Schwerpunkt Business-Software

"Kein Hersteller versteht sich als rettender Strohhalm"

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Welche Chancen bietet der Markt für Business-Software? Wie können sich Channelpartner von der Masse abheben? Marcel Siegenthaler, Partner bei Schmid + Siegenthaler Consulting, liefert Antworten.

Marcel Siegenthaler, Partner bei Schmid + Siegenthaler Consulting. (Quelle: Schmid + Siegenthaler Consulting)
Marcel Siegenthaler, Partner bei Schmid + Siegenthaler Consulting. (Quelle: Schmid + Siegenthaler Consulting)

Wie kann der Channel im Umfeld von Business-Software Geld verdienen?

Marcel ­Siegenthaler: Verschiedene Softwarehersteller wie Microsoft, SAP oder Proffix bieten Partnermodelle an mit entsprechenden Vergütungsprogrammen. Für eine Partnerschaft werden in den meisten Fällen vorhandene Ressourcen und Kompetenzen vorausgesetzt. Wer sich mittel- bis langfristig als Channelpartner etablieren will, tut gut daran, einen Hersteller zu finden, dessen Angebot möglichst gut zu den eigenen Skills und Zielgruppen passt. Viele IT-Anbieter unterschätzen den Aufwand für den Aufbau einer soliden Kundenbasis. Kein Hersteller versteht sich als rettender Strohhalm, sondern verlangt von seinen Partnern ein ehrliches Commitment und volles Engagement. Sehr gute Chancen haben dabei solche Partner, die über ein umfassendes Leistungsangebot verfügen.

Welche Trends beobachten Sie im Markt?

Nach wie vor nimmt der Leistungsumfang der ERP-Systeme zu. Sie wachsen in Bereiche hinein, die noch vor kurzem nur von spezialisierten Applikationen beherrscht wurden. Langfristig könnte der Trend aber umkehren und die Zeit der grossen, monolithischen Systeme langsam zu Ende zu gehen. Vorstellbar ist, dass der Trend dann in Richtung kleiner, spezialisierter Anwendungen gehen wird und der App-Gedanke Realität wird. Im Verbund könnten dann solche Mini-Applikationen durchaus mit dem Funktionsumfang einer grossen Suite mithalten. Ein Problem besteht allerdings nach wie vor in der Standardisierung von Datenschnittstellen. Trotzdem kann ein solches Modell natürlich vielen neuen, kleinen Softwareherstellern Chancen bieten. Veränderungen sieht man auch bei den Benutzeroberflächen. Gerade bei neuen Produkten zeichnet sich stark der Einfluss von mobilen Lösungen und Webanwendungen ab. Hier besteht bei vielen älteren Systemen mit ihren grauen, oft unübersichtlichen Masken noch ein grosser Nachholbedarf. Generell treiben die zunehmende Digitalisierung sowie das Internet die Entwicklung von Business-Software voran.

Wo sehen Sie ungenutzte Chancen?

Es gibt immer noch viele Anwendungsbereiche im geschäftlichen, aber auch im privaten und öffentlichen Bereich, die darauf warten, digital erschlossen zu werden. Beim Internet der Dinge beziehungsweise bei Industrie 4.0 stehen wir erst am Anfang. Hier wird noch viel passieren. Auch E-Government hat enormes Potenzial, das praktisch unerschlossen ist. Der Begriff «Digitale Transformation» kommt nicht von ungefähr.

Was sind die grössten Herausforderungen für den Channel und die Anbieter?

Je einfacher und angenehmer die Anwendungen für die Anwender werden, desto mehr nimmt die Komplexität von Lösungen für die Softwareanbieter zu. Mit der technologischen, funktionalen, gesellschaftlichen und reglementarischen Entwicklung Schritt zu halten, wird immer schwieriger. Vielleicht ist dies mit ein Grund, weshalb der Trend weg von den grossen Anwendungen weitergeht. Ein weiteres Phänomen ist die abnehmende Kundenbindung. Anwender verzichten häufig auf grosse, teure Investitionen, weil sie wissen, dass nichts ewig hält. Der Churn-Effekt hält auch hier Einzug.

Welche Möglichkeiten bieten sich bei der Einbindung von Mobilgeräten?

Ehrlich gesagt, gibt es fast keine Anwendung mehr, bei der Mobilgeräte nicht zum Einsatz kommen. Der Vertrieb ist schon längst mit Notebook und Tablet unterwegs, im Lager wird mobil kommissioniert, auf dem Smartphone rufen Manager Daten aus BI-Anwendungen ab, in der Produktion geht nichts mehr ohne Barcode-Scanner. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Mobilität ist Trumpf und gehört im Bereich Business-Software inzwischen zum guten Ton.

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