Was Kunden wirklich wollen
Die Redaktion fragt in der Rubrik "Was Kunden wollen", was Unternehmen von ihren IT-Dienstleistern erwarten und wo die grössten Baustellen liegen. Die Auswertung der Interviews der vergangenen drei Jahre zeigt: IT-Dienstleister sollten auf ihre Kunden eingehen, einen Blick über den Tellerrand wagen und ruhig mal etwas mutiger auftreten.

Ein IT-Dienstleister sollte vor allem wissen, was er tut. Expertise, Know-how und Fachkompetenz: Das sind die wohl wichtigsten Ressourcen eines Systemintegrators. Doch wer Kunden danach fragt, was sie wirklich wollen, bekommt einen anderen Eindruck.
In der Rubrik "Was Kunden wollen" kommen in jeder Ausgabe des "IT-Markt" IT-Entscheider bedeutender Schweizer Unternehmen zu Wort und geben darüber Auskunft, was sie von ihren IT-Dienstleistern erwarten und wo sie zurzeit am meisten Unterstützung brauchen. Die Redaktion verdichtete die Interviews der vergangenen drei Jahre im Rahmen einer Inhaltsanalyse. Mit dem Ziel, einen Überblick zu erhalten über das weite Feld dessen, was sich Kunden von ihren IT-Partnern wünschen.
Den Kunden ernst nehmen
Noch wichtiger als die Kernkompetenz eines IT-Dienstleisters scheint für die Kunden nur eines zu sein: Kundenorientierung. Fast die Hälfte der 30 Interviewpartner erwartet von ihren IT-Dienstleistern, dass sie sich an den Zielen der Kunden orientieren. Ein Serviceanbieter müsse den Dienstleistungsgedanken aktiv leben, sagte Roland Ingold, Informatikleiter des Lebensversicherers Pax. "Als Kunde will ich in erster Linie ernst genommen werden", liess er sich zitieren. Ein Anbieter müsse auf den Kunden eingehen, eine Lösung präsentieren, "die passt und für den Dienstleister nicht einfach bequem oder besonders rentabel ist."
Diese Ansicht teilte auch Vassilios Koutsogiannakis, IT-Leiter der Gastronomiegruppe ZFV: "Der Dienstleister soll verstehen, wie wir funktionieren und welche Ziele wir mit unseren Projekten anstreben." Erst am zweithäufigsten äusserten die Kunden die Erwartung, dass der Anbieter kompetent auf seinem Fachgebiet sein soll. "Es gibt aus meiner Sicht nichts Ärgerlicheres, als wenn ein Dienstleister das erwartete und nötige, zum Teil auch versprochene Know-how nicht mitbringt", sagte Koutsogiannakis.
Über den Tellerrand blicken
Dass IT-Dienstleister auch Know-how zur Branche der jeweiligen Kunden mitbringen sollten, erwartete rund ein Drittel der Befragten. So wünschte sich etwa Ricardo Nebot, Head of IT bei Emmi, von seinem IT-Partner ein "umfassendes Branchenwissen". Systemintegratoren sollten "nicht nur in ihren Produkt- und Serviceportfolien denken und rechnen, sondern Entwicklungspfade erarbeiten", sagte Nebot. Deswegen sei es wichtig, "die Geschäftsfelder seines Kunden zu verstehen und die Abhängigkeiten innerhalb der Branchen sowie die Gesetze des Marktes zu überblicken."
Auch Daniel Hänni, IT-Leiter der Stadtpolizei Zürich, legt Wert darauf, dass ein IT-Dienstleister nicht nur an sein eigenes Geschäft denkt. Für Hänni sollte ein Anbieter in erster Linie zuverlässig, innovativ und partnerschaftlich sein. "Partnerschaftlich bedeutet, dass ich mich darauf verlassen kann, dass nicht nur die eigenen Interessen verfolgt werden", sagte er.
Gemeinsam an einem Strang ziehen
Die Anforderungen der Kunden hätten sich geändert, erklärte Andreas Maier, CIO von Axa Winterthur. "Hatten früher Liefertreue, lokale Ansprechpartner oder Zertifizierungen oberste Priorität, sind heute Innovationsfähigkeit und Agilität wichtiger", sagte er. Statt als Lieferant solle ein IT-Dienstleister als Partner auftreten, der seinen Kunden langfristig unterstützt und mit ihm gemeinsam Probleme löst und Innovationen entwickelt.
Einige Kunden forderten einen offenen und ehrlichen Umgang vonseiten der Auftragnehmer. Ein IT-Dienstleister müsse seine Aussensicht ins Unternehmen einbringen, sagte Manuel Köpfli, CIO der Basler Verkehrsbetriebe. "Dabei darf er unsere Prozesse, Applikationen und Systemarchitekturen durchaus auch kritisch hinterfragen und Alternativen zu den bestehenden Lösungen aufzeigen." Auch für Emmi-CIO Nebot dürften IT-Dienstleister ruhig mehr Mut zeigen: "Ich wünsche mir generell Dienstleister, die mutig eigene Vorschläge präsentieren und nicht für jedes neue Produkt im Vorfeld einen Workshop mit uns durchführen müssen, um dort herauszuarbeiten, wie eine mögliche Lösung aussehen könnte."
Digitalisierung als grosse Unbekannte
Auf die Frage, welche technischen Herausforderungen auf sie zukommen, antworteten die meisten Kunden eher vage. 12 von 30 Antwortgebern nannten als grösste Hürde die Digitalisierung. Durch sie steigt die Zahl der IT-Projekte und deren Bedeutung nimmt zu, wie Axa-CIO Maier sagte. "Früher war die IT ein reiner Supporter, heute ist sie ein wichtiger Teil der Unternehmensstrategie sowie Treiber und Grundlage von Innovation."
Was die digitale Transformation konkret bedeutet, variiert offensichtlich von Fall zu Fall. Bei Axa bestehe die grösste Herausforderung darin, sich effizienter zu organisieren, ohne das Kerngeschäft zu beeinträchtigen", erklärte Maier. "Das alles im Lot zu halten, sei nicht immer einfach."
Bloss nicht die Kontrolle verlieren
Am zweithäufigsten berichteten Kunden darüber, dass eine Erneuerung von Applikationen und Hardware ansteht. Es gehe dabei nicht nur um technische Probleme, erklärte Hans-Peter Keller, CIO von Helsana. Denn wer seine IT modernisieren will, muss sich mit strategischen Fragen beschäftigen. "Wir verfolgen damit das Ziel, effizienter Lösungen für unsere Kunden auf den Markt zu bringen", sagte Keller. Und auch hier gelte es, eine kosteneffiziente Lösung zu finden und dennoch "die konzeptionelle Hoheit über unsere Architektur und Applikationslandschaft zu behalten".
Prozesse zu optimieren, ohne die Kontrolle zu verlieren, erweist sich für viele Kunden als Krux. "Da kommt man nicht darum herum, Cloud-Services, auch finanziell gesehen, in Betracht zu ziehen", sagte ZFV-CIO Koutsogiannakis, obwohl er "kein Fan der Public Cloud" sei.
Die Zukunft ist hybrid
Skeptisch gegenüber der Public Cloud zeigte sich auch Ralf Morawietz, CIO von Panalpina. Für ihn, wie auch für viele weitere Kunden, steht jedoch fest: An Hybrid-IT führt kein Weg vorbei. Gleichzeitig On-Premise-, Private- und Public-Cloud-Lösungen zu betreiben, stellt viele Unternehmen auf die Probe. Auch hier fallen technische und organisatorische Fragen zusammen. Selbst wer sich mit agilen Methoden aufstellt, muss eine Balance finden zwischen Innovation und Stabilität.
Als ebenso grosse Hürde wie das Thema Cloud sehen Kunden die IT-Security. "Das allerwichtigste Prinzip bei allem, was wir tun, lautet: keine Kompromisse bei der Sicherheit", sagte Franz Bürgi, CIO von Tamedia. Ähnlich argumentierte auch Emmi-CIO Nebot. Er will die IT-Security in seinem Unternehmen selbst verwalten. Weil es keine Sicherheit ohne Kontrolle gebe.
Doch auch wer die Zügel in der Hand behalten will, braucht die Expertise, das Know-how und die Fachkompetenz von IT-Dienstleistern. Diese sollten ihre Kunden in erster Linie ernst nehmen, ihnen zuhören und auch mal ausserhalb der Box denken. Schliesslich sind Serviceprovider gut beraten, als Teamplayer aufzutreten. Mit Weitsicht und Initiative.
Mehr zum Thema im Web-Dossier "Das erwarten Ihre Kunden von Ihnen" mit den gesammelten Interviews der vergangenen drei Jahre.

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