Porträt Stiftung St. Jakob

Ein Sozialunternehmer, der sich am Markt messen will

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Seit Anfang Januar leitet Alexander Howden die Geschäfte der Stiftung St. Jakob. Das wirtschaftlich orientierte Sozial­unternehmen will Gutes tun und erfolgreich am Markt bestehen. Eine der sieben Stiftungsabteilungen lebt den Grundsatz vor: Digitalisierung ist handfeste Arbeit.

Alexander Howden, CEO, Stiftung St. Jakob (Source: Netzmedien)
Alexander Howden, CEO, Stiftung St. Jakob (Source: Netzmedien)

Das Jobangebot hat ihn überrascht, wie Alexander Howden sagt. Anfangs habe er gezögert, als ein Headhunter ihn überzeugen wollte, die Leitung der Stiftung St. Jakob zu übernehmen. "Ausgerechnet ich", sagt er lächelnd. Er sei ja keiner mit einer sozialen Ausbildung. Sondern einer, der gut mit Zahlen und Menschen könne. Einer, der wisse, wie man verkaufe. Genau so einen hatte der Stiftungsrat gesucht.

Seit Januar leitet Howden die Stiftung. Ihr Ziel ist es, beeinträchtigten Menschen, die kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, ein sinnerfülltes Leben zu ermöglichen. Durch einen geregelten Tagesablauf, Freizeitaktivitäten und geschützte Arbeitsplätze. Doch die Stiftung sieht sich nicht als Wohltätigkeitsverein. "Wir suchen keine Sponsoren", sagt Howden. "Wir wollen beweisen, dass wir wertvolle Arbeit leisten." Bloss keine Beschäftigungstherapie, sondern marktgerechte Dienstleistungen und Produkte. Denn die Devise lautet, so selbsttragend wie möglich zu sein.

Freude bereiten mit Gespür fürs Geschäft

Es war die Herausforderung, die Howden gepackt habe. Das Soziale mit dem Geschäftlichen zu verbinden – dafür will er sich einsetzen. Lässig entspannt sitzt er da, auf einem Holzstuhl im Köbi Beck + Kafi. Das Lokal beim Viadukt, mitten im Zürcher Kreis 5, sei für die Stiftung ein wichtiger Begegnungsort. Hier pflegen die Mitarbeiter den direkten Kontakt mit den Kunden. "So können wir unsere Marke nach aussen tragen", sagt Howden. Das sei es, was ihn reize. "Der Brand der Stiftung fasziniert mich, er öffnet uns Türen."

Mehr Marketing, mehr Öffentlichkeitsarbeit: das machte sich der neue CEO zur Aufgabe. Das liegt ihm, denn Howden kennt die Schweizer Wirtschaftswelt wie seine Westentasche. Ende der 1990er arbeitete er als Marketing-Manager bei Jelmoli, dann bei Diners Club Schweiz. Es folgten Stationen als CEO bei Turmix, Diethelm Keller Brands und Brunner-Anliker. Nebenbei führte er sein eigenes Beratungsunternehmen. Und nun der Sprung zum Sozialunternehmen. Wenn Howden über die Stiftung spricht, merkt man ihm an, dass er sich in seine Rolle eingelebt hat. "Meine wichtigste Aufgabe ist es, Freude zu bereiten", sagt er.

Handfest und digital

110 Fachangestellte arbeiten für die Stiftung. Sie betreuen etwa 420 beeinträchtigte Mitarbeitende, darunter 18 Lehrlinge. Und zwar in sieben Abteilungen: Wer gerne haptisch arbeitet, kann für die fünf Filialen von Köbi Beck + Kafi etwa Brot backen, Konfekt kreieren oder Schokolade herstellen. Ausser der Gastronomie gibt es für handwerkliche Arbeiten unter anderem auch eine Flechterei, eine Schreinerei und eine Ausrüsterei, wo die Mitarbeitenden etwa Prospekte, Kataloge oder Werbegeschenke verpacken.

Seit über 30 Jahren hat die Stiftung auch eine Elektronik-Abteilung. Dort löten, lackieren oder reparieren die Mitarbeitenden etwa Kabel oder Geräte. Und seit 2012 betreibt die Stiftung eine Digitalisierungsabteilung. Auch hier geht es um handfeste Arbeit: Im Auftrag von Unternehmen scannen die Mitarbeitenden Unterlagen ein, etwa Personaldossiers, Patientenakten oder Dokumente von Anwälten.

Zwischen Arbeit und Agogik

Der Leiter der Digitalisierungsabteilung Samuel Lobsiger hat hohe Ansprüche, wie er sagt. Herausfordernd sei der Spagat zwischen Kundenanforderungen und agogischen Zielen. "Wir legen Wert auf die Qualität unserer Dienstleistungen, doch ebenso wichtig ist die sorgsame Betreuung." Umso mehr freue er sich, wenn die Mitarbeitenden Fortschritte machten. Die Stiftung finanziere sich zu über 70 Prozent selbst. "Das macht uns stolz", sagt Howden. Dass die Mitarbeitenden im geschützten Rahmen Aufträge für namhafte Firmen erledigen könnten, fördere ihr Selbstwertgefühl. "Das ist die beste Medizin, die wir bieten können."

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