Inspiriert von Termiten

Roboter-Crew baut eigenständig komplexe Gebilde

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Forscher der Harvard University haben eine autonome Roboter-Crew entwickelt, die ohne übergeordnetes Kontrollorgan, Kameras oder direkte Kommunikation komplexe Konstruktionen errichten kann. Das System nutzt eine beliebige Anzahl einfacher Roboter, die miteinander kooperieren, indem sie ihre Umwelt verändern.

Mit dem System "Termes" haben Forscher der Harvard University den Beweis erbracht, dass ein Roboterkollektiv dreidimensionale Gebilde wie etwa Türme, Schlösser oder Pyramiden errichten kann, ohne dafür eine zentrale Kommandostelle oder vorgegebene Rollen innerhalb der Gruppe zu benötigen.

Durch indirekte Kommunikation modifizieren die Roboter ihre Umgebung und bilden so eigenständig Treppenaufgänge, um höhere Stockwerke zu erreichen oder fügen Bausteine hinzu, falls sie benötigt werden. Derartige autonome Bautrupps könnten künftig für Sandsackbarrieren bei Überflutungen oder für einfache Konstruktionsarbeiten in der Raumfahrt eingesetzt werden.

Termiten arbeiten ohne eindeutige Instruktionen

Wie das universitätseigene Newsportal Harvard Gazette berichtet, liessen sich die Forscher bei der Entwicklung des Systems von der Ausdauer und der (Schwarm)-Intelligenz von Termiten inspirieren. "Die Schlüsselinspiration, die wir uns bei den Termiten abschauten, war die Idee, dass man etwas sehr kompliziertes in einer Gruppe tun kann, ohne dafür einen Aufseher zu benötigen und dass man es tun kann, ohne explizit diskutieren zu müssen, was eigentlich genau zu tun ist", erklärt Radhika Nagpal, einer der Projektleiter der Studie.

Bei den Insekten gebe es niemanden, der eindeutige Instruktionen erteile. "In Insektenkolonien ist es nicht so, dass die Königin jedem einzelnen individuelle Anweisungen geben würde. Keine der Termiten weiss, was die anderen machen oder wie der aktuelle Status des Termitenhügels ist", ergänzt der Chefautor der Studie Justin Werfel.

Roboter arbeiten am Bauwerk, ohne zu wissen wer noch alles beteiligt ist

Die Termiten vertrauen stattdessen dem Konzept der Stigmergie. Dahinter verbirgt sich eine besondere Form der Koordination von Kommunikation in einem dezentral organisierten System, das eine grosse Anzahl von Individuen umfasst. Die einzelnen Mitglieder in diesem System kommunizieren nicht unmittelbar, sondern nur indirekt miteinander.

Im Fall der Termiten geschieht das, indem sie ihre lokale Umgebung verändern. Das Bauwerk, an dem gemeinsam gearbeitet wird, ist der Auslöser von weiteren Aktivitäten und zugleich die allgemeine Anleitung dafür, wie der Bau fortgesetzt werden soll.

Skalierbarkeit von künstlicher Intelligenz bewiesen

Die "Robotertermiten" verhalten sich ganz genauso. Alle Mitglieder des künstlichen Bautrupps arbeiten gleichzeitig am gemeinsamen Bauwerk, ohne zu wissen, wer überhaupt alles am Bauprozess beteiligt ist. Ein Defekt an einem einzelnen Roboter hat deshalb keinen Einfluss auf die anderen. Es spielt dabei also auch keine Rolle, ob ein Bauwerk von fünf oder 500 Robotern errichtet wird. Damit wollen die Forscher die Skalierbarkeit künstlicher Intelligenz bewiesen haben.

Im Gegensatz zum "Termes"-System setzen die meisten Robotersysteme heute auf eine zentrale Organisation. Solche Systeme vertrauen in der Regel auf ein "Eye in the Sky", einer übergeordneten Instanz also, die den gesamten Prozess überwacht, oder auf die direkte Kommunikation zwischen allen Robotern.

Das habe zwar den Vorteil, dass die Effizienz der Gruppe gesteigert und Probleme schnell gelöst werden könnten, doch mit steigender Roboterzahl und wachsender Grösse ihres Territoriums, wird die Handhabe solcher Systeme schnell sehr komplex. "Es wird am Ende vielleicht darauf hinaus laufen, dass man sich für einen Kompromiss zwischen beiden Ansätzen entscheidet. Wir haben mit Termes einen extremen Endpunkt der Skala markiert. Wir wollten zeigen, dass es ganz so wie bei den Termiten sein kann. Es hat sich gezeigt, dass das ausserordentlich gut funktioniert", schliesst Nagpal.

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