Swizzconnexx im Podium

Wo die Umstellung auf All-IP gemäss Marcel Nydegger stockt

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von Coen Kaat

Ende 2017 war auch das Ende von ISDN. Die Migration auf den neuen IP-basierten Standard läuft bereits seit Jahren. Doch ist die Umstellung auf All-IP nun im entscheidenden Moment noch auf Kurs? Es antwortet Marcel Nydegger, CEO von Swizzconnexx.

Marcel Nydegger, CEO von Swizzconnexx. (Source: zVg)
Marcel Nydegger, CEO von Swizzconnexx. (Source: zVg)

Ist die Umstellung auf All-IP vollständig abgeschlossen? Wo gibt es noch Nachholbedarf?

Marcel Nydegger: Hier ist zu präzisieren, dass diese Umstellung grundsätzlich nur die Kunden von Swisscom betrifft oder eines Providers, der das ISDN-Netzwerk der Swisscom mitbenutzt. Also Kunden mit sogenanntem "Festnetz"-Telefonanschluss. Kunden, die ihre Festnetztelefonie zum Beispiel bei einem Kabelnetzprovider als Voice-over-Cable (VoC) beziehen, also etwa mit einem H.323-Protokoll oder inzwischen auch mit dem SIP-Protokoll über ihr Docsys-Netzwerk, sind davon nicht betroffen. Es sind weiterhin noch nicht alle Swisscom-Festnetzkunden auf VoIP (All-IP) migriert.

Was müssen die Nachzügler jetzt beachten?

Bei All-IP werden die viel sensitiveren Sprachdaten nun auch über das bestehende LAN-Netzwerk übertragen. Dies stellt Qualitätsanforderungen ans LAN/WAN, wie etwa viel tiefere Höchstwerte für Latenz sowie Schwankungen (Jitter) als für Daten, maximal 2 bis 3 Prozent Paketverlust, eventuell QoS oder auch VLAN-Segmentierungen und so weiter. In Industriebetrieben wurde oft die nicht massenverbundene Ethernetverkabelung in Kabelkanäle der Stromleitungen gelegt. Was bei der TCP-Datenkommunikation in den meisten Fällen nicht auffällt, führt jedoch bei UDP-Sprachdaten zu starken Störungen und gar zu Gesprächsabbrüchen. Bei Geschäftskunden am Rande von Ballungsgebieten machten wir oft die Erfahrung, dass auch im WAN teilweise grössere Probleme auftreten bezüglich Latenz und Jitter, was ebenfalls zu hohem Sprachpaketverlust und zu Gesprächsabbruch führt. Es ist also sinnvoll, diese Punkte vor der Umstellung zu planen und wenn möglich zu verifizieren.

Wo kommt es zu Verzögerungen?

Ein Geschäftskunde mit einer funktionierenden Telefonie sieht keine Notwendigkeit, etwas umzustellen, unabhängig davon, wo er ist. Es braucht also viel Tatkraft und Aufwand, die Kunden dazu zu bringen, ihre funktionierende Telefonie umzustellen. Der Festnetzprovider möchte natürlich nicht um jeden Preis den Kunden von seinem ISDN-Netz wegbringen, sondern ihn weiterhin als neuen VoIP-Kunden behalten.

Was geschieht nun mit der alten Infrastruktur?

Die ISDN/POTS-Telefonzentralen können über einen Mediagateway weiterverwendet werden. Bei einer neuen VoIP-TVA können die bestehenden analogen und ISDN-Endgeräte, wie Telefone oder Faxe, normalerweise an die dafür vorgesehenen Schnittstellen angeschlossen und somit weiter verwendet werden.

Welche Chancen ergeben sich für den Channel?

Wenn die Geschäftskunden im Vorfeld für die Netzwerkanforderungen von VoIP sensibilisiert werden, bietet sich für den Channel die Chance, entsprechende Dienstleistungen anzubieten. Wenn die Sensibilisierung nicht gelingt oder die Überzeugung vorhanden ist, das bestehende Netzwerk genüge den Anforderungen, aber es dann doch nicht tut, bietet sich die Chance, danach entsprechenden Support in der Netzwerkoptimierung und Fehlerlösung zu geben, was jedoch unter hektischen Bedingungen geschehen muss. In beiden Fällen können diese Dienstleistungen jedoch nur angeboten werden, wenn auch die entsprechenden tiefergehenden Netzwerk- und Protokollkompetenzen vorhanden sind. Die Chancen liegen hier in der Kompetenz und der entsprechenden Erfahrung.

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