Eröffnung von "Recycling-City"

Wo Daten auf ihr Ende warten

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Die grösste Sortieranlage der Schweiz ist eröffnet. Die Betreiber rezyklieren dort nicht nur Altpapier. Sie vernichten auch Festplatten und andere elektronische Speichermedien. Beim Besuch von "Recycling-City" erklärte Markus Scheck, CEO von Datarec, wie die letzte Reise von Datenträgern abläuft. Und wie sich mit Schrott Geld verdienen lässt.

Die "Recycling-City" hat in Bern ihren Betrieb aufgenommen. Die grösste Altpapier-Sortieranlage der Schweiz soll aber nicht nur analoges Material rezyklieren. Sie beheimatet auch das "schweizweit modernste Hochsicherheitsgebäude für die Vernichtung geheimer Dokumente und elektronischer Datenträger", wie die Betreiber der Anlage mitteilten.

Bauherrin der Anlage ist die Barec-Gruppe aus Lausanne. Die auf Recycling spezialisierte Holdinggesellschaft übergab die Datenvernichtungsanlage in die Obhut von Datarec, einer Tochterfirma der Barec-Gruppe und des Überwachungsunternehmens Securitas.

Wer zerstören will, muss sicher sein

Die Nachfrage nach der Entsorgung von elektronischen Datenträgern nehme stetig zu, erklärte Markus Scheck, CEO von Datarec, im Gespräch mit der Redaktion. Wer Daten nachhaltig löschen wolle, komme nicht umhin, Speichermedien physisch zu zerstören.

Insbesondere für die Entsorgung von heiklen, etwa personenbezogenen Daten, würden mehr und mehr Unternehmen auf professionelle Anbieter setzen. Vertrauenswürdigkeit dürfte in diesem Geschäft Trumpf sein. "Unser Business dreht sich nicht ums Vernichten von Material sondern um die Sicherheitskette", sagte Scheck.

"Anfangs zählten ausschliesslich Behörden, Banken und Versicherungen zu unseren Kunden", sagte Scheck. Inzwischen bediene Datarec Unternehmen aus verschiedenen Branchen, darunter Industriefirmen, Pharmakonzerne sowie Leistungserbringer aus dem Gesundheitswesen, die etwa die Entsorgung von Patientendaten an Datarec auslagern.

Festplatten auf ihrer letzten Reise

Den Transport der Datenträger verantwortet Securitas. Die Sicherheitsfirma liefert den Kunden von Datarec spezielle Entsorgungsbehälter. Die Container lassen sich nur mit den entsprechenden Zugriffsrechten öffnen, wie Scheck sagte.

Bei den Speichermedien handle es sich um Festplatten, USB-Sticks, aber auch ganze PCs und Server-Racks. "Auf den meisten Geräten waren personenbezogene Daten gespeichert", sagte Scheck. Doch es gebe auch andere Gründe, um Speichermedien zu vernichten. "Manchmal beauftragen uns Behörden mit der Vernichtung von Datenträgern, die als Beweismittel in Gerichtsverfahren gedient hatten", sagte Scheck.

Auch die Fahrzeuge habe Datarec mit Bedacht ausgestattet. Mit Kameras, Black Boxen und Transpondern, die alle zwei Minuten die Übertragungsfrequenz ändern. "Die Lastwagen sind so sicher wie Geldtransporte", sagte Scheck.

Bei der Ankunft passieren die Transporter eine Sicherheitsschleuse. Anschliessend registrieren Mitarbeiter von Datarec die Lieferung mittels Barcode-System, wie Scheck erläuterte.

Dann kommt der Schredder ins Spiel, das Herzstück der Anlage. Der überdimensionale Reisswolf sei in der Lage, 5 Tonnen Material pro Stunde zu zerkleinern, teilen die Betreiber mit.

Die Maschine zerkleinert die Datenträger in Metallschrott. Das Restmaterial besteht aus Teilen, die kaum grösser als ein Kubikzentimeter sind. Datarec füllt die Überbleibsel anschliessend in "Big Bags", wie Scheck erklärt. Eine volle Ladung soll 20 Tonnen wiegen.

Aus Schrott wird Geld

Das zerkleinerte Material verschickt Datarec nach Deutschland. Dort übernehme eine Recycling-Firma den nächsten Schritt. Dieser besteht darin, wertvolle Rohstoffe wie etwa Gold vom restlichen Material zu trennen.

Hierzulande gäbe es kein Werk, das diese Aufgabe übernehmen könnte, sagte Scheck. "Wir lassen das Restmaterial vor der endgültigen Entsorgung aus zwei Gründen trennen: Ökologie und Geld." Pro Tonne Restmaterial erhält Datarec schliesslich 500 bis 600 Franken, wie Scheck anmerkt.

Der Mythos vom papierlosen Büro

Die Entsorgung von elektronischen Datenträgern mache nur einen kleinen Teil des Geschäfts der Betreiber aus, gab Scheck zu verstehen. Die Anlage verwandle pro Jahr 70'000 Tonnen Altpapier in Sekundärrohstoffe für die Schweizer Papierindustrie.

Die Verschiebung von Papier zu digitalen Medien finde zwar statt, sagte Scheck. Der Wandel schreite jedoch nur sehr langsam voran. "Den Löwenanteil macht nach wie vor Papier aus", sagte Scheck. 95 Prozent des Materials, das die Anlage erreicht, bestehe aus Papier oder Karton. Nur bei den restlichen 5 Prozent handle es sich um digitale Speichermedien. "Das papierlose Büro ist noch lange nicht Realität", sagte Scheck.

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