Experimente auf der ISS

Darum schicken Microsoft und HPE einen Supercomputer ins All

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von Yannick Chavanne und Übersetzung: René Jaun

Forscher von Microsoft führen Experimente mit den Astronauten auf der Raumstation ISS durch. Zu diesem Zweck schickten sie einen HPE-Server in den Weltraum. Der leistungsstarke Computer kann DNA sequenzieren und wahrscheinliche Mutationen identifizieren.

Der Spaceborne Computer-2 von HPE in der Raumstation ISS. (Source: NASA)
Der Spaceborne Computer-2 von HPE in der Raumstation ISS. (Source: NASA)

Microsoft und HPE bringen künstliche Intelligenz (KI) und Big-Data-Analyse in den Weltraum. Im Februar schickten sie HPEs "Spaceborne Computer-2" zur International Space Station (ISS). In einem Blogbeitrag beschreibt Microsoft das Gerät als "Supercomputer von der Grösse eines kleinen Mikrowellenherds, der vom Weltraum aus mit der Cloud verbunden ist". Es besteht aus dem HPE Edgeline EL4000 Converged Edge System und dem HPE ProLiant DL360 Gen10 Server.

Der "Spaceborne Computer-2" könne grosse Datenmengen verarbeiten und KI-Algorithmen direkt an der Quelle ausführen. Für Weltraumforschungsmissionen ist dies durchaus nützlich, da in der Folge weniger Daten an die Teams auf der Erde übertragen werden müssen. Auf ähnliche Weise liessen Forscher schon vor ein paar Monaten eine KI auf einem Satelliten im Orbit Beobachtungsbilder sortieren, bevor diese zur Erde Übertragen wurden.

Astronauten-DNA sequenzieren

Den Supercomputer auf der ISS nutzen die Microsoft-Forscher unter anderem für ein Experiment zur Überwachung der Gesundheit der Astronauten. Ziel ist es, ihre DNA regelmässig zu sequenzieren, um möglicherweise schädliche genetische Mutationen aufzuspüren. Das Risiko dafür besteht bei langen Weltraumreisen, während denen die Astronauten erhöhter Strahlung ausgesetzt sind. Die Ergebnisse der Sequenzierung müssen mit einer grossen, ständig aktualisierten klinischen Datenbank auf der Erde abgeglichen werden.

Das Problem: Die dafür normalerweise gesendete Menge an Rohdaten (etwa 200 Gigabyte) ist viel zu gross für den Downlink der NASA. Die Weltraumbehörde stellt nämlich lediglich eine maximale Download-Geschwindigkeit von 250 Kilobit pro Sekunde, für zwei Stunden pro Woche, zur Verfügung. "Das ist so, als würde man zu einem Telefonmodem aus den 1990er Jahren zurückkehren", sagt David Weinstein, Leiter der Softwareentwicklung der Microsoft-Abteilung Azure Space.

Selektive Filterung von Genomdaten

Angesichts dieser Beschränkung lassen die Forscher den Rechner zunächst die extrahierten genetischen Sequenzen mit Referenz-DNA-Segmenten vergleichen. Danach überträgt der Supercomputer nur die Unterschiede beziehungsweise Mutationen in die Cloud. Diese Genomstücke mit vermuteten Anomalien werden dann wiederum mit der Datenbank des National Institute for Health verglichen, um ihre Auswirkungen auf die Gesundheit zu ermitteln.

Das Experiment sei erfolgreich gewesen und habe den Mehrwert eines Edge-to-Cloud-Workflows für die ISS bewiesen, sagt Gabe Monroy, Head of Developer Experience bei Azure. Ohne die Vorverarbeitung der Sequenzierungsergebnisse hätten 150 Mal mehr Daten zur Erde geschickt werden müssen, und die Übertragung hätte mehr als zwei Jahre gedauert. Die gefilterten Daten erreichten dagegen die Erde in etwas mehr als zwei Stunden.

Die Technologie, die die NASA nutzt, muss übrigens nicht immer brandneu sein. Für den Mars-Rover verwendet die Weltraumbehörde etwa einen iMac-Prozessor aus den 1990ern, wie Sie hier lesen können.

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