Vis-à-vis

"Der ideale Partner ist mehr als ein klassischer Reseller"

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IBM hat in diesem Jahr seine Partnerorganisation umgebaut: Neue regionale Events, neue lokale Ansprechpartner, mehr Nähe, verspricht IBM. Federführend im DACH-Raum ist seit März Olaf Scamperle. Im Interview spricht er über die Hintergründe, Anforderungen an Partner und IBMs Channelstrategie.

"Es geht nicht mehr um Cloud ja oder nein. Es geht um die Frage, welche Teile ich in die Cloud bringe." (Quelle: Netzmedien)
"Es geht nicht mehr um Cloud ja oder nein. Es geht um die Frage, welche Teile ich in die Cloud bringe." (Quelle: Netzmedien)

Seit März sind Sie für IBMs Partner in der DACH-Region verantwortlich. Wie waren die ersten fünf Monate für Sie?

Olaf Scamperle: Es war eine sehr spannende Zeit. Obwohl ich auf einiges an Channel-Erfahrung zurückblicken kann, lernte ich viel Neues seither. Ich bin bereits sehr tief in IBMs Partnergeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingestiegen.

Kurz vor Ihrem Stellenwechsel formierte IBM die Partner­organisation neu. Was genau ist jetzt anders?

Wir haben das One Channel Team aufgebaut. In dieser Organisation sind alle channelverantwortlichen Rollen zusammengeführt. Das betrifft den Hardware-, den Software- und den Servicebereich sowie unsere globalen Allianzen und die Betreuung von sogenannten CSIs (Anm. d. Red. Computer Services Industry) wie etwa Accenture oder KPMG.

Was hat sich sonst noch verändert?

Wir haben die Betreuung unserer Partner noch stärker lokal ausgerichtet und hierfür Business Units gebildet.  Das sind lokale Einheiten, die sich in Deutschland in Nord, Süd und West aufteilen. Für Österreich und die Schweiz gibt es je eine Business Unit. Mir persönlich war es sehr wichtig, für diese Business Units lokale Ansprechpartner einzusetzen – wir nennen sie Focal Points. Sie agieren als "One Face to the Channel". 

Wer übernimmt diese Aufgabe in der Schweiz?

Marc Lenzin ist unser Schweizer One Channel Focal Point.

Was erhoffen Sie sich von diesen Focal Points?

Ich glaube, wir sind dadurch in der Lage, näher an die Partner heranzurücken. Unterschiedliche Regionen haben unterschiedliche Bedürfnisse. Die Märkte sind nicht immer gleich. Gerade in der Schweiz und in Österreich war es mir deshalb ein besonderes Anliegen, dass wir lokale Verantwortlichkeiten haben.

Vor vielen Jahren hatte IBM schon einmal eine ähnliche Struktur. Wieso jetzt die Rückkehr?

Die einzelnen Bereiche haben sich über die Jahre zu stark fragmentiert. Jetzt haben wir die Möglichkeit, genau diese Fragmentierung aufzulösen, Vernetzung zu fördern, Sy­nergien zu schaffen und zu nutzen. Dies ist wichtig, weil heute komplexe Lösungen anstelle von Produkten im Vordergrund stehen. Sowohl intern als auch extern wurde die neue Aufstellung sehr begrüsst.

IBM unterstützt Partner vor dem Hintergrund der digitalen Transformation mit sogenannten Transformationsworkshops. Was hat es damit auf sich?

Wir wollen unsere Partner dabei unterstützen, die Chancen der digitalen Transformation für sich und ihre Kunden zu nutzen. Das Programm dahinter nennt sich "Business Transformation Initiative". Wir gehen mit ausgewählten Partnern zunächst in eine Vorbereitungsphase. Es folgt ein mindestens ganztägiger Workshop mit dem jeweiligen Top-Management.

Was passiert in den Workshops?

Wir machen eine Ist-Aufnahme und schauen, wie bereit der Partner für die digitale Transformation ist. Wo liegen die offensichtlichen Agendapunkte in der Transformation, wo kann der Partner kurz- und mittelfristig durch gezielten Skill-Aufbau in weiteren Märkten tätig werden.

Gibt es Partner, die solche Workshops schon hinter sich haben?

Wir haben das mit vielen unserer grossen Partner durchgeführt. Zudem haben wir erste Workshops mit der Distribution hinter uns und werden die Anzahl der Workshops im zweiten Halbjahr erhöhen. 

Wie kommen die Workshops bei den Partnern an?

Ich selbst war bei einigen unserer Partner vor Ort und habe mir die Ergebnisse angeschaut. Die Workshops werden sehr gut angenommen. Aber das ist nur eine von vielen Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir können leider nicht mit jedem Partner diese Transformationsworkshops machen.

Wieso?

In der Vor- und Nachbereitung der Workshops steckt viel Arbeit. Das Ganze ist eine grosse Investition – auf beiden Seiten. Das muss skalieren. Bei der Anzahl Businesspartner in der DACH-Region können und wollen wir das nicht leisten. Aber wir schauen, was wir dem Partner individuell ausserhalb der Workshops bieten können.

Und das wäre?

In der Transformation hin zu den CAMS-Themen – Cloud, Analytics, Mobile, Security und Social – rücken wir näher zusammen. Das betrifft in erster Linie die Ausbildung der Partner hinsichtlich technischer wie auch vertrieblicher Ressourcen. In der DACH-Region etwa sogenannte Think Fridays. Die finden in der Regel mindestens zwei Mal im Monat statt. Wir erweitern an diesen Events gezielt unser Know-how. Wir haben viele dieser Veranstaltungen für Partner geöffnet.

Und da kann jeder Partner teilnehmen, oder sind da auch nur ausgewählte Partner dabei?

Jeder Partner kann sich anmelden. Themen und Termine kommunizieren wir über unsere Partnerworld.

Was gibt es sonst noch für Möglichkeiten? Insbesondere für kleinere Partner?

Wir bieten sogenannte Enablement Calls an. Unsere gros­sen Distributoren leisten hier viel. Etwa mit gemeinsamen Workshops oder Webcasts. In unserer Partnerworld haben wir ausserdem einen Bereich, der sich ausschliesslich mit Ausbildung beschäftigt. Hier gibt es interaktive Kurse, Videos und Online-Trainings. Es gibt eine ganze Menge Möglichkeiten für die Partner.

Was ist Ihrer Meinung nach die Besonderheit der Schweizer Partnerlandschaft?

Wir sehen derzeit, dass eine gewisse Konsolidierung im Markt stattfindet. Der Schweizer Markt ist zudem stark auf KMUs ausgerichtet. Diese Eigenheit müssen wir besonders adressieren.

Wie machen Sie das?

Mit Lösungen, die speziell für die kleinen und mittelständischen Unternehmen Nutzen schaffen.

Wie sieht der ideale Partner für diese Lösungen aus?

Der ideale Partner zeichnet sich heute dadurch aus, dass er Mehrwert zum Kunden bringt. Er ist heute mehr als ein klassischer Reseller. Er verfügt entweder in einer Industrie oder in einem der CAMS-Segmente über eine extrem hohe Expertise und nutzt sie, um eigene Lösungen anzubieten.

Wie wirkt sich das auf die Partnerlandschaft aus?

Wir haben heute eine komplett andere Partnerstruktur, als wir das noch vor drei bis vier Jahren hatten. Wir sehen, dass die ISVs (Anm. d. Red.: Independent Software Vendor) verstärkt in den Markt kommen, wir sehen riesiges Wachstum im Bereich der Managed-Service-Provider und Cloud-Service-Provider. Der Markt befindet sich in einer disruptiven Veränderung. Genauso verändern sich unsere Partner. Und das mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit.

Sie veränderten auch das Konzept der Partnerkonferenz. Früher gab es eine grosse, jetzt gibt es viele kleinere für die einzelnen Regionen. Was ist die Idee dahinter?

Wir glauben, durch die regionalen Events den jeweiligen Partner individueller adressieren zu können. Während der Events haben wir jetzt ganz andere Möglichkeiten, persönlich mit Partnern in Kontakt zu treten.

Wie viele regionale Konferenzen haben Sie schon durchgeführt?

Die erste fand – an meinem zweiten Arbeitstag – in Wien statt. Danach waren wir in Frankfurt, Hamburg und München. Zürich ist am 9. September dran.

Wie haben die Partner das neue Konzept aufgenommen?

Die Resonanz war durchweg positiv. Deshalb legen wir jetzt den Grundstein für das nächste Jahr, um an dem regionalen Konzept festhalten zu können. 

Was hören Sie abseits des guten Feedbacks an den Konferenzen?

Wir verändern uns, unsere Partnerbetreuung verändert sich, unsere Themenfelder verändern sich. Es ist nicht immer ganz einfach, mit uns zusammenzuarbeiten. Wir können uns noch verbessern.

Wie?

In den vergangenen Monaten vereinfachten wird das Onboarding für neue Partner. Wir reduzierten die effektive Durchlaufzeit, bis ein Partnervertrag unterschrieben ist, um ein Vielfaches.

Wie steht es um das Hardwaregeschäft? Das scheint ja bei IBM keine allzu grosse Rolle mehr zu spielen.

Da bin ich anderer Meinung. Jeder Service benötigt eine leistungsfähige Hardware. Denken Sie nur mal an effiziente Storage-Lösungen für das immense Datenvolumen. CAMS ist nichts ohne Middleware oder die entsprechende darunterliegende Hardware. Wir als IBM sind weiterhin engagiert im Bereich High-Performance-Hardware. Aber ja, wir tummeln uns nicht mehr im Low-End-Me-too-Markt.

Wie sieht dann die Entwicklung im Cloud-Geschäft aus? Welche Möglichkeiten haben die Partner?

Es geht nicht mehr um Cloud ja oder nein. Es geht um die Frage, welche Teile ich in die Cloud bringe. Unsere Partner haben etwa mit Softlayer alle Möglichkeiten. Sie können Softlayer direkt über die Distribution beziehen, sie können als Berater im Cloud-Markt partizipieren oder eine Whitelabel-Cloud mit eigenen Services, aber ohne eigene Infrastruktur anbieten.

Über Rechenzentren, die alle ausserhalb der Schweiz stehen.

Es gibt in der Schweiz zwar kein Softlayer-Rechenzentrum, aber wir haben ein Cloud-Rechenzentrum in Winterthur. Dort werden Managed-Services angeboten.

Die bisherigen Märkte existieren aber immer noch.

Es hat natürlich niemand einen Schalter umgelegt. Wir befinden uns zwar in der Era of Cloud, aber es gibt auch noch das klassische Geschäft. Hier muss es uns weiter gelingen, unsere Marktanteile auszubauen, während wir gleichzeitig die Transformation unterstützen und beschleunigen.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Schweizer Channel?

Wir als IBM stehen im Schweizer Markt für Kontinuität und Stabilität, auch in der Partnerbeziehung. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir die Herausforderungen der Transformation und die Chancen  gemeinsam mit dem lokalen Team sehr gut meistern werden.

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