. In der Westschweiz etwa haben wir jetzt zwei neue gefunden. Beide arbeiteten früher nicht mit uns zusammen. Im Tessin holten wir ebenfalls zwei neue Partner an Bord. In der Deutschschweiz bilden wir derzeit zwei weitere Partner aus.

Wie viele dieser Partner haben Sie aktuell?

Zurzeit zehn.

Was bedeuten diese strategischen Partnerschaften für kleinere Partner?

Die kleinen Partner können künftig von den grösseren profitieren. Hat ein kleiner Partner ein Projekt, das seine Ressourcen oder Fähigkeiten übersteigt, soll er auf die Ressourcen der strategischen Partner oder Distributoren zugreifen können. Unsere Partner sollen zusammenarbeiten und so viel wie möglich verdienen. Bei all dem erwarten wir keine Exklusivität. Wir wissen, dass unsere Partner auch die Produkte anderer Hersteller verkaufen. Das ist und bleibt ihr gutes Recht. Wir suchen Partner, die Security-Know-how haben. Ob ein Partner das Security-Know-how eines anderen Herstellers mitbringt, ist für uns nicht entscheidend.

Warum ist das Know-how so wichtig?

Die IT als Ganzes wird immer komplexer. Wenn ich heute mit sieben, acht verschiedenen Produkten und Herstellern zusammenarbeite, geht das mit der Zeit schief. Die Komplexität und der Managementaufwand sind zu gross. Die Kosten unkontrollierbar. Solche Überlegungen machen sich auch die Partner. Sie fragen sich, ob sie lieber mit vielen Nischenplayern arbeiten wollen oder nur mit einigen wenigen, die ihnen eine End-to-End-Lösung bieten können.

Und Trend Micro bietet das?

Ja, wir haben End-to-End-Lösungen. Wir sind aber nicht proprietär. Unsere Produkte verfügen über die entsprechenden Schnittstellen, um mit den Produkten von Dritt­anbietern zu interagieren. Wenn ein Kunde eine bestimmte Investition getätigt hat, verlange ich nicht von ihm, dass er das alles über Bord wirft. Er kann unsere Lösung oft mit seiner bestehenden kombinieren.

Wenn Sie schon von Kunden sprechen, welche Kunden bedienen Sie direkt?

Die wenigen Kunden, mit denen wir direkt Geschäfte gemacht hatten, übergaben wir alle an die Partner. Wir sind heute 100 Prozent indirekt. Bis jetzt haben wir uns daran ohne Ausnahme gehalten. Es könnte in Zukunft vielleicht mal eine Ausnahme geben, aber unser Ziel bleibt unverändert: 100 Prozent indirekt. Ich verlange von meinem Team trotzdem direkten Kundenkontakt. Aber immer in Absprache mit dem Partner.

Was erhoffen Sie sich vom direkten Kundenkontakt?

Der Partner soll verstehen, dass er jederzeit auf unsere Ressourcen zugreifen kann. Er kann unsere Account Manager zum Kunden mitnehmen und von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen profitieren.

Gehen Sie selbst auch raus zu den Kunden und Partnern?

Das versuche ich so oft wie möglich. Gerade am Anfang besuchte ich jeden Tag einen Partner, interessierte mich für sein Geschäft, versuchte mit ihm, neue Wege zu ergründen. Die Partner schätzten das sehr, es baute sich Vertrauen zwischen uns auf. Je grösser wir werden, desto schwieriger wird das natürlich für mich. Die administrativen Aufgaben nehmen zu. Aber mein Ziel bleibt. Ich will Präsenz zeigen und mich einbringen, Partner unterstützen.

Behandeln Sie alle Partner gleich?

Das hängt von der Zertifizierungsstufe des Partners ab. Aber wenn drei gleichwertig zertifizierte Partner offerieren, bekommen alle drei die gleichen Konditionen von uns. Ein Partner wird nur so lange mit uns zusammenarbeiten, wie er gutes Geld mit uns verdienen kann. Deshalb behandeln wir alle gleich.

Ende 2015 kaufte Trend Micro Tippingpoint von HP. Wie gehen Sie mit den ehemaligen HP-Partnern um?

Die Partner bleiben bestehen. Sie nahmen zusätzlich Produkte von Trend Micro in ihr Portfolio auf. Die Integration von Tippingpoint ist aber noch nicht abgeschlossen und wird noch eine Weile dauern. Zurzeit läuft Tippingpoint noch als eigenständige Division. Wir sind allerdings in der vorteilhaften Position, dass zwei wichtige Personen von Tippingpoint in der Schweiz sitzen.

Wer sind die beiden?

Marcel Rölli und Karl Hertenstein. Rölli ist für den Verkauf zuständig und Hertenstein kümmert sich um das System Engineering. Beide sind schon in unser Team integriert.

Wie steht es um Dienstleistungen?

Wir wollen keine Dienstleistungen anbieten. Die soll der Partner selbst erbringen. Er soll dem Kunden sein eigenes Paket schnüren.

Was kommt auf die Partner aus Ihrer Sicht in nächster Zeit zu?

Die zunehmende Komplexität zwingt Partner, sich neu zu definieren. Sie müssen sich überlegen, wie sie ihre Kunden bedienen wollen. Es wird nicht mehr ausreichen, punktuell ein Nischenprodukt zur Verfügung zu stellen. Partner müssen mehr in ihr Know-how investieren, in ihre Ressourcen. Als einzelne Person kann man heute IT-Security nicht mehr bewältigen.

Ein Trend-Micro-Partner muss also eine bestimmte Grösse haben?

Eine Person, die alles kann, findet man eher selten. Wenn heute ein Kunde nach Cloud- oder Hybrid-Cloud-Sicherheit fragt, muss ich mich mit Converged Infrastructure auskennen, mit Netzwerk, Sicherheit, Interoperabilität. Das wird sehr schnell sehr breit. Die Komplexität der Anfragen wird zunehmen. Dessen müssen sich unsere Partner bewusst sein.

Ist Trend Micro auf einem der Cloud-Marktplätze der Distributoren vertreten?

Mit Ingram Micro sind wir im Gespräch. Mit Also haben wir noch nicht gesprochen, da sie kein offizieller Distributor von uns sind.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Schweizer Channel?

Der Channel ist der Motor der Schweizer IT. Partner haben oft die besseren Kundenbeziehungen. Sie bauen die Kunden nachhaltig, über Jahre hinweg auf. Kein Hersteller schafft das so breitflächig ohne Partner. Unser Erfolg basiert nicht nur auf unseren Leuten, auf unserem Team. Unser Erfolg liegt in der strukturierten, zukunftsorientierten Zusammenarbeit mit unseren Partnern.

Zur Person:

Mirko Casarico verantwortet seit Juli 2015 als Country Manager die Geschäfte des Security-Software-Herstellers Trend Micro in der Schweiz und Österreich. Zuvor war Casarico Sales Manager im Commercial- und Public-Bereich bei Hewlett Packard und danach Sales Director und Country Manager für Network Services bei Colt Technology Services. Seine ICT-Karriere begann 1990 als Sales bei der heutigen Firma Revi Informatik AG. Es folgte ein langjähriges Engagement bei Sun Microsystems. In seiner Freizeit fährt er gerne Motorrad, Ski und spielt Golf. Mirko Casarico ist verheiratet und lebt in Zürich. (Quelle: Trend Micro)

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