Von Colocation, Housing und Hosting

Das bieten Rechenzentrums-Dienstleister

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von Marco Stadler, CSO, Green

Immer mehr Unternehmen setzen auf externe Rechenzentren – aus verschiedenen Gründen. Begriffe wie Colocation, ­Hosting, Housing, der PUE-Wert und weitere spielen dabei eine Rolle. So sieht das Angebot von Rechenzentrumsdienstleistern aus und deshalb wird es zunehmend genutzt.

Marco Stadler, CSO, Green. (Source: Philipp Schmidli)
Marco Stadler, CSO, Green. (Source: Philipp Schmidli)

Der aktuelle Rechenzentrums-Boom setzt die Schweiz endgültig auf die Karte der Big-Data-Welt. Allein in der Region Zürich stehen zurzeit 24 kommerzielle Rechenzentren (RZ) mit einer Leistung von insgesamt 67 Megawatt, wie die RZ-Plattform DC-Byte in ihrem "Data Center Report 2020" schreibt. Mehrere Projekte mit weiteren 78 Megawatt sind angekündigt. Die Zahlen weichen womöglich von anderen Erhebungen ab, der Trend jedoch ist eindeutig. Dies zeigt auch die Zunahme an Hyperscale-Unternehmen, die ihre Infrastruktur in der Schweiz betreiben wollen.

Der Boom verleitet zu fantastischen Assoziationen und grossen Versprechen. Anbieter übertrumpfen sich im Konkurrenzkampf gegenseitig mit ihren Services, die grössere Flexibilität und höhere Leistungsfähigkeit verheissen. In Berichten über RZs ist von Datahubs, Innovationsbeschleunigern und den Daten als das neue Gold die Rede.

Alles nur Augenwischerei? Nicht unbedingt. Die Begeisterung ob neuster Entwicklungen übertönt jedoch, dass die Basis jedes RZs eine solide Infrastruktur ist, die Performance und Innovation erst möglich macht. Sie muss funktionieren und das zuverlässig.

Von Colocation mit Housing und Hosting

Die Sicherstellung dieser Zuverlässigkeit wird für einzelne Unternehmen zunehmend schwieriger. IT-Workloads sind in den letzten Jahren quer durch alle Branchen stark angestiegen und mit ihnen die Unterhaltskosten. Historisch gewachsene IT-Systeme erschweren Transformationsprozesse. Für viele Unternehmen ist darum der Umzug ihrer IT, oder zumindest grosser Teile davon, in ein Colocation-Datacenter eine sinnvolle Alternative.

RZ-Betreiber bieten ihrer Kundschaft die Option, einen Platz für die eigene Hardware zu mieten oder IT-Leistung über dedizierte Server im RZ zu beziehen. Ersteres ist eine Housing-Lösung, zweiteres ein sogenanntes Infrastruktur-Hosting. In beiden Fällen profitieren die eingemieteten Unternehmen von den gebündelten Ressourcen des RZ.

Die Betreiber kümmern sich denn auch um alles von der Serverkühlung über die Stromzufuhr bis hin zu den Netzwerkanbindungen. Darum ist Colocation auch für IT-Spezialisten für wie Cloud-Provider und Systemintegratoren attraktiv. Sie können sich dadurch auf ihr Kerngeschäft fokussieren. Wartung und Unterhalt bindet dann nicht mehr die Ressourcen der internen IT.

Workloads überwiegen

Der Wechsel vom eigenen Serverraum in ein Colocation-RZ ist ein Paradigmenwechsel für die Unternehmen: weg vom Inselbetrieb im eigenen RZ hin zum Ökosystem. Der Wechsel setzt ein hohes Vertrauen in die Betreiber des RZ, deren Infrastruktur und nicht zuletzt in die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort voraus.

In kommerziellen RZs müssen Kundinnen und Kunden denn auch Einschränkungen beim Zugang zu den Servern in Kauf nehmen. Mit dieser Praxis erhöhen die Betreiber die Sicherheit vor Ort und verhindern, dass Unbefugte an die Systeme gelangen. Der Zugang zu den eigenen Servern rund um die Uhr bleibt zwar möglich, ist jedoch an personalisierte Badges gebunden, die nicht übertragbar sind.

Die Vorteile der Colocation dürfte für viele Unternehmen angesichts steigender Workloads dennoch überwiegen: Sie entlastet die Unternehmens-IT und ermöglicht flexible Anpassungen ohne hohe Investitionskosten. Zu diesem Schluss kam auch das Marktforschungsunternehmen Gartner. Dieses prognostizierte bereits vor einigen Jahren, dass bis 2025 rund 80 Prozent der Unternehmen ihre Daten und Anwendungen in Clouds und kommerzielle Datacenter verlagern.

Qualität braucht Beweise

Colocation ist allerdings mehr als ein Service, um Server auszulagern. Unternehmen, die heute RZ-Lösungen suchen, prüfen besonders die Connectivity-Angebote der einzelnen Anbieter. Moderne IT-Architekturen sind auf eine optimale Vernetzung angewiesen. Diese setzt die Anbindung an möglichst viele Telekommunikations- und Cloud-Anbieter vo­raus. Nur so werden RZs den unterschiedlichen Ansprüchen ihrer Kundschaft gerecht.

Dazu gehört auch der Nachweis von Compliance und Qualität. Diesen erbringen RZs mit regelmässigen Audits, ISO-Zertifizierungen und der Orientierung an Branchenstandards wie Tier-Levels für Verfügbarkeit und Infrastrukturausbau. Professionellen Betrieb garantieren ausserdem M&O-Zertifizierungen.

Hybride Strukturen statt absolute Lösungen

Die Cloud-Technologie geht an RZs nicht spurlos vorbei. Betreiber gehen neue Partnerschaften mit Hardware- und Softwarespezialisten sowie mit Integratoren ein. Sie bauen sich ein vielseitiges Wissensnetzwerk auf. Von diesen Ökosystem-Plattformen profitieren auch die IT-Partner, die untereinander neue Kooperationen eingehen. So entsteht eine grosse Vielfalt an massgeschneiderten RZ- und Cloud-Lösungen, die auf einer gemeinsamen Plattform aufbauen.

Die Mehrheit der Unternehmen verfolgt heute mit ihren Colocation- und Cloud-Strategien einen hybriden Ansatz. Während für bestimmte Aufgaben Cloud-Services hinzugezogen werden, bleiben die eigenen Systeme am eigenen Standort oder im externen RZ weiterhin im Einsatz. Solche hybriden Umgebungen bieten die Sicherheit der privaten Infrastruktur, kombiniert mit der Skalierbarkeit öffentlicher Dienste. Erforderlich ist allerdings eine leistungsfähige und redundant angelegte Vernetzung mit geringer Latenz. Dies gewährleistet, den Datenaustausch zwischen allen Standorten und Geschäftspartnern sowie den Cloud-Anbietern sicherzustellen und damit die Zusammenführung der beiden Welten.

Von Technik-Kür zu Öko-Pflicht

Der Trend bei den RZs geht ganz klar hin zu mehr Effizienz. Hyperscaler wie Amazon, Google oder Microsoft machen es vor. In ihren RZs haben diese Cloud-Anbieter die Energiezufuhr zu ihren Servern so gesteigert, dass mehr Leistung auf weniger Raum zur Verfügung steht.

Für ihre Effizienzsteigerung müssen RZ-Betreiber mehr elektrische Leistung bereitstellen, die Notstromversorgung ausbauen und die Kühlkapazitäten anpassen. Das alles hat Auswirkungen auf den Energieverbrauch und somit auf die Kosten, die letztlich die Colocation-Kunden bezahlen.

Energieeffizienz ist in den letzten Jahren von der Kür zur Pflicht für jeden RZ-Betreiber geworden: Die Leistung soll in erster Linie für den Betrieb der Kundensysteme eingesetzt werden und nicht für den Betrieb des RZs. Der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) bestimmt dabei das Verhältnis zwischen dem Gesamtenergieverbrauch und dem Energieverbrauch der Infrastruktur. Diese sollte einen möglichst kleinen Anteil ausmachen.

Spielraum für die Zukunft

Die grosse Herausforderung der RZs liegt im Spagat zwischen Zuverlässigkeit und innovativer Weiterentwicklung. Dies gilt für Effizienz und Energieverbrauch sowie für die konkrete Colocation-Fläche. Denn immer mehr Unternehmen wollen sich bei der Beschaffung von Rechenzentrumsfläche Manövrierraum bewahren, um nach Bedarf ausbauen oder reduzieren zu können. Oft reservieren sie dazu mehr Fläche als unmittelbar benötigt.

"Build as you grow" lautet deshalb die Devise beim RZ-Bau: Räume und die Strom- und Kühlinfrastrukturen werden vermehrt modular und ausschliesslich gemäss dem effektiven Kundenbedarf ausgebaut. Betreiber berücksichtigen dabei auch den Spielraum, den sie in Zukunft für weitere technologische Entwicklungen benötigen. So vereinen RZs die unverzichtbare betriebliche Zuverlässigkeit mit Zukunftsvisionen, die sie als Datahubs mitprägen.

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