Im Gespräch mit Walter Briccos, Oki Systems (Schweiz)

"Wir sind nicht der billige Jakob"

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Wie lange muss man sich an der Spitze eines Unternehmens gehalten haben, um als Urgestein zu gelten? 10, 12, 20 Jahre? Walter Briccos ist seit dem Jahr 2000 Managing Director von Oki Systems (Schweiz). Ein bescheidener, fleissiger Schaffer, ein Unternehmenskapitän, dem es auch in rauer See gelingt, sein Schiff auf Kurs zu halten und ans Ziel zu kommen. Im Gespräch mit IT-Markt erklärt Briccos, warum er mit Oki Erfolg hat.

Walter Briccos ist Managing Director bei Oki Schweiz.
Walter Briccos ist Managing Director bei Oki Schweiz.

Herr Briccos, Sie kommen ursprünglich aus der Reisebranche (Hertz, Esco Reisen). Wie hat es Sie in die IT verschlagen?

Walter Briccos: In der Tourismusbranche war ich ganz zu Anfang Tour-Operator. Aber schon 1990 bin ich zufälligerweise durch eine Bekanntschaft zu Commodore gestossen und habe die Goldgräberzeiten des Home Computers mit C 64 und Amiga miterlebt. Meine Freude und Faszination an der Computerbranche stammt aus jener Zeit. Dort habe ich den Verkauf von der Pike auf gelernt, mit den üblichen Stationen als Aussendienstmitarbeiter, Key Account Manager, Verkaufs- und Marketingleiter. Sie führen Oki Schweiz seit zwölf Jahren.

In einer so schnelllebigen Zeit und der superdynamischen IT-Branche ist es eher ungewöhnlich, dass jemand so lange bleibt. Was hält Sie?

Dass es nun schon zwölf Jahre sind, kommt mir gar nicht so vor. Die Dynamik in der Branche lässt einen vergessen, wie schnell die Zeit vergeht. Aber wissen Sie, Oki Schweiz ist ja immer noch etwas wie mein Baby. Als ich 1999 gefragt wurde, ob ich Oki in der Schweiz als Start-up gründen und aufbauen wolle, rieten mir Freunde und Bekannte davon ab: Das wäre ein Schleudersitz, und ein Start-up einer Druckerfirma wäre wohl das Letzte, auf das der Markt gewartet hätte. Und so weiter. Da hatten sie schon Recht. Die Märkte waren gesättigt. Aber ich habe es doch getan und bis heute nicht bereut. Und ich bin geblieben. Wann bekommt man schon die Gelegenheit, die Ländervertretung eines global tätigen Unternehmens aufzubauen?

Ja, aber die Start-up-Phase ist lange vorbei. Wird es Ihnen nicht langweilig?

So lange ich noch jeden Tag Freude habe an dem, was ich tue, und hier bei meiner Tätigkeit für Oki jeder Tag so viel Neues bringt, so lange mache ich weiter. Und dadurch, dass ich neben meiner Funktion als Country Manager Schweiz auch Mitglied des Managementteams der Zentralregion Deutschland, Österreich, Holland/Belgien und Schweiz bin, bin ich auch in europäische Entscheide involviert, was sehr interessant und bereichernd ist.

Gibt es für Sie eine Zeit nach Oki?

Ich schaue nicht so weit nach vorn, wenn es um Entwicklungen in meiner beruflichen Karriere geht. Das habe ich nie. Ich habe immer versucht, gute Arbeit zu leisten und das Richtige zu tun. Das hat mich hierher gebracht, wo ich heute stehe. Hätte ich damals nach meiner Ausbildung in der Tourismusbranche daran gedacht, dass ich einmal eine Länderniederlassung eines global tätigen Druckerherstellers leiten würde? Wohl kaum. Sie kennen ja das Sprichwort: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Als Segler wissen Sie mit dem Wind umzugehen. Woher weht der Wind für Oki? Und wohin segeln Sie mit dem Unternehmen?

Ich hoffe doch, dass der Wind immer von vorne kommt. So 30 Grad von links oder von rechts. Hart am Wind eben. Unter schwierigen Bedingungen oder wenn das Wetter einmal nicht so gut ist, ist das Segeln am spannendsten. Ich mag es, sowohl beim Segeln als auch bei meiner Arbeit, wenn die Umwelt einen herausfordert, wenn es einmal nicht so rund läuft. Aus geschäftlicher Sicht finde ich die momentan herrschenden Zeiten enorm anspruchsvoll. Es sind Zeiten, in denen man gebraucht wird, Zeiten, in denen man etwas bewegen kann. Bei schönem Wetter segeln mit Wind von hinten kann jeder.

Wie geht es Ihrem Unternehmen? Wie schätzen Sie Ihre Marktchancen für dieses Jahr konkret ein?

Oki Schweiz geht es gut. Wir konnten 2011 bei den Stückzahlen im Vergleich zum Geschäftsjahr 2010 um 26 Prozent zulegen, beim Umsatz um 15 Prozent. Das ist schon erfreulich, wenn man bedenkt, wie es um die Weltwirtschaft steht. Interessanterweise konnten wir in sogenannten Krisenjahren immer überproportional wachsen.

Was glauben Sie, woran das liegt?

Wir kämpfen jeden Tag gemeinsam mit unseren Channelpartnern, dass wir Kunden gewinnen und halten können. Und wir merken auch, dass die Unternehmen in schwierigen Zeiten sparen müssen. Mit einer schlanken, schlagkräftigen IT kann man als Unternehmen Kosten und Prozesse optimieren. In den guten Phasen hat ein IT-Leiter manchmal wenig finanziellen Druck, etwas zu verändern. Und er lässt die IT, die er hat, laufen, weil sie ja noch läuft. In der heutigen Phase sind die Unternehmen offener dafür, Alternativen anzuschauen. Und wir können mit Oki wirklich Angebote machen, bei denen wir belegen können, dass man Kosten sparen und Prozesse beschleunigen kann. Wir haben dafür die richtigen Produkte und das nötige Know-how.

Aber alle Druckeranbieter versprechen doch, dass man mit ihren Lösungen Kosten sparen und Prozesse optimieren könne. Warum sollte man Oki kaufen?

Ich will nicht einfach sagen, dass man mit Oki Geld sparen kann. Das wäre zu simpel. Unser Vorteil ist auch, dass wir ein KMU sind, mit überschaubarer Grösse und guter Erreichbarkeit der Abteilungsleiter und Schlüsselpersonen. Unsere Partner, Händler und Unternehmenskunden, finden es angenehm, dass sie bei uns einen kompetenten, persönlichen Kontakt haben, und nicht auf eine Hotline irgendwo in Irland oder Indien anrufen müssen, um Betreuung zu erhalten. Wir fokussieren uns zudem auf Businesskunden und wissen genau, worauf es in deren Betreuung ankommt. Bei uns hat auch die Wertigkeit unserer Produkte einen besonders hohen Stellenwert. Zudem sind wir die Spezialisten, wenn es um LED-Drucktechnologie geht, die Oki entwickelt hat. Es hat sich herausgestellt, dass dieses Verfahren einige massive Vorteile gegenüber Laser hat. LED-Technik ist robuster als die Lasertechnik, was gerade im Business-Umfeld ein grosser Vorteil ist. Früher wurde Oki wegen der LED-Technik von Mitbewerbern oft belächelt, heute kaufen Kunden bei uns ein, gerade weil wir die LED-Drucktechnik beherrschen. LED-Drucktechnik ist günstiger im Unterhalt, braucht weniger Strom und garantiert eine hohe Qualität beim Farbausdruck. Zudem liegen sowohl die Preise für unsere Drucker und MFDs, wie auch die Verbrauchsmaterialien im günstigen Mittelfeld. Aber wir sind nicht der billige Jakob. Mit Oki kann man einfach rechnen. Und bei unseren Druckern und Multifunktionsgeräten gewähren wir eine kostenlose Drei-Jahres-vor-Ort- Garantie. Das ist bei Verkaufsgesprächen oft das Zünglein an der Waage.

Wo ist Oki innovativ?

Früher war es so, dass gerade japanische Unternehmen in ihren Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ein tolles Produkt entwickelt haben, das die Marketingabteilung dann in die globalen Märkte drücken musste. Das verstand man früher auch bei Oki unter Innovation. Innovation im heutigen Sinn ist aber viel stärker davon abhängig, zu erkennen, was der Markt will. Oki ist heute sehr gut darin, Marktentwicklungen früh zu erkennen und zu antizipieren, um zur richtigen Zeit die richtigen Produkte parat zu haben.

Was tut Oki für den Channel?

Ich glaube, im Printing-Sektor gehen alle Unternehmen bei der Channelbearbeitung in etwa gleich vor. Auch wir gehen klassisch vor. Wir machen mit dem Handel Schulungen zu Produkten und Technologien, wir betreuen ihn mit unserem Aussendienst, wir stellen Demogeräte zur Verfügung, schnüren Showroom-Pakete, erarbeiten Spezialkonditionen für Ausschreibungen. Zudem unterstützen wir ihn im Marketing mit Unterlagen wie Verkaufshilfen, Flyern etc. Wir helfen beim Projektieren von komplexen Projekten, wenn gewünscht. Im Weiteren gibt es Partnerprogramme, Partneraktivitäten und unsere «Sales and Marketing Academies», bei denen wir ein Mal im Quartal unsere Partner einladen, um uns mit ihnen auszutauschen und über künftige Aktivitäten zu diskutieren. Es sind diese Instrumente, die wir mehrheitlich anwenden. Aber alles will ich hier nicht verraten, damit uns unsere Mitbewerber nicht wieder kopieren. Vielleicht unterscheiden wir uns etwas in den aufgewendeten Budgets und in der Intensität der Betreuung von unseren Mitbewerbern.

Mit den Hardware-Margen allein kann der Fachhandel oft nicht mehr genug verdienen, ausser er dreht entsprechende Volumina. Sind Managed Print Services ein Weg zu mehr Rendite?

Ja, ich bin überzeugt davon, dass MPS für Druckerprofis im IT-Handel eine sehr gute Möglichkeit bieten, sich zu spezialisieren. Aber viele Druckerhersteller wollen das MPS-Geschäft selbst machen, der Handel bleibt aussen vor.

Wie muss sich der Handel aufstellen, um mit MPS Geld zu verdienen?

Sie haben Recht, die klassischen ehemaligen Kopiererhersteller machen MPS selbst. Sie haben aber auch aus ihrer Historie heraus eine eigene Technikercrew, die schon früher mit ihren Lieferwagen die Firmenkunden abklapperte, an den Kopiergeräten die Anzahl gemachter Kopien ablas, Papier nachfüllte und Toner austauschte. Dieses Geschäftsmodell haben diese Firmen auf das Druckgeschäft umgelegt. Der Channel hat nichts davon.

Und Sie machen es anders?

Ja, wir sind ein Drucker- und MFD-Hersteller, der zu 100 Prozent über den Channel vertreibt und 98 Prozent unserer Produkte sind Geräte für Businesskunden. Es ist klar, dass wir unseren Channelpartnern mit MPS eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit bieten und ihnen damit auf gar keinen Fall etwas wegnehmen wollen. Zudem haben wir gar nicht die nötige Fieldforce, um den Schweizer Markt mit Technikern in eigenen Büssli abzugrasen. So sind wir zusammen mit unseren lokalen Fachhandelspartnern mit direktem Kundenkontakt viel besser aufgestellt.

Wie funktioniert das Oki-MPS-Modell?

Wir bieten interessierten Handelspartnern verschiedene MPS-Päckli an. Die Basisvariante ist die reine Vermittlung eines Leads an Oki, und der Handel bekommt von uns eine Kommission für seine Aufwendungen. Dann gibt es individuell für Firmenkunden entwickelte Lösungen, die der Handel mit uns oder natürlich auch ohne uns auf eigene Rechnung und eigenes unternehmerisches Risiko anbieten kann. Wir schulen den Handel auch, damit er seinen Kunden auf kompetente Art und Weise ein zuverlässiges MPS-Modell anbieten kann. Denn wir stellen immer wieder fest, dass es im klassischen IT-Handel oft noch Knowhow- Defizite gibt, wenn es darum geht, einem Firmenkunden ein MPS-Modell anzubieten. Das alte Modell, einfach nur Hardware und Supplies zu verkaufen, genügt heute für das B2B-Geschäft einfach nicht mehr. In neun von zehn Fällen verlangen die Unternehmenskunden heute neben der Offerte zu Hardware und Supplies auch eine Offerte für MPS. Und wenn er die vom IT-Handel nicht bekommt, geht er zu einem Hersteller, der auch MPS anbietet. Heute gibt es nur ein Dutzend IT-Händler in der Schweiz, die dazu in der Lage sind. Ich wünschte mir, es wären mehr.

Was erwarten Sie vom Jahr 2012?

Wir von Oki werden auch dieses Jahr bodenständig bleiben und versuchen, einen guten, seriösen Job zu machen. Wenn Sie mich nach den globalen wirtschaftlichen Entwicklungen fragen, muss ich passen. Ich masse mir nicht an, das zu wissen, was auch Politiker und Experten nicht beantworten können. Es ist klar, dass uns, auch ohne einen Blick in die Kristallkugel zu werfen, die europäische Schuldenkrise noch eine Weile beschäftigen wird. Wie ich schon eingangs gesagt habe: Immer wenn es in der Wirtschaft nicht so rund lief, konnten wir mit Oki wachsen. Die IT ist ein wichtiges Instrument, um Kosten in Unternehmen zu senken und Prozesse zu verschlanken. Die IT-Branche dürfte 2012 davon profitieren.

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