Dossier

IT-Markt Nr. 9/2015

Editorial von David Klier, stv. Chefredaktor

Schöne neue Windows-Welt

Endlich. Windows 10 ist da. Und was war die Freude gross. 24 Stunden nach dem offiziellen Release hatten laut Microsoft schon 14 Millionen Nutzer den Umstieg hinter sich. Inzwischen dürften es mehr als 50 Millionen sein. Mitte August vermeldete zumindest ein amerikanischer Blogger (ohne konkrete Quellenangabe), dass 50 Millionen Rechner unter Windows 10 laufen würden.

Hier in der Schweiz bekommen täglich 40 000 Rechner ihr Upgrade auf Windows 10, wie es vonseiten Microsoft Schweiz heisst. Das sind mehr als die drittgrösste Stadt im Kanton Zürich (Uster) Einwohner hat! So weit, so gut. Es gibt aber auch reichlich Kritik.

Von Datenschützern etwa. Der Servicevertrag von Windows 10 nehme sich zu viele Rechte heraus, lese ich an allen Ecken und Enden im Netz. Der Vertrag regelt die Nutzung der meisten Windows-Produkte von Skype zu Windows selbst über Cortana bis hin zu Xbox-Live. Entsprechend umfangreich und schwer zu interpretieren ist er. Die European Digital Rights – eine Verbindung europäischer Menschenrechtsorganisationen – schreibt zu diesem Vertrag: "Wenn man diese 45 Seiten zusammenfasst, kann man sagen, dass sich Microsoft das Recht herausnimmt, alles zu sammeln, was der Nutzer auf seinen Geräten tut, sagt und schreibt, um personalisierte Werbung zu schalten und persönliche Daten an Dritte weiterzugeben."

Kritiker finden sich aber auch innerhalb der Landesgrenzen. Die Schweizer Piratenpartei schreibt in einem Blogpost vom 6. August: "Windows 10, das neue Betriebssystem von Microsoft, ist da. Ausser vielen tollen Features bringt es auch einen gewaltigen Datenhunger mit." Der Co-Präsident der Partei, Guillaume Saouli, sagt: "In einem Ausbeutungssystem dafür bezahlen zu müssen, in Anwendungen nicht mit Werbung belästigt zu werden, ist vollkommen inakzeptabel." Er bezieht sich damit auf Werbeeinblendungen in Standard-Apps. Der Ursprung seines Statements findet sich in der Identifikationsnummer, die den Nutzer über die Apps hinweg verfolgbar macht.
Es stellt sich die Frage, warum das so ein Problem ist. Targeting bei Internetwerbung gibt es schon lange. Die weltgrösste Suchmaschine verdient so hauptsächlich ihr Geld. Machen wir deswegen einen Bogen um Google?

Es ist natürlich etwas anderes, wenn die Datensammlung nicht erst im Internet, sondern schon im Betriebssystem auf dem eigenen Rechner beginnt. Und doch wirken viele der Bestimmungen zur Datensammlung in Windows 10 nachvollziehbar. Damit die Sprachassistentin Cortana etwa auf gesprochene Kommandos reagieren und einen bestimmten Kontakt anrufen kann, benötigt sie Zugriff auf das Adress­buch. Da die Sprachanalyse Cortanas genau wie Apples Siri oder Google Now auf einem externen Server stattfindet, muss Microsoft persönliche Informationen auf dem Server verarbeiten dürfen.

Windows 10 gibt es zwar als kostenloses Upgrade. Aber ohne unsere Daten funktioniert die schöne neue Welt nicht.

Ich wünsche Ihnen viel Lesevergnügen mit der Septemberausgabe!

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