Wallets für EU-Bürgerinnen und -Bürger

EU-Kommission plant europäische E-ID

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von Joël Orizet und ebe

Die EU-Kommission will eine E-ID für alle Mitgliedsstaaten einführen. Die technischen Grundlagen sollen bis Herbst 2022 bereitstehen. Die globalen Tech-Giganten sollen verpflichtet werden, die Lösung zu akzeptieren.

Bei der neuen europaweiten E-ID sollen Nutzerinnen und Nutzer selber die Kontrolle über ihre Daten haben. (Source: Visual Generation / shutterstock.com)
Bei der neuen europaweiten E-ID sollen Nutzerinnen und Nutzer selber die Kontrolle über ihre Daten haben. (Source: Visual Generation / shutterstock.com)

In der EU sollen alle Bürgerinnen und Bürger eine E-ID nutzen können. Die EU-Kommission will die Mitgliedsstaaten nun mit einer Verordnung dazu verpflichten, eine entsprechende Lösung zu entwickeln. Sie nennt sich EUid und soll den Nutzerinnen und Nutzern dazu dienen, ihre Identität via Smartphone nachzuweisen, europaweit Onlinedienste zu nutzen und Dokumente in elektronischer Form weiterzugeben, wie die EU-Kommission mitteilt.

Nutzerinnen und Nutzer sollen ihre Daten über eine digitale Brieftasche respektive über ein Wallet teilen können. Diese Wallets könnten von Behörden oder privaten Einrichtungen bereitgestellt werden – sofern sie von einem Mitgliedstaat anerkannt sind. Bürgerinnen und Bürger sollen in den Wallets ihre nationale digitale Identität mit weiteren Dokumenten wie etwa einem Führerschein, Abschlusszeugnissen oder Bankkonten verknüpfen können.

Technische Basis soll bis Herbst 2022 bereitstehen

Plattformbetreiber wie Facebook und Twitter würden dazu verpflichtet, die Lösung beispielsweise als Log-in oder zur Altersüberprüfung zu akzeptieren, heisst es in der Mitteilung weiter. Die Nutzung von EUid-Wallets werde stets im Ermessen des Nutzers liegen.

Die EU-Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bis September 2022 ein gemeinsames Instrumentarium für die europäische E-ID zu schaffen. Dieses Instrumentarium soll die technische Architektur, Normen, Leitlinien und bewährte Verfahren umfassen.

Nutzerinnen und Nutzer sollen Kontrolle über ihre Daten bekommen

Mit der europäischen E-ID sollen EU-Bürgerinnen und Bürger etwa in der Lage sein, ausserhalb ihres Heimatlandes eine Wohnung zu mieten oder ein Bankkonto zu eröffnen, sagt Margrethe Vestager, Wettbewerbs-Kommissarin und Vizepräsidentin der EU-Kommission.

Sie verspricht zudem, dass dies auf sichere und transparente Weise funktionieren werde. "Wir werden also selbst entscheiden, wie viele unserer persönlichen Informationen wir mit wem und zu welchem Zweck teilen möchten", lässt sich Vestager in der Mitteilung zitieren.

Die EUid-Brieftaschen soll den Nutzerinnen und Nutzern also die Kontrolle über ihre Daten geben. Nutzerinnen und Nutzer hätten die Wahl, welche Aspekte ihrer Identität, Daten und Zertifikate sie an Dritte weitergeben. Zudem soll das Wallet einen Überblick bieten, welche Daten mit wem geteilt würden.

Den Flickenteppich ersetzen

Die neue EU-Verordnung soll den Flickenteppich nationaler E-IDs durch eine europaweite Lösung ersetzen, wie "netzpolitik.org" berichtet. Dieer Flickenteppich beruht auf dem bisherigen europäischen Rechtsrahmen für elektronische Identitäten, der sogenannten eIDAS-Verordnung. Nur 19 von 27 EU-Staaten hätten Systeme auf Basis dieser Verordnung eingeführt – und nicht alle seien miteinander kompatibel.

Offen bleibe allerdings die Frage nach den Standards für die neue Verordnung, schreibt "netzpolitik.org" weiter. Das Portal zitiert Jan Penfrat, Senior Policy Advisor bei European Digital Rights (EDRi), der geltend macht: Eine europäische E-ID müsse die Prinzipien der Datenminimierung und des Privacy by Design und by Default respektieren. Zudem müsse das System auf freier, quelloffener Software basieren, um vertrauenswürdig zu sein.

Die Schweizer Stimmbevölkerung hat das E-ID-Gesetz im Frühjahr erstaunlich deutlich bachab geschickt. Die Gegner kritisierten insbesondere, dass die E-ID nicht durch den Staat, sondern durch privatwirtschaftliche Unternehmen ausgestellt worden wäre – und dass das Risiko bestehe, dass die Nutzerdaten für kommerzielle Zwecke verwendet würden. Das Thema ist allerdings nicht vom Tisch: Im Mai 2022 will der Bundesrat einen neuen Gesetzesentwurf präsentieren.

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